Sehr geehrte Frau Präsidentin,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Es geht heute nicht um die „Causa Untersteller“. Genauso wenig, wie es vor zwei Jahren um die „Causa Ratzmann“ ging.

Es geht darum, mit dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion endlich eine Karenzzeit einzuführen, die für Mitglieder der Landesregierung nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt gilt.

Und wir haben diesen Gesetzentwurf wieder auf die Tagesordnung gebracht, weil besonders der grüne Teil dieser Landesregierung in dieser Sache seit Langem viel verspricht und kaum etwas hält.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Grundsatz dürften wir uns einig sein: In einer Demokratie hat man Ämter auf Zeit. Es gibt ein Leben vor der Politik und – das wünsche ich allen – auch ein Leben danach. Schon deshalb muss ein Wechsel aus einem Regierungsamt in eine andere Erwerbstätigkeit möglich sein. Mehr noch, so ein Wechsel ist im Grunde völlig in Ordnung.

Was wir mit unserem Gesetzentwurf für ein Karenzzeitgesetz verhindern wollen, sind Zweifel, ob eine spätere Karriere nach der Politik nicht auf die Amtsführung in der Politik durchschlägt.

Ob nicht Amtswissen zu rasch privat verwertet wird. Was wir verhindern wollen, ist Schaden für das Vertrauen in die Politik und in die Integrität der Landesregierung.

Mit unserem Gesetzentwurf schlagen wir Ihnen ein transparentes Verfahren vor. Zum einen mit einer Anzeigepflicht während und nach dem Amtsverhältnis und mit der Möglichkeit, dass diese Beschäftigung eben erst nach einer Karenzzeit beginnen kann. Nach einem Jahr oder in Ausnahmefällen nach 18 Monaten. Nicht in jedem Fall, aber immer dann, wenn die neue Beschäftigung in Bereiche fällt, für die ein Regierungsmitglied im Amt zuständig war. Wie zum Beispiel jetzt im Falle Untersteller.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir meinen, unser Land braucht eine solche Regelung. Andere Länder haben sie schon: Hamburg und Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen…

Und der Bund hat so eine Regelung auch. Unser Gesetzentwurf lehnt sich eben an jenes Karenzzeitgesetz des Bundes an, das die frühere Bundesregierung aus CDU und SPD bereits vor sieben Jahren eingeführt hat.

Der Effekt war auch die Abkühlphase für Sigmar Gabriel, der Effekt war auch, dass vor Kurzem dem ehemaligen parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, eine Karenz von 12 Monaten auferlegt wurde. Erst danach kann er Vizepräsident beim Deutschen Olympischen Sportbund werden.

Hier im Land aber ist noch nichts geregelt. Wir von der SPD bereits im Juni 2020 einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.

Ich erinnere mich an die Beratung und an das, was der Grüne Kollege Hentschel damals so schön sagte: „Das Thema war und ist uns Grünen schon immer wichtig.“ Später konnte man dann in der Grünen PR lesen: „Wir wollen #Lobbyregister, #Karenzzeit & #Offenlegung von Nebeneinkünften! Wir brauchen klare Regeln!“

Im Oktober 2020 hieß es dann, es komme ein eigener Gesetzentwurf, viel grüner als unserer. Das ist weit über ein Jahr her, aber passiert ist seither exakt nichts. Naja: Die wichtigsten Regeln aus dem SPD-Gesetz stehen jetzt im grün-schwarzen Koalitionsvertrag, auf Seite 96, um genau zu sein. Leider wissen wir, dass das noch nicht viel heißen muss.

Warum muss man die Grünen in dieser Frage erst zum Jagen tragen? Über Sigmar Gabriels Wechsel in die Wirtschaft hat sich der Kollege Hentschel damals lautstark moniert, obwohl mir nicht ganz klar ist, was ein Großschlachter mit dem Auswärtigen Amt zu tun hat. Aber Franz Untersteller bei einem Energieversorger, der sogar noch in Konkurrenz zur EnBW steht – das geht in Ordnung?

Liebe Kolleginnen und Kollegen bei den Grünen, ich hoffe Sie überraschen uns nicht mit dem Plan, eine Karenzzeit so lange zu verbummeln, bis alle derzeitigen Regierungsmitglieder ein warmes Plätzchen in der Wirtschaft gefunden haben.

Überraschen Sie uns lieber, indem Sie Ihren Worten endlich Taten folgen lassen. Wir sind für jeden vernünftigen Vorschlag offen.

Vielen Dank!