Seit dem Schuljahr 2015/16 können Eltern entscheiden, ob ihr Kind mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot  an einer allgemeinbildenden bzw. beruflichen Schule oder einem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) unterrichtet werden soll. Die Abschaffung der Sonderschulpflicht war ein entscheidender Schritt der grün-roten Landesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und ein Meilenstein auf dem Weg zu einem gerechteren Bildungssystem und einer inklusiven Gesellschaft.

Zwei Jahre nach der Änderung des Schulgesetzes wird deutlich, dass Schulen die Inklusion mit viel Engagement umsetzen. Im Schulalltag sehen sich Schulleitungen, Lehrkräfte und Eltern dabei jedoch großen Herausforderungen gegenüber. Es bedarf weiterhin einer klaren Vision davon, wie die inklusive Schule aussehen soll, aber gleichzeitig konkret formulierte und umsetzbare Zwischenschritte. Vor diesem Hintergrund formuliert die SPD-Landtagsfraktion folgende Forderungen:

  • Das Verständnis von Heterogenität als Norm fördern
  • Die Erarbeitung von „Inklusionsentwicklungsplänen“ an allen Schularten vorantreiben
  • Landesweit einheitliche Verfahren bei der Feststellung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, Schulwegekonferenzen und Beratung der Eltern sicherstellen
  • Die kurzfristige bzw. vorübergehende Monetarisierung von nicht besetzten Lehrerstellen ermöglichen
  • Umsetzung eines Stufenmodells zur besseren Versorgung der Schulen mit sonderpädagogischen Lehrkräften beschließen
  • Einen Modellversuch zum Aufbau multiprofessioneller Teams an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen durchführen
  • Eine neue Bedarfsberechnung für sonderpädagogische Lehrkräfte auf Grundlage des Stufenmodells vornehmen und passgenaue Fortbildungen anbieten
  • Klare Aufgaben für Schulbegleitungen definieren, entsprechende Qualifizierungen vornehmen und die notwendigen Ressourcen bereitstellen
  • Schulleitungen gezielt bei der Umsetzung der Inklusion unterstützen und sie angemessen ausstatten
  • Die Rahmenbedingungen für die Einbindung der SBBZ in die regionale Schulentwicklung erarbeiten und veröffentlichen

Die SPD-Landtagsfraktion sieht in der Inklusion einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag, der weit über den Bildungsbereich hinausgeht. Aufgrund der Schulpflicht ist Schule  gleichwohl der Ort, an dem sich alle Kinder und Jugendlichen begegnen und Erfahrungen für das gemeinsame Leben sammeln können. Schule soll auf ein selbstbestimmtes Leben vorbereiten und ist damit ein wichtiger, aber bei weitem nicht der einzige Lern- und Lebensraum, der im Kontext der Umsetzung der Inklusion in den Blick genommen werden muss. Die folgenden Forderungen zur Förderung der Inklusion sind daher nur ein Ausschnitt der notwendigen Maßnahmen. Nicht alle von ihnen sind unmittelbar umsetzbar, weshalb sich die Ausführungen auf teils unterschiedliche Zeithorizonte beziehen: unverzüglich sowie kurzfristig (in den nächsten fünf Jahren), mittelfristig (in fünf bis zehn Jahren) und langfristig (in zehn bis 15 Jahren).

1.      Verständnis von Heterogenität als Norm
Wir fordern eine Vermittlung des Inklusionsgedankens als pädagogische Grundhaltung statt Sonderaufgabe einzelner Schulstandorte und Lehrkräfte. 

Inklusion heißt alle Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen, nicht nur diejenigen mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot. Es geht um eine begabungsgerechte Förderung aller Kinder und damit wird der erfolgreiche Umgang mit Heterogenität ein klares Schulentwicklungsziel. Inklusion ist also Handlungsauftrag für die Schule als Organisation, aber auch jede am Schulalltag beteiligte Person. Die grün-schwarze Landesregierung muss ihren Inklusionsbegriff erweitern und entsprechend nach außen kommunizieren, um diese notwendige Haltungsänderung noch zu befördern. Eine Anpassung schulischer Leitbilder, sowie der Aus- und Fortbildungskonzeptionen ist notwendig.

