Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Diese Pandemie entwickelt sich weiter, und deswegen müssen sich auch unsere Antworten auf diese Pandemie weiterentwickeln. Und es muss sich auch die Art weiterentwickeln, wie wir diese Antworten finden.
Und ich sage Ihnen: Dass wir schon heute hier im Landtag über eine Beratung von Bund und Ländern am gestrigen Abend informiert werden, ist eine Weiterentwicklung. Und die begrüßen wir.
Und wir reden heute über die nötigen Antworten auf eine fünfte Welle dieser Pandemie, die erst im Anrollen ist, die wir aber bereits in anderen Ländern beobachten können. Wir reden heute über das, was erst noch kommt. Das ist zumindest ein kleiner zeitlicher Vorteil, und auch das ist eine Weiterentwicklung, die wir sehr begrüßen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am Horizont zieht Sturm auf. Und wir tun gut daran, uns alle so schnell und gut wie möglich darauf vorzubereiten. Und ich denke, auch hier und an dieser Stelle müssen wir uns weiterentwickeln.
Wir haben keine Zeit, uns in diesem Haus aus politischen Farbenspielen heraus zu beharken. Wir haben ein Virus zu bekämpfen.
Und deswegen ist es auch nicht die Zeit, dass ich der Landesregierung vorhalte, was man gegen die Pandemie alles anders oder besser hätte machen können in den vergangenen Wochen, Monaten, Jahren. Nicht, weil es nicht wahr wäre, sondern weil es nichts bringt im Kampf gegen die fünfte Welle.
Was jetzt zählt, ist gemeinsames Handeln, ein Zusammenwirken der demokratischen Kräfte in diesem Land. Und deswegen: Herr Minister Lucha, es werden schon noch Leute nass beim Anstehen um Impfungen, aber es sind viel weniger als vor ein paar Wochen, es ist wirklich besser geworden. Und die Idee, die Integrationsmanager als Impfbotschafter zu schulen, ist eine gute Idee.
Und nur an einem Punkt kann ich mir bei der Rückschau auf die vergangenen Tage einen Appell an die Landesregierung nicht verkneifen: Bitte tragen Sie Sorge dafür, dass unsere Polizistinnen und Polizisten bei ihrer Arbeit so gut wie nur irgend möglich geschützt werden. Szenen wie in Mannheim wollen wir alle nicht mehr sehen. Und wer, auch aus der größten geistigen Verwirrung heraus, die Einsatzkräfte unseres freiheitlichen Landes angreift, der muss dafür zur Rechenschaft gestellt werden. Das wünsche ich mir genauso, wie ich allen bei ihren Einsätzen verletzten Polizistinnen und Polizisten eine rasche und vollständige Genesung wünsche.
Herr Ministerpräsident Kretschmann,
wenn ich eben gesagt habe, dass es nicht die Zeit ist, um sich aus parteistrategischen Gründen zu beharken, dann meine ich das nicht nur für diesen Landtag. Ich glaube, dafür haben wir auch im Bund keine Zeit.
Wir brauchen Pandemiebekämpfung und kein Parteigedöns.
Es bringt nichts, wenn wir unsere Kraft in diesem Landtag auf das Fingerzeigen verschwenden. Es bringt aber auch nichts, wenn Sie das auf Bundesebene tun. Es bringt nichts, wenn Sie, nun nicht mehr mit Bayern, sondern mit Sachsen, über den Bund und die anderen Länder schimpfen. Es bringt so wenig, wie es dem Bund und den anderen Ländern bringt, auf Sachsen und Baden-Württemberg mit den jeweils miserablen Impfquoten zu zeigen. Bringt uns das auch nur einen Millimeter weiter? Nein, das ist Klappern ohne Handwerk.
Oppositionsgehabe aus Prinzip ist in dieser Lage nicht gefragt. Nicht in diesem Haus, aber auch nicht in der Bund-Länder-Runde, die Sie ja schon mit geballter Faust betreten haben. Sie werfen sich in eine Oppositionsrolle, und das ohne Grund. Gehören Sie zu einer anderen grünen Partei als der, die in Berlin an der Regierung ist?
Auch das bringt uns keinen Millimeter voran.
Was uns voran bringt, ist nur das Handeln. Und dieses Handeln lässt sich nicht ersetzen. Nicht durch Vorwürfe und nicht durch Wehklagen. Auch nicht durch reine Begrifflichkeiten: Das Virus wird doch nicht allein durch das Ausrufen epidemischer Notlagen bezwungen! Wichtig ist, an den richtigen Stellen zu handeln, und wie gut und konsequent man da handeln kann, zeigen uns doch andere Bundesländer, gerade erst Hamburg.
Und Herr Ministerpräsident, in Ihrem viel zitierten Werkzeugkoffer sind schon noch einige Werkzeuge, die sie noch gar nicht angefasst haben.
Bei den von Kontaktbeschränkungen ausgenommen Jugendlichen bleibt Baden-Württemberg bisher deutlich lockerer als andere Länder, bei uns gilt alles erst ab 18 und nicht wie anderswo ab 14.
Und bei uns gibt es keine Regeln für Religionsgemeinschaften. Der Innenminister redet dann von den großen Kirchen, aber die vielen kleinen Freikirchen mit Coronaskeptikern hat er vergessen und die eine oder andere Moscheegemeinde auch. Wenn Sie das ändern wollen, sind wir bei Ihnen.
Herr Ministerpräsident, das Virus kennt keine Symbole, deswegen sind auch keine Symbole gefragt. Nächtliche Ausgangssperren für Ungeimpfte hatten wir doch schon in den Hotspots, aber da gab es doch schon wieder so viele Ausnahmen, dass es beim Symbol blieb.
Und Sie selbst, Herr Ministerpräsident, haben immer wieder betont, dass wir nicht hinter jeden Bürger einen Polizisten stellen können und das auch gar nicht wollen. Also tun wir doch nicht so, als ob die ganze Pandemiepolitik jetzt an einem Schritt hinge, der kaum mehr ist als ein Begriff.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
was wir in den kommenden Wochen brauchen, ist eine Gemeinschaftsleistung der überwältigenden Mehrheit. In der Politik, in der Gesellschaft, im Bund, im Land, in den Kommunen.
Wir müssen impfen statt schimpfen, wir müssen Vorsicht walten lassen nicht aus Furcht vor dem Staat, sondern aus Vernunft und Einsicht und aus Rücksicht auf unsere Mitmenschen. Und wir müssen denen, die diese Einsicht und Rücksicht nicht aufbringen, in geeigneter Weise begegnen.
Wir müssen sie aufklären, müssen sie überzeugen. Und, da hat der Ministerpräsident recht, für einige wird es auch eine Verpflichtung brauchen.
Während einige Zigtausend demonstrieren, lassen sich Millionen boostern, halten sich Millionen an die Regeln und versuchen, diese Pandemie zu bezwingen. Als Ärztinnen und Ärzte, Helferinnen und Pfleger, als Bürger oder Mitglieder in Vereinen, in der Wirtschaft, den Schulen, dem Handel.
All diese Menschen haben unseren Dank verdient. Und sie haben verdient, dass dieses Land handelt.
Handeln Sie. Wir machen mit!
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.