Redemanuskript Sascha Binder
Erste Beratung Gesetzentwurf zur Umsetzung der Polizeistruktur 2020

am 21. Februar 2019

wir beraten heute in erster Lesung einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Polizeistruktur 2020, den es aus Sicht der SPD nicht bedarf. Im komplizierten und langen Prozess hin zu diesem Gesetzentwurf war oftmals nicht klar, welche Inhalte in das Gesetz zur Polizeistruktur 2020 einfließen werden.

Festzuhalten bleibt, die Evaluierung der Polizeistrukturreform und die anschließende Diskussion über die Vorschläge des Lenkungsausschusses haben der Polizei nicht gut getan. Über allem schwebte das Wahlversprechen der CDU, die Polizeistrukturreform zu evaluieren und schon vorher stand fest, dass es zu Veränderungen kommen muss, unabhängig davon, was die Evaluierung überhaupt ergibt.

Ohnehin fragt man sich, warum es überhaupt einer aufwändigen Evaluierung, der Einsetzung eines Lenkungsausschusses und einem Abschlussbericht mit fachlichen Empfehlungen bedurft hatte, kommt doch nun alles ganz anders als von den Fachleuten erarbeitet.

Bis heute ist nicht klar, warum ein zusätzliches 13. Polizeipräsidium geschaffen werden muss. Die Polizeichefrunde sprach sich einstimmig für die Beibehaltung der Struktur und Zuschnitte der Polizeipräsidien aus. Der Lenkungsausschuss EvaPol war ebenfalls nicht der Auffassung, dass die Schaffung eines 13. Polizeipräsidiums die beste Lösung sei und der Innenminister hatte zu dem Ganzen überhaupt keine Position. So kam es dann, dass der Ministerpräsident die Entscheidung getroffen hat, dass ein weiteres Polizeipräsidium errichtet wird. Fachlich begründen lässt sich diese Entscheidung aber bis heute nicht.

Auch die Entscheidungen für die Sitze der zukünftigen Kriminalpolizeidirektionen sorgen für Diskussion bei der Polizei. Der Bund Deutscher Kriminalbeamten äußert in seiner Stellungnahme „Zweifel daran, dass für die Wahl allein polizeifachliche Gründe ausschlaggebend waren.“

Das zentrale polizeifachliche Ergebnis von EvaPol ist die Verlagerung der Verkehrsunfallaufnahme zu den Polizeirevieren. Auch diese Empfehlung wird – völlig zu Recht – nicht umgesetzt, weil sich die Polizei im Nachgang zu EvaPol für eine Beibehaltung der Unfallaufnahme durch spezialisierte Kräfte stark gemacht hat, ebenso wie auch die Leiter der Staatsanwaltschaften in einer gemeinsamen Stellungnahme für die Beibehaltung der aktuellen Struktur plädierten. Letzteres steht im Widerspruch zu Aussagen im Abschlussbericht von EvaPol, der sich auch unter dem Aspekt eines sinnvollen Ressourceneinsatzes für die Staatsanwaltschaft für Veränderungen in der Verkehrsunfallaufnahme aussprach.

Fazit: EvaPol war von Beginn an in seiner Struktur falsch angelegt. Der Innenminister muss sich die Frage gefallen lassen, warum Staatsanwaltschaften, Feuerwehren und die Polizeipräsidien erst im Nachgang zu EvaPol in die Klärung von Fachfragen einbezogen wurden.

Die Veränderungen an der Polizeistruktur haben keinen Nutzen, verursachen aber hohe Kosten. Denn so chaotisch die Entscheidungsfindung zu Anzahl und Struktur der Polizeipräsidien war, genauso so unübersichtlich gestaltete sich die Antwort auf die Frage, wie viel das Wunschkonzert der CDU eigentlich kostet.

Die Kostenkalkulation für die Reform der Polizeistrukturreform aus dem Jahr 2017 belief sich auf 100 Mio. Euro. Scheinbar hatten sich Innen- und Finanzministerium bei der Berechnung der Kosten nicht besonders viel Mühe gegeben, vielleicht wollten sie es schlichtweg auch nicht. Fest aber steht, erst im Jahr 2018 setzte man sich mit den anfallenden Kosten intensiver auseinander und heraus kam eine Verdopplung der Kosten. Bis dahin hatte man sich in den vergangenen Kostenrechnungen weder mit Risikozuschlägen für Baukosten auseinandergesetzt noch mit den genauen Kosten für Technik und Personal.

Die Polizeireform von Reinhold Gall bleibt mit 123 Mio. Euro übrigens voll im Kostenplan, das bestätigte Innenminister Strobl auf eine Anfrage der CDU.

(Hintergrund: Die Polizeireform erfordert in den Jahren 2013 bis 2028 in absoluten Zahlen einen voraussichtlichen Brutto-Finanzbedarf in Höhe von insgesamt rund 336 Mio. Euro, dem Minderbedarfe/Einnahmen von rund 213 Mio. Euro gegenüber stehen. Netto bleiben somit 123 Mio. Euro als Kosten für die Polizeireform. Vgl. Drucksache 16/235)

Die CDU aber darf nun ein richtig teures Wahlversprechen einlösen, das jeder fachlichen Grundlage entbehrt und die grüne Finanzministerin schaut widerstandslos zu. Dies kann man wirklich nur damit erklären, dass das Land Geld im Überfluss hat.

Besonders bitter für alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im Land dürfte es sein, dass für das 13. Präsidium 184 Stellen benötigt werden und die an anderer Stelle in der Fläche des Landes fehlen werden. Schaut man sich die Überstunden der Polizei von 1,39 Millionen Stunden an, dann ist unschwer zu erkennen, dass diese Stellen woanders dringender gebraucht werden als für Leitungsstellen in einem neuen Polizeipräsidium.

So ist dann auch die Stellungnahme des Bund Deutscher Kriminalbeamten zu diesem Gesetzentwurf sehr verständlich, die bemängeln, „dass die Umsetzung in eine Phase fällt mit erheblichen personellen Engpässen, die maßgeblich auf die anhaltende Pensionierungswelle in der gesamten Polizei Baden-Württemberg zurückzuführen sind… der Umsetzungszeitpunkt sei deswegen ungünstig gewählt.“

Wir fordern Klarheit darüber, woher die 184 zusätzlichen Polizeistellen kommen sollen, die für die neue Polizeistruktur erforderlich sind. Neue Präsidien darf es nicht zu Lasten der Reviere geben.

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Melbeck Fraktion
Malin Melbeck
Parlamentarische Beraterin für politische Planung und Strategie, Parlamentsrecht, Stellvertretende Fraktionsgeschäftsführerin