Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in den vergangenen Wochen und Monaten hat sich bei der Landesregierung ja ein neuer Begriff eingebürgert. Wenn wir Sozialdemokraten auf mögliche Versäumnisse aufmerksam machen, wenn wir Missstände ansprechen, dann ist von „OPPOSITIONSREFLEXEN“ die Rede. Ich sage Ihnen ehrlich: Mit diesem Begriff können wir bei der SPD gut leben. Wir sind in der Opposition und wir tun das, was eine Opposition tun soll. Wissen Sie, womit wir nicht gut leben können? Dass Sie in der Regierung sind, aber nicht das tun, was eine Regierung tun soll.

Sie stören sich an unseren Oppositionsreflexen? Ich sage Ihnen: Es wäre dringend nötig, wenn Sie einige Regierungsreflexe zeigen würden! Aber davon sehen wir nichts. Wir haben fünf Jahre nichts davon gesehen, wir haben seit dem Frühjahr nichts davon gesehen und wir sehen auch in diesem Haushalt nichts.

Und deswegen passt dieser Haushalt nicht. Er passt nach Baden-Württemberg und er passt nicht ins Jahr 2022. Er passt nicht zu den Aufgaben dieses Landes und er passt auch nicht zu seinen finanziellen Möglichkeiten. Er passt nicht einmal zu all den großen Zielen, die diese Landesregierung sich selbst gesetzt hatte. Zu dem großen Aufbruch, zu dem Grün-Schwarz plötzlich fähig sein wollte.

Herr Finanzminister Bayaz, Sie haben diesen Haushalt als einen Haushalt der Stabilität bezeichnet: „Keine großen Sprünge“. Das ist befremdlich. Sind Sie nicht ab und zu in Baden-Württemberg unterwegs? Haben Sie nicht den Eindruck, es gibt da Gebiete, auf denen unser Land endlich große Sprünge nötig hätte? Und ich sage es gleich zu Beginn: Ja, dieses Land und diese Landesregierung KÖNNEN GRÖSSERE SPRÜNGE MACHEN!

Baden-Württemberg hat auch besonders große Kraft, und die zeigt sich an der Kassenlage dieses Landes. Ein Land, dessen Wirtschaft bisher dank ihrer Stärke und kluger Hilfen des Bundes sehr gut durch die Coronakrise gekommen ist. Ein Land, dessen Wirtschaftswachstum deutlich über dem Bundesschnitt bleibt.

Sie haben allein an Überschüssen Milliarden zur Verfügung, Sie haben Milliarden an Rücklagen. Diese Landesregierung steht finanziell so gut im Futter, dass Sie fast 17 Milliarden Euro an genehmigten Krediten gar nicht anfassen musste. Baden-Württemberg geht es finanziell besser als fast jedem anderen Land, es geht ihm besser als dem Bund und besser als seinen Kommunen.

Dieses Land gibt seiner Regierung viel Handlungsspielraum. Aber Sie nützen ihn nicht aus. Es scheint, als überfordere sie die Idee, Dinge anzupacken. All das soll mit diesem Haushalt der Lustlosigkeit kaschiert werden, frei nach dem Motto: „Wir brauchen keine Lösungen, denn wir können sie ja eh nicht bezahlen“. Da wird der Finanzminister ein Kulissenschieber, der verdecken soll, woran es dieser Regierung fehlt: Nicht an Geld, sondern an Ideen! Und deswegen sollten Sie sich über unsere Oppositionsreflexe freuen.

Ich werde versuchen, diese Ideen ganz grob unter drei Punkten zu gliedern, die wir Sozialdemokarten auch für drei zentrale Ziele halten: Zukunft, Zuversicht und Respekt.