2.      Inklusion als gemeinsame Aufgabe aller Schularten
Wir fordern, dass alle Schularten einen inklusiven Bildungsansatz adaptieren und diesen mithilfe von individuellen „Inklusionsentwicklungsplänen“ (IEP) umsetzen.  

Mittelfristig müssen alle Schulen ein inklusives Lehr- und Lernkonzept in Form eines IEP erarbeiten. Dieser IEP bezieht sich auf den oben beschriebenen, erweiterten Inklusionsbegriff und meint damit den Umgang mit Heterogenität im Allgemeinen, was die Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot einschließt, aber nicht darauf beschränkt ist. Zur Unterstützung der Schulen bei der IEP Erstellung soll die Schulverwaltung einen modellhaften Prozess beschreiben und Bausteine für die Konzeptentwicklung zur Verfügung stellen sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote unterbreiten. Gute Erfahrungen wurden mit diesem Verfahren bereits bei den „Medienentwicklungsplänen“ (MEP) gemacht. Besondere Stärken des Verfahrens sind die frühzeitige Einbindung des Kollegiums und des Schulträgers, sowie eine enge Verknüpfung der formulierten Zielperspektiven mit Überlegungen zum Ressourcen- sowie Fortbildungsbedarf. Eine Übertragung dieses Instruments zur Schulentwicklung kann daher zur Erarbeitung von IEP genutzt werden.

Aktuell besuchen über 50 Prozent der Kinder mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot an inklusiv arbeitenden Schulen eine Grundschule, fast 27 Prozent eine Gemeinschaftsschule und 16 Prozent eine Haupt- oder Werkrealschule. Realschulen und Gymnasien halten bislang zu selten ein inklusives Bildungsangebot vor. Wir streben auf Grundlage einer intensiven Beratung von Schulträgern und Eltern eine ausgeglichene Verteilung der Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot auf alle Schularten an. Zum einen, weil die Inklusion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt und zum anderen, um die Überforderung einzelner Schularten zu vermeiden. Im Schulgesetz wurde bewusst festgelegt, dass inklusive Bildungsangebote einschließlich des zieldifferenten Unterrichts an allen allgemeinbildenden Schularten möglich sind. Und zieldifferenter Unterrichts ist an allen Schularten gleichermaßen eine große Herausforderung für die Lehrerinnen und Lehrer. Der Übergang der aktuellen Grundschulkinder mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot auf die weiterführenden Schulen ist absehbar und muss daher bereits jetzt seitens der Schulverwaltung gezielt vorbereitet werden.

3.      Landesweit einheitliche Verfahrensweisen
Wir fordern ein landesweit einheitliches Verwaltungshandeln insbesondere mit Blick auf die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, Fristen für die Schulwegekonferenzen und Beratung der Eltern.

Es fehlt den Schulverwaltungen derzeit noch an zentralen Anweisungen und Prozessbeschreibungen zur Umsetzung der Inklusion. Bei der Feststellung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot gibt es keine klaren Regelungen und auch die Schulwegekonferenzen und Beratung der Eltern gestalten sich unterschiedlich, sodass es zu großen regionalen Unterschieden kommt. So besuchten im Schulamtsbezirk Raststatt nur 7 Prozent der Kinder mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf eine inklusiv arbeitende Schule, während es in Stuttgart mehr als 33 Prozent sind.[2] Es ist unbedingt notwendig, dass die Formulare, Begrifflichkeiten und Verfahrenswege unverzüglich vereinheitlicht werden.

