Redemanuskript Andreas Stoch
Aussprache zum Doppelhaushalt 2020/21

am 13. November 2019

Grundsätzliche Position der SPD

Baden-Württemberg steht vor entscheidenden Jahren: Konjunktureintrübung zeichnet sich ab, der Umwelt- und Klimaschutz fordert uns ebenso heraus wie die Transformation der Wirtschaft (gerade Automobilbranche) und die Digitalisierung. Offenkundig ist die Notwendigkeit eines Wandels unserer Mobilität sowie zunehmender Wohnungsmangel nicht nur in Ballungszentren.

Bei all diesen Herausforderungen darf der Staat nicht wie ein teilnahmsloser Zuschauer auftreten. Gefragt ist eine tatkräftige öffentliche Hand, die dafür Sorge trägt, dass Missstände beseitigt werden und der nötige Wandel sozial verträglich und im Sinne der Allgemeinheit gestaltet wird.

Der grün-schwarzen Landesregierung stehen dafür Rekordsummen zur Verfügung, doch anstatt das von den Menschen erwirtschaftete Geld im nötigen Umfang in die Zukunftsfähigkeit und den Wandel zu investieren, sieht der Doppelhaushalt eine weitere Erhöhung der ohnehin schon rekordverdächtigen Rücklagen vor. Die SPD hält diese Sparmentalität gerade vor dem Hintergrund der Herausforderungen in der Wirtschaft für grundfalsch: Die Regierung müsste antizyklisch agieren und Geld in die Hand nehmen, um das Land optimal für den anstehenden Wandel aufzustellen. Die Landesregierung redet die Möglichkeiten des Staates klein, anstatt in den Dimensionen zu handeln, die nötig und angesichts der zusätzlichen Milliarden auch finanzierbar wären. Die Tatenlosigkeit ist so gleich doppelt sträflich.

Vier zentrale Forderungen der SPD

  • Für einen Mobilitätswandel: Das 365-Euro-Ticket für das ganze Land

Neue Mobilität entsteht nicht durch Verbote, sondern durch Angebote. Um den Teufelskreis: „Besseres Angebot wartet auf mehr Nachfrage und mehr Nachfrage auf besseres Angebot“ zu durchbrechen, fordert die SPD ein 365-Euro-Ticket für Schüler, Studenten, Auszubildende und Rentner, das im ganzen Land und in allen Verkehrsverbünden gültig sein soll. Dieses Angebot soll auch als Sozialticket für das ganze Land gelten.

  • Für bezahlbares Wohnen: Die Landesentwicklungsgesellschaft

Zunehmend wohnen Menschen nicht mehr dort, wo es sinnvoll, sondern dort, wo es bezahlbar ist. Die Pendlerströme nehmen zu. Statt vergebens auf den Markt zu hoffen, muss das Land die privaten und kommunalen Bauträger durch eine Landesentwicklungsgesellschaft unterstützen, die beispielsweise die Voraussetzungen für nötigen Wohnungsbau (Baugrund) schafft.

  • Für sichere Beschäftigung: Weiterbildungsfonds

Digitalisierung und neue Mobilität werden bisherige Arbeitsplätze vernichten, aber neue Arbeitsplätze schaffen. Umschulungen und Weiterbildungen können nicht nur freiwillige Leistungen mancher großen Konzerne sein, sondern müssen auch für die Beschäftigten kleiner Betriebe Routine werden. Mit einem Weiterbildungsfonds kann das Land in seine Menschen investieren, auch kleine und mittlere Unternehmen unterstützen und dazu beitragen, dass Beschäftigung gesichert wird.

  • Für beste Chancen: Gebührenfreie Bildung von Anfang an

Auch der Wandel in der Wirtschaft macht es immer deutlicher, dass wir es uns gar nicht leisten können, nicht jedem die Kind die Chance auf bestmögliche Bildung zu bieten. Mit gebührenfreien Kitas würde das Land zudem junge Familien spürbar entlasten – also Menschen in einer Lebensphase, in der sie oft über bedeutende Anschaffungen (zum Beispiel Wohneigentum) entscheiden müssen. Auch hier investiert das Land also gleich mehrfach in seine Zukunft.

Zitate aus der Haushaltsrede von Andreas Stoch:

„Wir können es uns nicht leisten, uns in diesem Land nicht deutlich mehr Zukunft zu leisten!“

„Wir können doch nicht nur der Konjunktur zuschauen wie der Frosch dem Wetter. Der Staat kann handeln, er muss handeln!“

„Es geht nicht um Panikmache, sondern um rechtzeitige Vorsorge: Du musst den Brunnen graben, ehe Du Durst hast.“

„Der Ministerpräsident sagt, er könne die dunklen Wolken am Himmel der Konjunktur nicht beiseiteschieben. Aber dann soll er doch wenigstens einen Regenschirm besorgen!“

„Gute Batteriezellen hängen von den grauen Zellen der Beschäftigten ab, auch darin müssen wir investieren!“

„Ein ordentliches Miteinander zwischen Staat und Wirtschaft, zwischen Markt und öffentlicher Hand hat unser Land groß gemacht, als es drängende Probleme gab. Wohnungsnot nach dem Krieg hat nicht der Markt beseitigt, sondern der Staat! Fernsehempfang kam nicht durch Privatfirmen in den Schwarzwald, sondern durch den Staat!“

„Gegenüber den Kommunen veranstaltet die grün-schwarze Regierung ein noch nie dagewesenes, unwürdiges Geschachere. Der Bürger muss sich doch darauf verlassen können, dass die öffentliche Hand zusammenarbeitet und nicht gegeneinander!“

„Jeder Finanzbeamte bringt dem Land mehr als er kostet. Nun werden die Ansätze gerade hier nach unten gefahren.“

„Der Ministerpräsident beklagt sich über ein Klimapäckchen der Bundesregierung. Unserem Land bietet er aber nur ein Zukunftspäckchen an.“

„Dieser Haushalt zeigt keine Impulse, bietet kein Vorwärts. Er zeigt nur die Mentalität eines Kleinsparers“.

„Wer behauptet, eine Landesregierung könne nicht viel mehr tun, um dieses Land fit für eine gute Zukunft zu machen, der redet nicht nur den Staat klein, der redet auch Baden-Württemberg klein.“

„Wenn wir einst auf Wasser- und Stromversorgung verzichtet hätten, auf Schienenwege, Telefonnetze und Rundfunkempfang, auf ein Schulsystem, hätten wir vielleicht allerhand Rücklagen bilden können. Und wir wären heute nur noch ein Freilichtmuseum.“

„Wenn wir bei der Transformation nicht zu spät kommen wollen, müssen wir zwei Gänge hochschalten.“

„Rücklagen schaffen keine Arbeitsplätze!“

„Dieses Land braucht eine Regierung, die mehr tut als zuzuschauen und in ihren Taschen mit dem Geld zu klimpern. Nehmen Sie die Hände aus den Taschen! Krempeln Sie die Ärmel hoch! Und gestalten sie endlich!“

And you better start swimming

Or you’ll sink like a stone

For the times, they are a-changin

(Bob Dylan)

Es gilt das gesprochene Wort

Ansprechpartner

Max Yilmazel
Berater für Finanzpolitik, Europa und Internationales