Ute Vogt: „Wir müssen heute in die Zukunft unserer Kinder investieren, um Arbeitsplätze und Wohlstand von morgen zu sichern“

MdL Nils Schmid: „Als Beitrag zur Haushaltssanierung wollen wir die Ausschüttungen der LBBW ans Land erhöhen, die Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung reformieren und die Personalausgaben dämpfen“

Die SPD-Landtagsfraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung in Titisee-Neustadt auf die Schwerpunkte für den Doppelhaushalt 2007/08 verständigt. Da der Haushaltsentwurf der Landesregierung bisher nicht vorliege, habe die Fraktion lediglich Grundsatzentscheidungen über notwendige Investitionen und mögliche Einsparungen und Umschichtungen treffen können, so die Fraktionsvorsitzende Ute Vogt. Konkret bezifferbar sei bisher nur der zusätzliche Finanzbedarf für die von der Landesregierung gesperrten 521 Lehrerstellen, die von der SPD in den Haushalt wieder eingebracht würden.

Die SPD-Fraktion verfolge das ehrgeizige Ziel, durch Umschichtungen und Einsparungen zusätzliche Mittel zur Stärkung von Bildung, Ausbildung und Kinderbetreuung zu mobilisieren. „Wir wollen, dass jeder junge Mensch die gleichen Chancen auf Bildung, Ausbildung und Arbeit erhält.“
Bildungsinvestitionen heute sind nach den Worten von Ute Vogt in einer Wissensgesellschaft zugleich auch die Basis für die Arbeitsplätze und den Wohlstand von morgen. Mit diesem Schwerpunkt setze die SPD um, was sie im Wahlkampf versprochen habe. Die 100-Tage-Bilanz der neuen Regierung Oettinger dagegen zeichne sich insbesondere durch den Wahlbetrug bei der Bildungsfinanzierung aus.

Als größte Oppositionspartei zeige die SPD klare Alternativen auf zur Regierungspolitik, auch bei der Haushaltskonsolidierung, und beteilige sich an der Gestaltung des Landes. Die Nullverschuldung bis 2011 müsse in Baden-Württemberg erreicht werden, stellte Vogt fest. Deshalb sei es unabdingbar, dass zusätzliche Steuermehreinnahmen zum Abbau der Staatsschulden verwendet werden.

I. Zukunftsinvestitionen in Bildung, Ausbildung und Kinderbetreuung
Die SPD-Landtagsfraktion will im kommenden Doppelhaushalt die Grundschulen stärken, den Ganztagesschulen zusätzliche Mittel für pädagogisches Personal geben und den dringend nötigen Ausbau des Lehrstellenangebotes unterstützen. Auch der Ausbau der Kleinkindbetreuung soll nach dem Willen der SPD mit zusätzlichen Geldern vorangetrieben werden.

a) Verbesserung des Betreuungsangebotes für Kleinkinder
Die SPD will, dass Eltern Beruf und Familie miteinander vereinbaren können. Deshalb sollen zusätzliche Mittel für den Ausbau des Betreuungsangebotes für Kleinkinder bereitgestellt werden. Den Eltern soll im Anschluss an das Elterngeld ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot für ihre Kinder zur Verfügung stehen.

b) Sicherung der Unterrichtsversorgung
Die SPD will die aufgrund der Schülerentwicklung rechnerisch frei werdenden Lehrerstellen für bildungspolitische Maßnahmen verwenden. Die Grundschulen sollen gestärkt und die Unterrichtsversorgung an allen Schularten gesichert werden. Die SPD wendet sich damit gegen den Wahlbetrug von CDU und FDP, entgegen allen Wahlversprechungen nun doch über 500 Lehrerstellen zu sperren.

c) Ausbau der Ganztagsschulen
Die individuelle Förderung der Schüler ist am besten in Ganztagsschulen zu verwirklichen. Deshalb spricht sich die SPD dafür aus, das Ganztagsschulangebot an allen Schularten rasch auszubauen. Dies erfordert die Bereitstellung von zusätzlichem pädagogischem Personal, auch für die dringend nötige Schulsozialarbeit. Schulgeld durch die Hintertür lehnt die SPD entschieden ab.