Auch Fristen, wie die zur Entscheidung der Eltern über die gewünschte Form der Beschulung,  setzt bislang jedes Schulamt selbst.  Im Sinne einer besseren Planbarkeit und Vorbereitung der aufnehmenden Schule sollten die Schulwegekonferenzen überall möglichst frühzeitig stattfinden. Neben einem effektiven Verwaltungshandeln muss das Verfahren jedoch auch Raum für die Entwicklungen des Kindes lassen. Auch deshalb ist die Erarbeitung von IEP wichtig, denn so sind mittelfristig alle Schulen grundsätzlich auf die Aufnahme eines Kindes mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot gewappnet. Eine Entscheidung der Eltern kann dann bis zum Schuljahresende erfolgen, ohne dass dadurch Abstriche bei der Qualität des Bildungsangebots an der allgemeinbildenden bzw. beruflichen Schule in Kauf genommen werden müssen.

Mit Blick auf die Beratung der Eltern sollte im Rahmen einer Evaluation geklärt werden, ob diese weiterhin an den Schulämtern verbleiben oder von den SBBZ übernommen werden sollte. Eine erfolgreiche Inklusion steht und fällt mit der informierten Eltern-entscheidung, gegenseitigem Vertrauen im Rahmen der Beratung  und frühzeitiger Einbindung aller beteiligten Akteure – ein einheitliches und transparentes Verfahren ist daher eine Grundvoraussetzung und Gelingensbedingung.

4.     Monetarisierung nicht besetzter Lehrerstellen
Wir fordern, dass den Schulleitungen als Sofortmaßnahme ein Personalbudget mit den Ressourcengewinnen aus vorübergehend nicht besetzten Lehrerstellen für Sonderpädagogik an ihren Schulen zur Verfügung gestellt wird.

Mit dem Instrument der Monetarisierung können Schulen besser unterstützt werden, die derzeit vom Lehrermangel im Bereich der Sonderpädagogik betroffen sind. Können Lehrerstellen für Sonderpädagogik vorübergehend nicht besetzt werden, sollen die dafür vorgesehenen Finanzmittel in ein Personalbudget für die betroffene Schule fließen. Die Schulleitungen können so kurzfristig auf externe Unterstützungsleistungen für pädagogische und schulische Zwecke zurückgreifen bis die Lehrerstellen besetzt sind.

5.     Umsetzung eines Stufenmodells zur Ressourcenzuweisung  Lehrerstellen Lehrerstellen
Wir fordern die Umsetzung eines Stufenmodells zur besseren Ausstattung der Schulen mit sonderpädagogischen Lehrkräften.

Eine auskömmliche Ausstattung der inklusiv arbeitenden Schulen sowie SBBZ mit sonderpädagogischen Lehrkräften ist Grundvoraussetzung für qualitätsvolle Unterrichtsangebote. Aufgrund des Fachkräftemangels ist die aktuelle Versorgungslage der Schulen vielerorts unzureichend, kann sich in den kommenden Jahren durch erhöhte Studienkapazitäten (siehe Punkt 7) und mehr Weiterbildungsangebote jedoch verbessern.  Aktuelle Engpässe dürfen in keinem Fall zu einem dauerhaften Abrücken von definierten Qualitätsansprüchen führen. Anhand des folgenden Stufenmodells sollen die Schulen mit sonderpädagogischer Expertise versorgt werden.

