Claus Schmiedel: „Mit diesem Kultusminister geht überhaupt nichts mehr voran, er verwaltet nur noch den Mangel und blockiert notwendige Reformen – Rau muss weg“

Die SPD-Landtagsfraktion fordert die Entlassung von Kultusminister Rau gemäß Artikel 56 der Landesverfassung. Ein entsprechender Parlamentsantrag wurde von der Fraktion in ihrer Sitzung am Nachmittag einstimmig beschlossen und soll bereits in der kommenden Woche in der Plenarsitzung des Landtags zur Abstimmung gestellt werden. Auf Beschluss von 2/3 der Mitglieder des Landtags muss Ministerpräsident Oettinger ein Mitglied der Regierung entlassen.

Das Fass zum Überlaufen gebracht hat nach den Worten von Fraktionschef Claus Schmiedel die von allen Seiten heftig kritisierte Pseudo-Hausaufgabenhilfe für die G8-Gymnasien. Weil Rau bei G8 der Wille und der Mut zu durchgreifenden Reformen mit echtem Ganztagesbetrieb fehlt, missbrauche er Schülerinnen und Schüler als billige Hilfslehrer bei der Hausaufgabenbetreuung. Selbst der Koalitionspartner FDP werfe dem Kultusminister vor, „Reparaturprogrämmchen“ aufzulegen, statt „richtig Geld in die Hand zu nehmen“. In der Fraktionssitzung der SPD wurde am Nachmittag aus zahlreichen Wahlkreisen über die Empörung der Eltern über Raus Bildungspolitik berichtet. Vielerorts, so Fraktionschef Schmiedel, hätten die Eltern jegliches Zutrauen verloren, dass dieser Kultusminister in der Bildungslandschaft Baden-Württemberg überhaupt noch etwas nach vorne bringen kann.

Die SPD-Fraktion sieht die Pleite um G8 nur als jüngstes Beispiel einer langen Liste des Versagens bei Kultusminister Rau. Es sei unerträglich, dass Rau Real- und Hauptschulen nicht nur jegliche Unterstützung bei der Hausaufgabenhilfe verweigere, sondern den pädagogischen Assistenten an den Hauptschulen sogar per Erlass verbiete, den Schülerinnen und Schülern bei den Hausaufgaben zu helfen. Diese Haltung zementiere die Benachteiligung von Hauptschülern und habe nur zum Ziel, die finanziellen Belastungen für die Hausaufgabenbetreuung auf die Kommunen abzuwälzen.

Empört sind viele Eltern nach den Berichten der SPD-Abgeordneten aus den Wahlkreisen, dass viele Schulstandorte ausbluten. Statt mit neuen, innovativen Konzepten Hauptschülern eine echte Bildungszukunft zu geben, blockiere Rau aus ideologischen Gründen alle Reformkonzepte für längeres gemeinsames Lernen und weise jetzt auch noch den schwarzen Peter für die mögliche Schließung von Hauptschulen den Kommunen zu. Rau lasse wegen seiner ideologischen Verbohrtheit all jene Kommunen im Regen stehen, die mit attraktiven Konzepten ihre Schulstandorte zukunftsfest machen wollen.

Diese Liste, so Schmiedel, lasse sich beliebig fortsetzen, vom katastrophalen Unterrichtsausfall bis hin zum Desaster mit Pflichtfranzösisch entlang der Rheinschiene.

Die SPD-Fraktion ist davon überzeugt, dass der noch amtierende Kultusminister Rau aus der bildungspolitischen Sackgasse, in die er sich mit seiner Reformverweigerung selbst hineinmanövriert hat, nicht mehr herauskommt. Die SPD fordert deshalb in ihrem Parlamentsantrag nach Artikel 56 der Landesverfassung Ministerpräsident Oettinger auf, den Kultusminister zu entlassen.

Schmiedel: „Kultusminister Rau hat für seine Politik bei den Eltern und im Landtag schon lange keine Mehrheit mehr, vermutlich nicht einmal mehr in seiner eigenen Fraktion. Nachdem offenkundig auch der Koalitionspartner mit der Bildungspolitik dieses Ministers nicht mehr einverstanden ist, ist die Entlassung von Kultusminister Rau ein überfälliger und unumgänglicher Schritt, um die bildungspolitische Reformblockade in Baden-Württemberg aufzulösen.“

Helmut Zorell
Pressesprecher

Anlage:
Die Bildungspolitik von Kultusminister Rau: Schrecken ohne Ende – Ignoranz, Gängelung, Wagenburgmentalität


Gängelung der Schulen
•G8
Rau schiebt den Schulen und Lehrkräften den schwarzen Peter für die Probleme mit dem G8 zu. Dabei liegt die Verantwortung beim Land, das G8 überhastet und ohne Konzept eingeführt hat. Rau weigert sich, G8 als de facto Ganztagsschulen anzuerkennen und mehr Mittel für zusätzliches pädagogisches Personal, bessere individuelle Förderung der Kinder und neue Raumkonzeptionen bereit zustellen.