d) Ausbildungschancen junger Menschen sichern
Jahr für Jahr gehen fast 30.000 Jugendliche bei der Lehrstellensuche leer aus. Mit einem Bündel von Maßnahmen will die SPD dafür sorgen, dass jeder junge Mensch, der sich anstrengt, einen Ausbildungsplatz erhält. Zusätzliche Plätze sollen durch ein Sonderprogramm des Landes geschaffen werden, durch stärkere Förderung von Ausbildungsverbünden, die Schaffung außerbetrieblicher Ausbildungsplätze, die Umwidmung der Mittel des Berufsvorbereitungsjahres (BVJ) in gezielte Fördermaßnahmen schon in der Schule und die Verknüpfung der dualen Ausbildung mit ergänzenden vollzeitschulischen Qualifikationen.

e) Hochschule 2012: Ausbauprogramm für Studienplätze
Unser Land und unsere Wirtschaft brauchen hoch qualifizierte junge Menschen, um wettbewerbs- und zukunftsfähig zu bleiben. Mit einem Ausbauprogramm bis zum Jahr 2012 sollen die notwendigen zusätzlichen Studienplätze geschaffen werden, wenn zwei Abiturientenjahrgänge gleichzeitig auf die Hochschulen zukommen.

II. Vorschläge für Einsparungen
Die SPD-Fraktion ist sich nach den Worten von Fraktionschefin Vogt darüber im Klaren, dass ein so ehrgeiziges Investitionsprogramm durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert werden muss. Auf der Klausurtagung in Titisee-Neustadt habe sich die Fraktion deshalb auch auf erste Eckpunkte für Einsparungen verständigt.

So schlägt die SPD u.a. vor, durch eine Reform des öffentlichen Dienstes die Personalausgaben zu dämpfen und die Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung in Kehl und Ludwigsburg in reguläre Fachhochschulen umzuwandeln. Die Ausschüttung der LBBW an das Land soll verdoppelt werden, die Schuldendiensthilfe für den Landesflughafen und die Imagekampagne will die SPD streichen.

Die Konstruktion der Landesstiftung hält die SPD-Fraktion unverändert für falsch. Es handle sich um einen Schattenhaushalt außerhalb des Landeshaushalts und die Gelder könnten nur für zeitlich beschränkte, steuerrechtlich gemeinnützige Zwecke verwendet werden, nicht aber für die Kernaufgaben des Landes, so Vogt. Aufgrund der Steuerverstrickung der Landesstiftung halte die SPD-Fraktion eine kurzfristige Auflösung aus finanziellen Erwägungen jedoch nicht für sinnvoll.

Die SPD fordert die Landesregierung aber auf, eingehend zu prüfen, ob die Landesstiftung nach einer 10-jährigen Haltefrist von 2009/10 an tatsächlich steuerschonend aufgelöst werden kann, wie dies der Bund der Steuerzahler in die Diskussion gebracht habe.

III. SPD-Finanzexperte Nils Schmid: Einzelheiten zu den Einsparvorschlägen

1. Landesbeteiligungen
Bei den Beteiligungen des Landes spielen nach Auffassung des finanzpolitischen Sprechers der Fraktion, Dr. Nils Schmid, neben strategischen und infrastrukturellen Zielen auch Fragen der Wirtschaftlichkeit und Rentierlichkeit des eingesetzten Kapitals eine Rolle. Vor diesem Hintergrund hält die SPD-Fraktion die bisherige Ausschüttung der LBBW an den Landeshaushalt für deutlich zu niedrig. Die jährliche Ausschüttung der Landesbank an das Land in Höhe von rund 27 Mio. Euro sei bei einem Vermögenswert des Landes an der LBBW von mindestens 4 Mrd. Euro und der erfreulich guten Gewinnentwicklung der Bank überhaupt nicht angemessen. Die SPD-Fraktion fordert deshalb die Landesregierung auf, sich für eine deutliche Aufstockung der Ausschüttung einzusetzen. Für die Haushalte 2007 und 2008 soll mindestens eine Verdoppelung der bisherigen Ausschüttung erzielt werden.