  • Unverzüglich sollte die Monetarisierung von nicht besetzten Lehrerstellen für Sonderpädagogik ermöglicht werden. Mithilfe eines Personalbudgets aus den Ressourcengewinnen durch die freien Stellen bzw. Stellenanteile können die Schulleitungen kurzfristig auf andere externe Unterstützungsleistungen zurückgreifen, bis die Lehrerstellen besetzt werden können.
  • In den nächsten fünf Jahren sollten die vorhandenen Personalressourcen vor allem in Formate der Gruppeninklusion und Außenklassen fließen, sowie an den SBBZ eingesetzt werden. Gibt es an einer Schule ein Ganztagsangebot müssen auch Kinder mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot daran teilnehmen können.
    • Bei der Gruppeninklusion gilt es, ein möglichst wohnortnahes Angebot zu schaffen, was ggf. die Bildung von Gruppen mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten erforderlich macht. In diesem Format kann die sonderpädagogische Förderung besser gewährleistet werden als bei der Einzelinklusion. Zielperspektive muss trotzdem sein, dass sich mittelfristig alle Schulen zu inklusiv arbeitenden Schulen entwickeln und ein flächendeckend inklusives Bildungssystem entstehen kann.
    • Gut umgesetzte Außenklassen von SBBZ an allgemeinbildenden oder beruflichen Schulen pflegen einen engen Kontakt und gemeinsamen Schulalltag mit einer Partnerklasse. Das Format stellt damit einen sinnvollen Einstieg in die inklusive Arbeit dar, kann aber ebenso Gegenstand einer langfristigen Zusammenarbeit sein. Im Sinne der Qualitätssicherung muss die Schulverwaltung die Umsetzung der von den beteiligten Schulen entworfenen Konzepte zukünftig jedoch besser überprüfen. Es sollte ermöglicht werden, dass die Schülerinnen und Schüler der Außenklasse ein Zeugnis der allgemeinen Schule mit einer entsprechenden Anmerkung erhalten. Für die Gestaltung dieser Zeugnisse sind landesweit einheitliche Standards erforderlich.
    • Um die Teilnahme der Kinder mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot am Ganztagsangebot sicherzustellen, müssen sie bei der Zuweisung von Ressourcen für die Umsetzung des Ganztages berücksichtigt werden. Dies gilt auch bei der Bemessung der Finanzmittel für außerschulische Kooperationspartner, die den Ganztag an einer Schule mitgestalten. Auch die Einsatzzeit der Schulbegleitung muss bei Bedarf auf die Ganztagsangebote ausgeweitet werden.
  • In fünf bis zehn Jahren muss die pro-Kopf-Zuweisung von Lehrerwochenstunden für Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot je nach vorhandenen Ressourcen schrittweise erhöht werden. Ziel ist dabei das umfassende Zwei-Pädagogen-Prinzip. Einen Verteilungskampf zwischen SBBZ und inklusiv arbeitenden Schulen gilt es dabei unbedingt zu vermeiden. Die Ressourcenzuweisung für inklusive Bildungsangebote durch die SBBZ ist sinnvoll, muss aber von der Schulverwaltung begleitet werden. Die bisherige Zuweisung wird als intransparent, wenn nicht sogar beliebig wahrgenommen. Das Zuweisungsverfahren muss entsprechend nachvollziehbar gestaltet sein und nach pädagogischen Gesichtspunkten erfolgen und darf nicht zum Instrument einer Mangelverwaltung werden.
  • In zehn bis 15 Jahren soll das Zwei-Pädagogen-Prinzip flächendeckend umgesetzt werden. Ein inklusiver Bildungsansatz (siehe Punkt 1) begründet auch den Aufbau von multiprofessionellen Teams an allen Schulen (siehe Punkt 6). Perspektivisch sollten im Rahmen dieser multiprofessionellen Teams alle Schulen auch über sonderpädagogische Expertise in Höhe von mindestens einer Vollzeitstelle verfügen.

6.     Modellversuch zum Aufbau multiprofessioneller Teams
Wir fordern die Durchführung eines Modellversuchs zum Aufbau multiprofessioneller Teams an Schulen.

Angesichts vielschichtiger Herausforderungen an den Schulen und unterschiedlicher Unterstützungsbedarfe der Schülerinnen und Schüler müssen Lehrerkollegien mittelfristig erweitert und der Aufbau multiprofessioneller Teams gefördert werden. Bereits jetzt sind unter anderen Fachkräfte aus der Schulsozialarbeit und Schulpsychologie sowie Schulbegleitungen und pädagogische Assistenzen an der Gestaltung des Schulalltags beteiligt. Die zunehmende Heterogenität der Schülerschaft verlangt einen Ausbau dieses multiprofessionellen Ansatzes, zunächst in Form eines Modellversuchs an den allgemeinen Schulen.

