Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Vereine und Organisationen leiden in Zusammenhang mit der Coronapandemie – und zwar aus mehreren Gründen.

Vereinsarbeit, wie wir sie bisher kennen, ist kaum möglich, Mitgliederschwund, kein Vereinsleben, keine gemeinsamen Aktivitäten etc.

Dabei sinkt die Motivation und gleichzeitig steigt der Frust.

Und an dieser Stelle spreche ich den zumeist ehrenamtlichen Verantwortlichen, die in dieser Zeit die Vereine, Verbände und Organisationen noch zusammenhalten, meinen großen Respekt aus.

Als Verbandspräsidentin eines Verbandes mit ca. 80 Mitgliedsvereinen weiß ich, wovon ich spreche. Auch hinter mir liegen Monate, wo ich immer wieder Mut zusprechen musste.

Zu Beginn der Pandemie war noch Geduld und Hoffnung zu spüren. Aber seit einigen Wochen gehen die Gefühle von Frust in Resignation über.

Vor allem die finanzielle Situation stellt die ehrenamtlichen Vorstände vor große Probleme.

Aber: Im Sommer kam dann der Lichtblick.

Das Land kündigte Sonderförderungen zur Unterstützung der Vereine und Organisationen an.

Eingebettet in ein Gesamtpaket von 4,1 Mrd. Euro sollten Vereine oder Kleinstunternehmer in der Bewältigung der Pandemie entlastet werden.

Der Landtag, auch wir als SPD-Fraktion, haben das natürlich mitgetragen. Die Landesregierung verkündete dann diese frohe Botschaft und es wurde viel Hoffnung und Erwartung draußen bei den Betroffenen geweckt.

Nun aber stellt sich aufgrund einer Anfrage meiner Fraktion – das ist die Drucksache 16/8846 – heraus, dass hier mal wieder mehr Schein als Sein verkündet wurde. Denn tatsächlich sind bisher nur 1,4 Mrd. Euro dieser groß angekündigten Mittel abgeflossen.

Das Land sitzt damit aktuell auf einem guten Polster von 2,7 Mrd. Euro! Einem Polster, das Sie unseren Bürgerinnen und Bürgern schon lange versprochen haben.

Von den 25 Mio. Euro für die Vereine wurden gerade einmal 1,8 Mio. Euro ausbezahlt. Schaut man sich die einzelnen Programme mal an, kommt jeder Antragsteller schnell an seine Grenzen.

Wo wird was beantragt? Welches Ministerium, wo sind die Anträge, wo die Bedingungen. Ich möchte an dieser Stelle betonen:

Wir reden hier nicht von hauptamtlichen Geschäftsführern, sondern von Menschen, die sich in ihrer Freizeit engagieren und sich da buchstäblich durchkämpfen müssen. Ehrenamtlich wohlgemerkt!

Viele haben, aus Angst einen Fehler zu machen oder gar im Zweifel persönlich dafür haftbar gemacht zu werden, den Antrag gar nicht erst ausgefüllt.

Es kann nicht sein, dass Sie groß diese Förderprogramme ankündigen, dann aber ewig brauchen, um die Antragskriterien zu formulieren.

„Einfach und schnell“ – wie Sie es sagen – sollte so etwas laufen und nicht „so kompliziert wie nur möglich“.

Das ist aber ihr Handeln. Sofern man bei dieser Bilanz überhaupt von Handeln sprechen kann.

Jetzt beantragen Sie heute hierzu eine Aktuelle Debatte, um sich feiern zu lassen.

Bereits in den Sommermonaten konnte man ja in gigantischen Sharepics einzelner Mitglieder der CDU- und Grünen-Fraktion die tollen Jubelmeldungen lesen.

Unser Antrag zeigt aber auf, das die Beantragung dieser tollen Jubelmeldungen gar nicht möglich war, weil die Programme noch gar nicht ausgearbeitet waren!

So wie die Rechtsverordnungen der Landesregierung auch gerne wenige Stunden vor Inkrafttreten veröffentlicht werden, scheinen auch die Umsetzungen für die Hilfsprogramme eher aus der Kategorie Schneckenpost zu kommen.

Und dass sich in dem Gesamtpaket auch noch jede Menge Bundesmittel verstecken, wird gleich ganz verschwiegen.

Hauptsache, man trägt die vermeintlichen 4,1 Mrd. Euro oder die 25 Mio. Euro für die Vereine wie eine Monstranz vor sich her und lässt sich feiern.

Die Enttäuschung derjenigen aber, die noch immer auf die Möglichkeit einer Beantragung warten oder auch auf die Bewilligung des Geldes, scheint Sie nicht zu kümmern.

Ich könnte Ihnen jetzt aus einer Liste vorlesen, wo die genehmigten Mittel alle aufgeführt sind.

Im uns bestätigen Berichtszeitraum findet sich bei mehreren Ausgaben kein einziger Euro, welcher an die Antragsteller ausgezahlt wurde.

Und, um es gleich vorneweg zu sagen: Es findet sich in der Beantwortung auch kein Hinweis, dass es im Oktober oder November zu größeren Auszahlungen gekommen ist.

Vielleicht erfahren wir dazu später etwas Erhellendes.

Liebe Landesregierung: Der Landtag hat diese Mittel bewilligt, damit diese schnell und unbürokratisch bei den Betroffenen ankommen.

Hier haben Sie versagt, auf ganzer Linie

am 11. November 2020, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort. –

Ansprechpartner

Max Yilmazel
Berater für Finanzpolitik, Europa und Internationales