Redemanuskript Sascha Binder
Aktuelle Debatte „Verschärfung des Waffenrechts – Ein Generalverdacht gegen alle Waffenbesitzer“

am 14. November 2019

Sehr geehrte Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

insgesamt ist die Zahl der Besitzer egaler Waffen in Deutschland rückläufig und dennoch ist eine besorgniserregende Entwicklung zu beobachten: die Zahl von Waffen in den Händen von Rechten steigt deutlich an.

Bei Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtsmotivierten Straftaten ist die Polizei im Jahr 2018 auf 1.091 Waffen gestoßen. Das waren deutlich mehr als im Jahr zuvor (2017), als die Ermittlerinnen und Ermittler 676 Waffen sicherstellten (so Zahlen des Bundesinnenministeriums aus dem September 2019).

Der Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft sprach von einer „massiven Aufrüstung und Bewaffnung der rechtsradikalen Szene“, die sich auf militante Angriffe auf Minderheiten, politische Gegner und Repräsentanten des Staates vorbereite. Ihr Ziel ist die Einschüchterung der Gesellschaft und Vertreibung von Menschengruppen.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz berichtete vor einigen Tagen im Innenausschusses des Bundestags, dass aktuell 910 Rechtsextremisten rechtmäßig im Besitz eines Waffenscheines seien. Die Zahl steigt damit weiter an (Ende 2018: 792) und das obwohl im vergangenen Jahr 570 Rechtsextremisten ein Waffenschein entzogen wurde.

Mit dieser Entwicklung haben sich auch die NSU-Untersuchungsausschüsse in Baden-Württemberg beschäftigt. Der Untersuchungsausschuss NSU II stellte fest, dass der Waffenbesitz von Rechtsextremisten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Waffen zur Bekämpfung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, insbesondere auch des Staates und seiner Organe vor allem der Polizei einsetzen. (vgl. Abschlussbericht UA NSU II BW, S. 1051).

Deshalb forderte der baden-württembergische Untersuchungsausschuss in seinen Empfehlungen genau das, worauf sich die Bundesregierung nun verständigt hat: zukünftig soll eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz erfolgen, wenn sich eine Person eine Waffe anschaffen will.

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist eine große Herausforderung unserer Zeit. Wir brauchen einen starken Staat, der mit wirksamen Instrumenten ausgestattet sein muss, um zu verhindern, dass Waffen in die Hände von Extremisten gelangen. Die Regelabfrage beim Verfassungsschutz ist ein wichtiger Schritt, um gegen die Bewaffnung der rechten Szene vorzugehen. Darüber hinaus sind aber weitere Maßnahmen erforderlich, zum Beispiel die Vollstreckung von Haftbefehlen, die zum Teil schon seit Jahren gegen Rechtsextreme bestehen, das Verbot von rechtsextremen Vereinen, eine konzertierte Aktion zur Entfernung von Rechtsextremen aus dem öffentlichen Dienst und ein noch größeres Engagement im Bereich der Prävention.

Es ist gut, dass die Bundesregierung die ohnehin anstehende Novellierung des Waffenrechts und die Umsetzung einer EU-Richtlinie in nationales Recht dazu nutzt, auch den Waffenbesitz bei gewaltgeneigten Extremisten und hier insbesondere Rechtsextremisten anzugehen. Es geht uns nicht darum, Jäger und Sportschützen unter Generalverdacht zu stellen.

Dass sich der Bundestag nun dennoch mit einer Verschärfung des Waffenrechts befasst, ist schon länger geplant. Das Regelungsvorhaben dient der Umsetzung der EU-Richtlinie 2017/853.

Die Richtlinie verfolgt drei Ziele, die im Zusammenhang mit den Terroranschlägen von Paris im Januar und November 2015 stehen:

  • Erstens sollen Schusswaffen und deren wesentliche Teile über den gesamten Lebenszyklus hinweg im Geltungsbereich des Waffengesetzes behördlich verfolgt werden können.
  • Zweitens soll der illegale Zugang zu scharfen Schusswaffen erschwert werden.
  • Drittens soll die Nutzung von legalen Schusswaffen zur Begehung terroristischer Anschläge erschwert werden.

Zur Erreichung der Ziele erhält die Richtlinie eine Reihe von Vorgaben, die durch die Mitgliedstaaten umzusetzen sind. Unter anderem werden die Kennzeichnungsanforderungen für Waffen erhöht, sodass Schusswaffen mittels verschiedener Maßnahmen besser rückverfolgbar sein sollen.

Hierzu wurde der Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vorgelegt.

Die erste Lesung des Gesetzentwurfs fand am 17. Oktober 2019 im Bundestag statt, danach wurde der Gesetzentwurf in den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Die Diskussionen dazu finden also gerade statt, auch darüber an welcher Stelle möglicherweise Sportschützen, Jäger und auch die Polizei von Bürokratie entlastet werden können bzw. wo Ausnahmen für Jäger und Sportschützen möglich sind. Ich denke hierbei zum Beispiel an das Verbot großer Magazine, hier wäre es sicherlich sinnvoll nach praktikablen Lösungen zu suchen, die Altbestandsregelungen und eine weniger bürokratische Anzeige des Magazinbesitzes ermöglichen.

Auch über die Empfehlung des Bundesrates, dass für die Bedürfnisprüfung des Waffenbesitzes als Grundregel gelten soll, dass jede Waffe 18 mal innerhalb von drei Jahren benutzt werden soll, wird in Berlin aktuell noch diskutiert.

Es bleibt noch einiges zu tun, um zu ausgewogenen Lösungen im Umgang mit legalen Waffen zu kommen.

Abschließend möchte ich aber auch daran erinnern, so wie es auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert, dass wir auch einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von illegalen Waffen legen müssen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Melbeck Fraktion
Malin Melbeck
Parlamentarische Beraterin für politische Planung und Strategie, Parlamentsrecht, Stellvertretende Fraktionsgeschäftsführerin