MdL Hans-Martin Haller: „Obwohl die Bahn laufend schlechten Service bietet, schreitet das Land als Auftraggeber nicht ein“

Das von vielen Reisenden fast täglich erlebte Chaos im Zugverkehr ist nun auch regierungsoffiziell bestätigt. In der Stellungnahme zu einem Parlamentsantrag des SPD-Verkehrsexperten Hans-Martin Haller musste die Landesregierung einräumen, dass die Bahn ihre Leistungen nicht wie vertraglich vereinbart erbringt.

Der Balinger Abgeordnete hatte exemplarisch besondere Vorkommnisse auf der Zugstrecke Stuttgart-Albstadt zwischen dem 8. November und dem 14. November abgefragt. Das Ergebnis übertraf die schlimmsten Befürchtungen Hallers, der selbst in Albstadt wohnt. In einem Zeitraum von einer Woche kam es auf der Strecke zu neun Störungen, Pannen oder Beeinträchtigungen. Diese führten zu unzähligen Verspätungen von bis zu 45 Minuten und verpassten Anschlussverbindungen. Einzelne Züge änderten während der Fahrt plötzlich ihren Zielbahnhof.

Haller wirft der Landesregierung vor, diese unhaltbaren Zustände einfach achselzuckend hinzunehmen, obwohl ihr die Mängel in der Leistungserbringung der Bahn sehr wohl bewusst seien. „Obwohl die Bahn laufend schlechten Service bietet und knapp am Vertragsbruch vorbeischrammt, schreitet das Land als Auftraggeber nicht ein“, tadelte Haller. Die Pendler und Reisenden müssten nun ausbaden, dass die Landesregierung mit der Bahn einen schlechten Vertrag ausgehandelt habe.

Hans-Martin Haller: „Es kann nicht sein, dass das Land Hunderte von Millionen Euro an ein Unternehmen überweist, welches nicht in der Lage ist, die geforderten Leistungen verlässlich zu erbringen.“ Das Land müsse schleunigst Mittel und Wege finden, um endlich für einen geregelten Zugablauf im Regionalverkehr zu sorgen. Nur so könne gewährleistet werden, dass die Menschen auch weiterhin die Bahn benutzten und nicht wieder aufs Auto umstiegen, so Haller.

Obwohl seit langem von einem geregelten Zugverkehr auf der abgefragten Strecke keine Rede sein könne, sehe sich die Landesregierung nicht in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Als Besteller der Zugleistungen mit jährlichen Überweisungen von mehreren Hundert Millionen Euro an die Regionalgesellschaften der DB AG müsse das Land aber aktiv werden, verlangte Haller. Zudem sei es ein Schildbürgerstreich, dass die Bahn sich trotz dieser erschreckenden Mängel bei Kundenservice und technischer Zuverlässigkeit erdreiste, ihre Preise zu erhöhen.

Hans-Martin Haller: „Als Bahnkunde erwarte ich, dass ich für mein Geld eine gute Leistung erhalte. Und wenn es daran hapert, erwarte ich, dass das Land als Auftraggeber den Verantwortlichen auf die Finger klopft und nicht die Hände in den Schoß legt.“


Anhang: Kleiner Auszug aus der Mängelliste (vgl. Landtagsdrucksache 14/3623)

•am 8. November: Signalstörung in Balingen;
•am 9. November: Störung des IRE 3264 mit der Folge einer Verspätung bei der Abfahrt in Aulendorf von 16 Minuten und bei der Ankunft in Stuttgart von 38 Minuten;
•am 10. November: Signalstörung in Ebingen-West mit Verspätungen für etliche Züge
•am 13. November: eine Störung des Bahnübergangs in Balingen, was zu einer Verspätung von jeweils fünf Minuten bei zwei Zügen geführt hat;
•am 13. November: eine Störung der Bremse beim IRE 3257, die zu einer verspäteten Abfahrt ab Stuttgart von 17 Minuten geführt hat.

Darüber hinaus stellt die im Sommer nicht funktionierende Klimaanlage ein Dauerärgernis dar. Selbst die Bahn räumt ein, dass „die Klimaanlagen der Baureihe 611 konstruktive Mängel aufweisen und nur begrenzt verbessert werden können“. Weil das Funktionieren der Klimaanlage aber nicht als Qualitätsmerkmal aufgelistet ist, stellt eine im Sommer heizende statt kühlende Klimaanlage keine mangelnde Erfüllung der Verträge dar.


Martin Mendler
Stellv. Pressesprecher