Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte in die heutige Debatte mit einer Aussage einsteigen, die Sie alle sicher schon einmal gehört haben. „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“ Dieser wichtige Satz von John F. Kennedy sollte Leitlinie für jeden und jede sein, der in der Politik Verantwortung trägt. Und wir müssen doch ganz sicher nicht mehr darüber reden, OB unsere Bildungslandschaft ganz dringend mehr Unterstützung braucht. Und auch die Frage nach dem WANN stellt sich nicht wirklich. Unser Vorschlag ist JETZT, so schnell wie möglich. Denn die Alarmzeichen aus Kitas und Schulen sind unüberhörbar.

Es dürfte eigentlich nur noch um die Frage gehen, wie wir dieses notwendige Geld investieren, um so schnell wie möglich die Dinge zum Besseren zu wenden. Und um die nötige Größenordnung der Hilfe klar zu machen, reden wir von einer BILDUNGSMILLIARDE. Ja, von einer MILLIARDE. Das ist das, was man in Berlin einen Wumms nennt. Übersetzung für die Landesregierung: Politik, die etwas BEWIRKT.

Und fangen Sie jetzt bitte bei dieser zentralen Aufgabe der Landespolitik nicht wieder beim angeblich fehlenden Geld an. Dieser Landtag hat der Landesregierung 14,6 Milliarden Euro bewilligt – zur Bewältigung der Corona-Krise UND IHRER FOLGEN. Und wenn wir bis heute negative Nachwirkungen der Schulschließungen erleben, wenn die Pandemie bestimmte Probleme unübersehbar gemacht hat – was bitte soll all das denn anderes sein, als eine Folge der Corona-Krise?

Haben Sie in den letzten Monaten mit SchulpsychologInnen oder Schulsozialarbeitern gesprochen? Beratungs- und Unterstützungsbedarf bei einer immer größeren Zahl von Schülerinnen und Schülern. Baden-Württemberg auf dem letzten Platz bei der Ausstattung der Schulen mit schulpsychologischer Hilfe. Antwort der Kultusministerin: Das muss ich mir mal anschauen. Vom Anschauen wird’s aber nicht besser, Frau Schopper. Von dem Geld, dass der Landtag ihr bewilligt hat, hat die Landesregierung noch 5,3 Milliarden Euro übrig. Und das wundert uns nicht, denn es sind auch noch AUFGABEN übrig.

Und wenn Sie glauben, Sie könnten sich jetzt mit fadenscheinigen Argumenten herauszureden, dass diese von uns geforderten Investitionen in Bildung nichts mit Corona zu tun hätten und sie das Geld evtl noch für anderes brauchen: Warum nehmen Sie dann nicht das Geld, das noch in Ihrer Kasse als Jahresüberschuss aus dem abgelaufenen Kalenderjahr 2022 vorhanden ist. Laut AbgeordnetenInformationssystem haben sie einen Überschuss von 6,6 Mrd €, ich wiederhole 6,6 Mrd € in Ihrer Kasse.

Das Märchen vom fehlenden Geld können wir also abhaken. Es geht hier nicht ums Bezahlen-Können, es geht hier schlicht um Ihren politischen Willen, endlich in Bildung zu investieren. Nun gibt es auch noch die, die behaupten, das Geld nütze nichts, weil man ja gar keine Lehrkräfte finden könne. Das ist schon in sich nicht richtig, weil in unserem Land immer noch viele Lehrkräfte auf der Straße stehen. Und ganz falsch liegt das Argument, wenn man sich anschaut, WAS für Fachkräfte fehlen. Schule ist heute mehr als ein Lehrerkollegium, zwei Sekretärinnen und ein Hausmeister.

Gerade weil wir nicht unbegrenzt Lehrkräfte finden, reden wir von multiprofessionellen Teams. Deswegen reden wir von Fachleuten für Schulsozialarbeit und Schulpsychologie. Deswegen reden wir von IT-Betreuern. Wer meint, in der Schule fehlen nur Lehrkräfte, hat leider nicht viel verstanden.

Haken wir auch dieses Märchen ab.

Und während hier nachher bestimmt wieder GEGEN eine Bildungsmilliarde gesprochen wird, spricht alles andere in Bund und Land DAFÜR. Da haben wir das Startchancen-Programm der Bundesregierung, übrigens auch mit einer Milliarde ausgestattet. Und hier geht es genauso um bessere und gerechtere Bildungschancen wie in den Aufrufen der ständigen wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz. Die fordert, die knappen Ressourcen bei den Lehrkräften besser zu nutzen. Warum also sollen Lehrerinnen und Lehrer Schul-IT verwalten müssen?