Auch die Beteiligung des Landes an den Flughäfen dürfe angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der landesbeteiligten Flughäfen nicht länger ein Zuschussgeschäft aus Steuermitteln sein. Deshalb fordert die SPD kurzfristig für den Doppelhaushalt die Streichung der Schuldendiensthilfe des Landes an den Landesflughafen Stuttgart von derzeit jährlich 5,9 Mio. Euro für dessen Beteiligung am Flughafen in Söllingen. Mittelfristig erwartet die SPD eine Ausschüttung des Landesflughafens an das Land.

2. Sachausgaben
Die seit vielen Jahren laufende Imagekampagne des Landes, für die das Land pro Jahr rund 5 Mio. Euro ausgebe, müsse eingestellt werden. „Den Schulen die Mittel für wichtige Entwicklungen zu verweigern, sich selber aber eine üppige Werbekampagne zu gönnen, das passt schon lange nicht mehr zusammen“, so Schmid.

3. Dämpfung der Personalausgaben
Bei einem Personalkostenanteil von über 40 Prozent am Landeshaushalt kann ein Umschichtungskonzept für Bildung, Ausbildung und Betreuung nach Ansicht der SPD nicht ohne Einsparungen bei den Personalausgaben erfolgen. Die SPD habe deshalb auch Maßnahmen zur Dämpfung der Personalausgaben beschlossen, teilte Schmid mit.

Die SPD schlägt u.a.vor, die von der Landesregierung für 2007 vorgesehene Einmalzahlung für Pensionäre in Höhe von 200 Euro zu streichen. Dies bringt eine Einsparung für den Landeshaushalt in Höhe von 11 Mio. Euro. Angesichts der anhaltenden Nullrunden bei den gesetzlichen Renten ist eine Nullrunde für Pensionäre vertretbar.

Anpassung der Beihilfe an die Regelungen der gesetzlich Versicherten
Die Abrechnungssätze für privatversicherte beihilfeberechtigte Beamte sind höher als für Patienten der gesetzlichen Krankenkassen. Entsprechend höher sind die hälftigen Aufwendungen der Beihilfe aus Steuermitteln. Die Ärzte berechnen Privatpatienten nach der Bundesgebührenordnung generell den Faktor 2,3 – in begründeten Fällen auch mehr. Dem Regelsatz der gesetzlichen Krankenkasse entspräche demgegenüber etwa ein Abrechnungsfaktor von 1,7. Die Beihilfe soll deshalb nach den Vorstellungen der SPD den Abrechnungssätzen der gesetzlich Versicherten angepasst werden.

Durch diese Anpassung der Beihilfe können nach Berechnungen der SPD etwa 15 bis 20 Prozent der Beihilfekosten des Landes und damit jährlich rund 120 bis 160 Mio. Euro eingespart werden. Eine kurzfristige Einsparung für den anstehenden Doppelhaushalt ist wegen der notwendigen Änderung von Bundesrecht schwierig. Die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung mit Blick auf die mittelfristige Finanzplanung aber auf, schnellstmöglich eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Änderung der Gebührenordnung der Ärzte auf den Weg zu bringen.

Umwandlung der Anwärterstruktur der Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung und Finanzen in reguläre Fachhochschulen
Die Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg und Kehl bilden Beamtenanwärter für das Land und die Kommunen aus, die mit dem Status des Beamtenanwärters entsprechende Bezüge erhalten. Gleichzeitig führt diese Struktur zu einer einseitigen Orientierung dieser Fachhochschulen auf den öffentlichen Dienst. Beim Finanzministerium sind Anwärterbezüge in Höhe von rund 11 Mio. Euro eingestellt, beim Innenministerium rund 20 Mio. Euro. Beim Innenministerium erstatten allerdings die Kommunen rd. 19 Mio. Euro.

Die SPD will diesen Anwärterstatus abschaffen, die Studierenden sollen wie reguläre Studierende behandelt werden. Die Praxisphase beim Land oder den Kommunen absolvieren sie als Praktikanten. Die Fachhochschulen können ihr Ausbildungsspektrum über den öffentlichen Dienst hinaus ausweiten. Land und Kommunen sparen Anwärterbezüge.

Helmut Zorell
Pressesprecher