MdL Rainer Stickelberger: „Die SPD erhofft sich von der Aussage des Bundesumweltministers Klarheit über das Ausmaß des Versagens der Landesatombehörde“

Nach zahlreichen Verzögerungsversuchen von CDU und FDP werden der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, und Staatssekretär Rainer Baake nun endlich als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss „Atomaufsicht“ auftreten. Die SPD-Landtagsfraktion erwartet von den Aussagen dieser Zeugen am kommenden Mittwoch die Klärung zahlreicher Widersprüche im Hinblick auf Ablauf und Bedeutung des bundesaufsichtlichen Gesprächs am 06.10.2001 in Berlin. Bisher steht dazu lediglich die einseitige Darstellung durch den baden-württembergischen Umweltminister Müller im Raum.

Umweltminister Müller wurde damals wegen der Pannen im Atomkraftwerk Philippsburg II, die er in seiner Schwere nicht als gravierend sicherheitsrelevant erkannt und bewertet hatte, nach Berlin geladen. „Ob die Bundesbehörde die Landesbehörde erst zum Handeln zwingen musste, weil die Landesregierung trotz der schweren Pannen keinen Anlass zum Handeln sah, wird sich bei der nun anberaumten Befragung herausstellen“, sagt der Obmann der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Rainer Stickelberger.

Staatssekretär Baake hatte am Tag nach dem ersten bundesaufsichtlichen Gespräch mit Vertretern des baden-württembergischen Umweltministeriums und des Betreibers EnBW über das Abschalten des Atomkraftwerks verhandelt. Danach wurde das AKW für 12 Wochen abgeschaltet, um sämtliche Sicherheitsmängel, die im Zusammenhang mit dem Ereignis vom August 2001 standen, aufzuklären.

Weitere Zeugen bei der Sitzung des Untersuchungsausschusses „Atomaufsicht“ an diesem Mittwoch sind die Technischen Vorstandsmitglieder der EnBW Prof. Dr. Otto Hasenkopf und Dr. Udo Brockmeier, die u.a. zur mangelhaften Sicherheitskultur und den daraus resultierenden zahlreichen Pannen in den von der EnBW verantworteten AKWs befragt werden.

Rainer Stickelberger: „Die SPD vertritt eine eindeutig andere Sicherheitsphilosophie als Umweltminister Müller, dessen Behörde schönfärberische Rechenkünste über sicherheitsbewusstes Denken und Handeln stellt. Eine solche Atomaufsicht im Land, die in erster Linie die Interessen der AKW-Betreiber im Auge hat, statt die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zum obersten Leitprinzip ihres Handelns zu machen, jagt eher Angst ein, als dass sie uns Sicherheit garantiert.“

Stickelberger warf den Vertretern von CDU und FDP im Untersuchungsausschuss vor, sie hätten aus reiner Wahlkampftaktik eine frühere Anhörung von Bundesumweltminister Trittin verhindert. Aus Angst vor „unangenehmen Enthüllungen“ hätten sie alle nur denkbaren Tricksereien angewandt, um eine Anhörung Trittins vor der Bundestagswahl zu verhindern. Mit großer Deutlichkeit habe deshalb der Staatsgerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Auslegung des Untersuchungsausschussgesetzes durch den Ausschussvorsitzenden und die Ausschussmehrheit geltend gemacht. Diese Verzögerungstaktik sei allerdings (noch) nicht willkürlich, ein Verfassungsverstoß liege deshalb nicht vor. Diese Bedenken des Gerichtes gegen die Auslegung des Untersuchungsausschussgesetzes durch die Ausschussmehrheit sind für Stickelberger ein deutlicher Fingerzeig für die weitere rechtliche Behandlung dieses Streites. Nun müsse das Verwaltungsgericht klären, ob das Verhalten der Ausschussmehrheit wenn nicht verfassungswidrig, so doch rechtswidrig war.

Helmut Zorell

Pressesprecher