Kliche-Behnke: „Beteiligung gehört für uns ins Parlament“

Haußmann: „Regierungsfraktionen drücken sich vor Anhörung zur Pflegekammer und zeigen damit undemokratisches Verhalten“

Die Landesregierung plant mit dem zuständigen Minister Lucha die Einführung einer verpflichtenden Kammerorganisation für Pflegeberufe. Zu diesem Gesetzesvorhaben erhielten die Fraktionen von der Landesregierung Stellungnahmen maßgeblicher Verbände. Um diesbezügliche, zahlreiche Nachfragen auch zu neuen Formulierungen im Gesetzestext, die den Verbänden zum Zeitpunkt ihrer Stellungnahme nicht vorlagen, zu klären, beantragten die Fraktionen von SPD und FDP/DVP im Landtag eine Öffentliche Anhörung, die aber von Grünen und CDU mit ihrer Mehrheit abgelehnt wurde. Dies widerspricht den bisherigen Gepflogenheiten bei Gesetzesberatungen und stößt bei den Fraktionen von SPD und FDP/DVP auf Unverständnis und massive Kritik.

Dr. Dorothea Kliche-Behnke, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und sozialpolitische Sprecherin, sagt dazu: „Grüne und CDU scheuen eine öffentliche Aussprache von Sachverständigen über ihren Gesetzentwurf. Auch im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren müssen die Stimmen der Verbände Gehör finden. Unser Demokratieverständnis beinhaltet eine Aussprache über Für und Wider gesetzlicher Regelungen mit Betroffenen. Beteiligung gehört für uns ins Parlament.“

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und gesundheitspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion, Jochen Haußmann, ergänzt: „SPD- und FDP/DVP-Landtagsfraktion haben mit der zeitnahen Anhörung besonders darauf geachtet, dass der Zeitplan des Gesetzgebungsverfahrens nicht beeinträchtigt wird. Für die Grünen und die CDU besteht allerdings offensichtlich kein Interesse mehr, sich inhaltlich mit dem Gesetzentwurf zur Landespflegekammer zu beschäftigen. Die Ablehnung einer Anhörung im Sozialausschuss zeigt damit, dass die Landesregierung die Landespflegekammer mit der Brechstange durchdrücken möchte. Frei nach dem Motto ‚Augen zu und durch‘.“

Im Gegensatz etwa zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen oder zur Geschäftsordnung des Bundestages gibt es im baden-württembergischen Landtag kein Minderheitenrecht, um eine Anhörung durchzusetzen. Dennoch gibt es im Landtag bisher die Praxis, solchen Anträgen von wesentlichen Teilen der Opposition zu entsprechen. Mit dieser Praxis haben Grüne und CDU nun gebrochen.

Angesichts der intensiven Diskussionen über die Errichtung einer Pflegekammer war und ist für die Oppositionsfraktionen eine umfassende Information und Einbindung der betroffenen Pflegekräfte vor einer Entscheidung sehr wichtig. Die Landesregierung hat es mit diesem Gesetzentwurf versäumt, für diese umfassende Information und Beteiligung der Pflegekräfte zu sorgen und Transparenz über die Überlegungen zur Errichtung einer Pflegekammer inklusive etwaiger Alternativen zu schaffen. Dies ist nicht beabsichtigt und wird an den Gründungsausschuss ohne Vorgaben delegiert.

Die Mitbestimmung und Stärkung der Selbstverwaltung von Pflegekräften ist kein politischer Selbstzweck, sondern muss die Verbesserung der Versorgung im Blick haben. Gerade in diesen Zeiten des extremen Fachkräftemangels darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Politik eine Kammer mit Zwangsmitgliedschaft durchdrückt.

Achim Winckler

Pressesprecher

Ansprechpartner

Klose Fraktion
Roland Klose
Berater für Sozial- und Gesundheitspolitik