Und was tun Sie eigentlich dafür, dass die begrenzten Ressourcen in unserem Bildungssystem gerechter verteilt werden? Dass diejenigen Kinder, die heute schon keinen Kita-Platz bekommen, morgen nicht in überfüllten Klassenzimmern sitzen? Was tun Sie konkret gegen die Zustände, die die Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien noch weiter benachteiligen?

In Schulen von gestern gibt es keine Bildung für morgen. Da wird niemand widersprechen. Aber man wird sich fragen, warum Baden-Württemberg mit Ablauf der aktuellen Legislaturperiode dann über 10 Jahre bildungspolitisch aber auch bei der finanziellen Ausstattung des Bildungssystems auf der Stelle getreten ist und keinen Zentimeter vorwärts kam.

Wenn diese Landesregierung die massiven Probleme in der Bildung weiter nur aussitzen will, dann spielen wir mit unserer Zukunft!

Es muss etwas geschehen.

Mit einer Bildungsmilliarde geschieht etwas.

  • Mit einer Bildungsmilliarde könnten wir 1000 Lehrkräfte zusätzlich einstellen.

Und ja, es GIBT noch Gymnasiallehrkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Die könnten auch an anderen weiterführenden Schulen unterrichten, zum Beispiel in Gemeinschaftsschulen oder Realschulen.

  • Mit einer Bildungsmilliarde könnten wir unseren Schulen eine IT-Fachkräfteoffensive bieten. Lehrkräfte sollen LEHREN, sie sollen UNTERRICHTEN. Hier im Landtag wird die IT auch nicht nebenher von ein paar technikaffinen Abgeordneten geschmissen. Denken Sie doch mal nach, was Sie den Schulen aufbürden!
  • Mit einer Bildungsmilliarde gäbe es eine Fachkräfte-Offensive für die Kitas. Verwaltungs- und Hauswirtschaftskräfte zur Entlastung der Erzieherinnen und Erzieher. Mehr praxisintegrierte Ausbildung. Aufstockungsmittel und Rückkehrboni. Es hat immer auch mit Geld zu tun! Mit einer Bildungsmilliarde gäbe es zusätzliche Stellen für Schulpsychologie und einen Ausbau der Schulsozialarbeit. Und die braucht es: Drei Viertel der Eltern im Land fordern eindringlich mehr psychologische Beratungsangebote für ihre Kinder. Sie müssen nur zuhören!
  • Mit einer Bildungsmilliarde könnten wir auch die Grundschullehrkräfte besser bezahlen. Grundschulen sind immens wichtig, aber so lange wir sie nicht endlich nach A13 bezahlen, werden weiter Fachkräfte nach Bayern abwandern. Das ist das, was wir uns nicht leisten können, nicht das Gehalt
  • Und mit einer Bildungsmilliarde könnten wir multiprofessionelle Teams endlich flächendeckend einsetzen. Zur Unterstützung in der Lehre genauso wie bei Verwaltungsaufgaben, gerade auch bei den Schulleitungen.Dass es mehr Studienplätze im Lehramt braucht, eine größere Krankheitsvertretungsreserve, mehr Mittel zur Zusammenarbeit von Schulen und Vereinen haben wir schon oft genug erklärt. Und den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen möchte ich noch eines sagen: Wir haben eine wichtige und dringende Aufgabe. Aber wir haben zum Glück Geld, um sie zu lösen. Wenn etwas fehlt, dann fehlt der Wille, weil eine Regierungskoalition es sich im Nichtstun bequem macht.Wir haben aber keine Zeit für Ihre Gemütlichkeit. Keine Zeit, jahrelang auf Modellversuche zu warten, bei denen Sie feststellen, dass Unterricht meist deswegen ausfällt, weil die Lehrkräfte fehlen.

    Unsere Bildung braucht Hilfe. JETZT.

    Es gilt das gesprochene Wort

Ansprechpartner

Daniel Born
Stellvertretender Landtagspräsident

Dr. Stefan Fulst-Blei
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bildungspolitischer Sprecher

Lisa Rößner
Beraterin für Bildung, Jugend und Sport