Ausgestattet mit einem eigenen Budget von je nach Schulgröße rund 100.000 – 200.000 Euro  und auf Grundlage eines sinnvollen Konzepts sollen landesweit 44 Modellschulen (ein Standort pro Stadt- bzw. Landkreis) ihr Kollegium erweitern. Je nach schulspezifischer Anforderung kann die Einbindung anderer pädagogischer Fachkräfte, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, aber beispielsweise auch die Einstellung von Verwaltungsassistenzen, IT-Spezialistinnen und Spezialisten oder Fachkräften aus dem Bereich Soziologie, Logopädie, Ergotherapie, Sport sowie Ernährung sinnvoll sein. Unter Einbezug unterschiedlicher Perspektiven und Nutzung dieser vielfältigen Kompetenzen können Schulen so inklusiv arbeiten und zielgerichtet zu Lern- und Erfahrungsräumen für unsere Gesellschaft und Demokratie weiterentwickelt werden.

Langfristig müssen auch die Qualifizierungsmöglichkeiten für die Mitglieder in solchen multiprofessionellen Teams durchlässiger und flexibler werden. Vor allem im Bereich Schulbegleitung und pädagogische Assistenz wünschen sich Betroffene mehr Möglichkeiten zum Laufbahnwechsel und Quereinstieg. Über modulartige Weiterbildungsangebote sollten solche Wege geebnet werden, um die Professionalisierung und Fachlichkeit an den Schulen zu unterstützen.

7.    Neue Bedarfsberechnung für sonderpädagogische Lehrkräfte und passgenaue Fortbildungsangebote
Wir fordern eine transparente Planung zum Lehrerbedarf und einen an das oben aufgeführte Stufenmodell zur Ressourcenzuweisung angepassten Ausbau der Studien- und Fortbildungskapazitäten für Sonderpädagogik.

In Form des Stufenmodells (siehe Punkt 5) formulierte Zielgrößen und Qualitätsmerkmale müssen sich in der Planung der Studien- und Fortbildungskapazitäten im Bereich Sonderpädagogik widerspiegeln. Für Hauptschullehrkräfte, die über ein Aufbaustudium berufsbegleitend auf den Einsatz im SBBZ vorbereitet werden, müssen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden und dauerhaft Angebote zum Laufbahnwechsel vorgehalten werden. Auch für Grundschullehrkräfte sollte ein entsprechendes Programm aufgelegt werden. Darüber hinaus sollte auch die normale Lehrerfortbildung in den Blick genommen werden: Die Nachfrage nach Fortbildungen rund um das Thema Inklusion ist derzeit nicht besonders hoch, unter anderem weil sich nicht alle Lehrkräfte zuständig fühlen.[3] Aber auch weil angesichts des Lehrermangels der Unterrichtsausfall für Fortbildungen nicht in Kauf genommen wird. Mit Blick auf den erweiterten Inklusionsbegriff (siehe Punkt 1) und eine Übertragung eines inklusiven Bildungsansatzes auf alle Schularten in Form des IEP (siehe Punkt 2) sollten die Fortbildungsangebote vor allem an Realschulen und Gymnasien gezielt beworben werden. Im Zuge der Erstellung eines IEP einer Schule sind ggf. auch passgenaue sowie verbindliche Fortbildungen vor Ort sinnvoll.

8.     Schulbegleitung mit klaren Aufgaben und entsprechender Qualifikation
Wir fordern eine klare Rollen- und Aufgabenbeschreibung sowie eine daran angepasste Qualifizierung der Schulbegleitung, die zur Umsetzung der Inklusion an Schulen beitragen.