Unter Zukunft verstehen wir mehr als das Fortschreiten der Zeit, dem man als Politiker einfach zuschaut wie der Frosch dem Wetter. Unter Zukunft verstehen wir, dass man Fortschritt in die Hand nimmt, dass man Wandel steuert und gestaltet. Das muss sein. Und wie das genügend Menschen in dieser Bundesrepublik auch so sehen, kündigt sich in Berlin eine neue Koalition an, die mit diesem Fortschritt ernst machen will.

Niemand fühlt sich mehr im Stillstand wohl. Niemand steht mehr auf der Bremse. Und alle trauen sich große Sprünge zu! Bei der Zukunft werden wir uns über die Bedeutung eines Themas sicher einig: Schutz von Umwelt und Schutz vor menschengemachtem Klimawandel. Und ja, selbst bei diesem Thema, das den Grünen gewiss am Herzen liegt, sollten wir endlich mal Nägel mit Köpfen machen.

Gehen wir doch endlich mal einen ordentlichen Schritt zu einer echten Verkehrswende und sorgen für ein 365-Euro-Ticket nicht nur für junge Menschen! Und wenn wir Ihnen vorschlagen, hier in einem ersten Schritt noch einmal 20 Millionen Euro zusätzlich auszugeben, dann kann doch niemand ernsthaft behaupten, dafür fehle das Geld!

Und Geld wäre auch für andere konkrete Schritte da: Höhere Zuschüsse an die Energieagenturen, ein anständiges Förderprogramm für Batteriespeicher mit Photovoltaik, mehr Geld für Biodiversität, da gibt es Lücken, die lassen sich ohne große Not schließen, wenn man das will. Vielleicht wollen Sie aber etwas ganz anderes. Der Verkehrsminister hat uns ja einen Brief geschrieben mit der Bitte, sich in Berlin für mehr Geld für die Radschnellwege einzusetzen. Und es ist genau derselbe Verkehrsminister, der in seinem eigenen Haushalt 2022 die Mittel für Radschnellwege kürzt. Entschuldigung, da weiß ich nicht mehr, was Sie wollen!

So verwirrend sieht das bei Zielen aus, für die die Grünen sich immer stark machen. Wie sieht es dann erst woanders aus? Die Antwort: Zappenduster.

Zu dem Megathema BILDUNG steht so gut wie gar nichts im Entwurf. Und das macht mich fassungslos. Haben Sie denn immer noch gar nichts begriffen? Nach Corona? Nach den verheerenden Noten in den Bildungsrankings? Angesichts der katastrophalen Lehrerversorgung? Der massiven Unterrichtsausfälle? Meinen Sie, Sie könnten das einfach so weiterverwalten?

Besetzen Sie 200 Stellen für einen Ausbau der Krankheitsreserve an allen Schulen. Nehmen sie 8,2 Millionen Euro in die Hand und sorgen Sie endlich für eine Weiterbeschäftigung von Lehrerinnen und Lehrern über die Sommerfreien! Und sorgen Sie für Hilfe an den Schulen, die mehr ist als ein lieber Gruß aus Stuttgart: Pädagogische Assistenzen und zusätzliche Lehrkräfte.

Und die großen Sprünge, die Sie nicht machen wollen, wären auch bei den Kitas im Land dringend nötig. Lauter könne die Hilferufe doch gar nicht wehr werden. Es braucht ein Hilfspaket, ein SOS-Sofortprogramm. Zahlen Sie noch mehr Zuschüsse für die Praxisintegrierte Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, die wir so dringend nötig brauchen in diesem Land! Und noch ein Tipp: Mit gerade zehn Millionen Euro könnten Sie einen Fonds zur Anmietung zusätzlicher Räumlichkeiten für Kitas schaffen. Noch einmal: Geld dafür wäre da, und darüber lasse ich mich auch nicht belehren. Nicht von einer Landesregierung, die sich ja offensichtlich selbst nicht im Klaren über ihren Kassenstand ist. Denn wie Sie mit dem Geld umgehen, scheint vollkommen zufällig zu sein.