Die bisherigen Korrekturen (Reduzierung der Poolstunden und Wochenstunden in der Unterstufe, flexibler Beginn 2. Fremdsprache, Hausaufgabenbetreuung) sind Peanuts im Vergleich zu dem, was Ministerpräsident Oettinger am Aschermittwoch in Aussicht gestellt hat. Sie dienen nur dazu, das Gesicht von Oettinger zu wahren, gehen aber an der Realität und den Bedürfnissen der Gymnasien völlig vorbei.

•Hausaufgabenbetreuung
Rau sorgt sich nur um die Hausaufgabenbetreuung an den G8-Gymnasien. Die Haupt-, Real- und Sonderschulen bleiben völlig außen vor. Gerade die Kinder, die von den Eltern oft wenig Unterstützung erfahren, werden von der Landesregierung im Stich gelassen. Besonders rücksichtslos dabei ist, dass die pädagogischen Assistenten an den Hauptschulen nicht zur Hausaufgabenbetreuung eingesetzt werden dürfen.


Gängelung der Schulträger und Schulleiter
•Hauptschulen
Rau setzt den Kommunen das Messer auf die Brust und droht mit landesplanerischen Vorgaben, wenn die Hauptschulen nicht nach seinem Willen kooperieren. Auf der einen Seite betont er die Eigenverantwortlichkeit der Schulen, wenn sie aber nicht das tun, was er will, packt er die Keule aus.

•Schulstruktur
Rau gängelt die Kommunen und lehnt alle kommunalen Schulentwicklungskonzepte ab, deren Ziel es ist, Kinder besser individuell zu fördern und länger gemeinsam lernen zu lassen. Raus ideologische Haltung hat zur Folge, dass viele kleine Haupt- und mittelfristig auch Grundschulstandorte geschlossen werden müssen.

•Maulkorb für Schulleiter
Hunderte engagierter Rektoren aus Hauptschulen fordern dringend die Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem. Rau lässt dies völlig kalt – er bestellt die Schulleiter zum Rapport beim Regierungspräsidium.

Gängelung der Eltern:
•Grundschulempfehlung
Der „Grundschulbefehl“ bleibt in Baden-Württemberg weiter bestehen. Die Eltern können nicht – trotz großen Unmuts – frei entscheiden, welche weiterführende Schule ihr Kind nach der 4. Grundschulklasse besuchen soll.

•Französisch-Zwang an der Rheinschiene
Gegen den Willen der Eltern hat Rau an seinem Vorhaben festgehalten, an den Gymnasien der Rheinschiene Französisch als erste Fremdsprache verpflichtend vorzuschreiben. Erst das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.7.07 hat Rau in seinem völlig uneinsichtigen Kurs gestoppt.

Ignoranz gegenüber Realität
•Unterrichtsausfall
Rau ignoriert die Realität an den Schulen. Noch immer fallen Jahr für Jahr 2,3 Mio. Unterrichtsstunden aus. Allein an den beruflichen Schulen fehlen 1.500 Deputate, um den strukturellen Unterrichtsausfall und die Mehrarbeit der Lehrkräfte zu beheben. Die Wirtschaft schlägt Alarm und sieht die Ausbildungsperspektiven der jungen Menschen in Gefahr. Dadurch droht ein gravierender Fachkräfte-mangel.

Skandalös hoch ist der Unterrichtsausfall auch an den Gymnasien (4,3%) und an den Realschulen (3,8%). Die Statistik des Unterrichtsausfalls wird zudem verschleiert: Klassenzusammenlegungen, Stillarbeit und Aufsicht werden nicht als Unterrichtsausfall gewertet.

•Längeres gemeinsames Lernen
Rau nimmt international erfolgreiche Beispiele des längeren gemeinsamen Lernens nicht zur Kenntnis und hält ungeachtet aller Kritik am überkommenen 3-gliedrigen Schulsystem und der damit verbundenen frühen Trennung der Kinder fest. Baden-Württemberg isoliert sich von der nationalen und internationalen Entwicklung.

•Proteste von Eltern und Schülern
Raus Versagen in der Bildungspolitik hat in den vergangenen Monaten zigtausende von Eltern und Schülern auf die Straße getrieben. Doch Rau schlägt jeden Ratschlag in den Wind und zeigt keinen Willen zur konstruktiven Zusammenarbeit.
Ergebnis: Frust bei Eltern, Lehrerschaft und Schülern