Die Schulbegleitung hat derzeit kein klar definiertes Rollen- und Aufgabenprofil, was für Verunsicherung sorgt und zu falschen Erwartungshaltungen der Beteiligten führt. Formal sind sie für die Unterstützung der förderbedürftigen Kinder im Sinne der Eingliederungshilfe zuständig. Ihre Tätigkeit ist daher keine pädagogische, sondern beschränkt sich eigentlich auf Hilfestellungen zur Bewältigung von Alltagshürden. Aufgrund bestehender Engpässe an Schulen nehmen die Schulbegleitungen jedoch oft Aufgaben wahr, für die sie weder ausgebildet noch zuständig sind.  Im Sinne der betroffenen Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, das Aufgabenprofil klar zu definieren und entsprechend standardisierte Anforderungen an die Qualifizierung zu formulieren. Damit einhergehen müsste eine Verortung der Schulbegleitung im Kultusressort, sowie Fortbildungsangebote und eine der Qualifikation angepasste Vergütung. So kann die Schulbegleitung sinnvoll weiterentwickelt und in den Aufbau multiprofessioneller Teams an den Schulen einbezogen werden.

9.    Schulleitungen stärken
Wir fordern eine deutliche Entlastung der Schulleitungen an SBBZ und der inklusiv arbeitenden Schulen.

Für Schulleitungen an allen Schularten fordern wir mehr Gestaltungs- und Entscheidungsfreiraum beispielsweise durch mehr schulscharfe Ausschreibungen sowie eigene Personalbudgets (siehe Punkt 4), um die Weiterentwicklung der Schule und Verbesserung der Unterrichtsqualität vorantreiben zu können. Fragen der Besoldung, der Ausstattung mit Funktionsstellen, der Entlastung von Verwaltungsaufgaben sowie der Differenzierung von Halb- und Ganztagsbetrieb stellen sich auch bei SBBZ und inklusiv arbeitenden Schulen.

Hinzu kommt am SBBZ ggf. der Aufwand für die Beratung von Partnerschulen und Personalentwicklung, welche im Rahmen einer Umstellung auf ein inklusives Bildungsangebot anfällt. Bei der Berechnung der Leitungsstunden und Zuweisung von Funktionsstellen für diese SBBZ sollten auch die Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden, die durch Personal des SBBZ betreut werden. Angesichts des Arbeitsaufwands für beide Schulleitungen, die des SBBZ und der inklusiv arbeitenden Schule, ist diese doppelte Einberechnung gerechtfertigt. Mittelfristig sollten außerdem die Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot an inklusiv arbeitenden Schulen mit dem Faktor 2 in die Berechnung der Leitungszeit und Zuweisung von Funktionsstellen einfließen.

10.    Rahmen für Einbindung der SBBZ in die regionale Schulentwicklung
Wir fordern eine zügige Veröffentlichung der Rahmenbedingungen für die regionale Schulentwicklung an SBBZ.

Wir fordern eine zügige Veröffentlichung der Rahmenbedingungen für die regionale Schulentwicklung an SBBZ.
Die Wahlfreiheit der Eltern zwischen einer Beschulung an einem SBBZ oder einem inklusiven Bildungsangebot ist und bleibt die Stärke der Gesetzesänderung. Bislang entscheiden sich rund 14 Prozent der Eltern für ein inklusives Angebot, während 86 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot an SBBZ unterrichtet werden. Angesichts dieser Verschiebung und der darum sinkenden Schülerzahlen an SBBZ, müssen sich viele Standorte sinnvoll weiterentwickeln. So könnte es SBBZ geben, die sich für Kinder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf öffnen oder SBBZ, die nur noch als Verwaltungseinheit für die Sonderpädagoginnen und -pädagogen an inklusiv arbeitenden Schulen fungieren. Letztlich müssen immer individuelle Lösungen gefunden werden, die den Voraussetzungen und Bedarfen vor Ort entsprechen. Dabei muss auch die Beratungsleistung der SBBZ in der Region beachtet werden. Den Rahmen dafür müssen allerdings die Richtlinien des Landes bilden. Diese befinden sich in der Bearbeitung, aber ohne dass die grün-schwarze Landesregierung einen konkreten Zeitplan zur Bekanntgabe kommuniziert. Eine zügige Veröffentlichung muss gerade mit Blick auf die Entwicklungen im ländlichen Raum zeitnah erfolgen. Grundsätzlich sollten SBBZ überall wohnortnah bestehen bleiben, um die Wahlfreiheit der Eltern sicherzustellen.

8.Mai 2018, SPD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg