Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Fest steht: Ohne den beharrlichen Druck der SPD hier im Landtag, würden wir hier heute überhaupt keinen Gesetzentwurf von Regierungsseite zum Thema Karenzzeit von Regierungsmitgliedern beraten. Wir hätten die heutige Tagesordnung aber verschlanken können, wenn die Regierungskoalition einfach am 6. April dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion für ein ausgewogenes, gleichwohl wirkungsvolles Karenzzeit-Gesetz zugestimmt hätte.

Was die grün-schwarze Landesregierung hier vorgelegt hat, bleibt deutlich hinter den vollmundigen Ankündigungen der Regierungsfraktionen zurück.

Denn nach dem heute hier vorliegenden grün-schwarzen Gesetzentwurf bleibt es bedenkenlos, wenn ein ausscheidendes Regierungsmitglied unmittelbar eine Beschäftigung in einem Bereich aufnimmt, für die es in der Regierung fachlich zuständig war. Das ist aber exakt die Konstellation, in der während der Regierungstätigkeit erlangtes Insiderwissen im Anschluss zu Geld gemacht werden kann.

Dieser grün-schwarze Ansatz schadet dem neuen Koalitionsmotto der „Transparenz“. Das ist aber nicht verwunderlich, denn so soll nachträglich der grüne Ex-Energieminister Untersteller für seinen Seitenwechsel zu einer Hauptkonkurrentin der EnBW politisch rehabilitiert werden.

Vielleicht baut grün-schwarz angesichts der aktuellen Fliehkräfte auf der Regierungsbank auch weiter vor, um eine zeitnahe Anschlussverwendung für ausscheidende Ministerinnen und Minister nicht über Gebühr zu erschweren. Vielleich wird aus der „Lex Untersteller“ schneller als es vielen in den Reihen der Koalition lieb ist, noch eine „Lex Strobl“.

Wir wissen es nicht, wir warten hier gespannt auf die ersten Präzedenzfälle. Die grün-schwarze Regierungsperformance lässt eine Überlastungsanzeige der ehrenamtlich tätigen Regierungskommission zur Beurteilung der Karenzzeit-Fälle nicht unwahrscheinlich werden.

Und es ist ja nicht so, als ob wir – die SPD – mit unserer Kritik allein sind. Lobbycontrol findet das Gesetz – so wie es jetzt auf dem Tisch liegt – „fast wirkungslos“ und Transparency International verlangt zwingend „eine präzisere Formulierung (Schwäbische Zeitung 22. April 2022).“

Und so kann man der Schwäbischen Zeitung vom 22. April nur zustimmen, die den grün-schwarzen Gesetzentwurf als „Gesetz mit Gschmäckle“ überschreibt.

In einer denkwürdigen Woche hier im Landtag, in der grün-schwarz viel dafür getan, das Vertrauen der Menschen im Land in staatliche Institutionen und Ämter zu verspielen, müssen Sie sich jetzt die Frage stellen, ob Sie diese Strategie weitertreiben oder ob Sie über ihren Schatten springen und sich mit uns an einen Tisch setzen, um den Entwurf zum Karenzzeit an entscheidender Stelle gemeinsam nachzubessern.

Es gilt das gesprochene Wort