Bleiben wir bei der Zukunft: Sie erzählen uns, Sie holen ausländische Fachkräfte nach Baden-Württemberg, indem Sie ungenehmigte Plakate im Land aufhängen lassen und innerhalb Ihrer Fanblase gelbe Stofftaschen verkaufen. Das heißt bekanntlich „The Länd“ und kostet 20 Millionen Euro. Das ist schon fast die Hälfte des Betrags, mit dem Sie die Studiengebühr für ausländische Studentinnen und Studenten abschaffen könnten. Und wissen Sie was? DAS wäre eine echte Initiative, um hoch qualifizierte Leute ins Land zu bringen. Ganz ohne gelbe Stoffbeutel.

Und weil 20 Millionen Euro bei der Kampagne ja nicht so weh tun, komme ich Ihnen beim Wording entgegen: Mit nur einmal „Länd“ könnten Sie auch erheblich zur besseren Digitalisierung der Hochschulen beitragen. Auch das wäre echte Imagewerbung, denn momentan erleben Studierende von anderswo ein digitales Entwicklungs-LÄND. Und auch mit den Pandemiefolgen dürfen Sie die Studierenden nicht alleine lassen. Mehr psychotherapeutische Angebote bei den Studierendenwerken wären bitter nötig.

Aber diese Landesregierung erkennt nicht die Zeichen der Zeit. Wieder und wieder haben Sie Geld für die Corona-Folgen gefordert, gerne am Landtag vorbei, immer mit nebulösen Gründen, man müsse Vorsorge treffen. Und dann? Dann haben Sie dieses Geld oft gar nicht ausgegeben, weil Konzepte wie Ihr Beteiligungsfonds nicht nachgefragt wurden. Sie sitzen auf Milliardenmöglichkeiten, und nun rühmen Sie sich, wenn sie 500 Millionen Euro Tilgungen schaffen.

Die SPD fordert nicht von Ihnen, dass Sie das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster werfen. Wir fordern aber, dass in dieses Land investiert wird, wo es dringend nötig ist.

Und wir fordern, dass Sie bei der Bewertung von Kosten nicht mit zweierlei Maß messen, ja nachdem, ob es ein Lieblingsprojekt der Regierung ist oder nicht.

Und wie sehr Sie mit zweierlei Maß messen, kann sogar richtig widerlich werden. Sie wollen die Mittel des Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung kürzen, um ZEHNTAUSEND EURO zu sparen? Ich muss Sie wirklich fragen: Geht’s noch? Wie können Sie so etwas vorschlagen? Im Jahr 2021 und in einem Land, indem wir zunehmend mehr Übergriffe gegen jüdisches Leben haben?

Ich sage Ihnen: Eine Landesregierung, die sich selbst beim Stellenaufwuchs so großzügig bedient, die hat das Geld, die Mittel für den Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung wie angemessen zu erhöhen, um 50 Prozent, das sind 60.000 Euro. Und weil wir bis jetzt beim Punkt Zukunft waren: Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft nie wieder über so etwas reden müssen in diesem Haus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
„Zuversicht“ ist der nächste Punkt, unter dem wir unsere Anmerkungen zusammengefasst haben. Zuversicht steht bei uns dafür, unser Land auf die kommenden Herausforderungen einzustellen. Und in Baden-Württemberg müssen wir eben ganz besonders viel dafür tun, das kann man nicht oft genug wiederholen. Nirgendwo sonst schlägt der Wandel in der Automobilindustrie so ein wie bei uns, nirgendwo sonst müssen sich die Firmen so schnell mit Wandel auf den Exportmärkten Schritt halten.

Das wissen Sie auch, das muss ich Ihnen nicht erklären. Ich muss Ihnen aber offensichtlich erklären, dass diese Transformation und dieser Wandel nicht allein vom Markt bewältigt wird. Gerade unser Land muss auf diesem Weg auch die Beschäftigten mitnehmen, es muss massiv die Weiterbildung und die Qualifizierung voranbringen. Und das ist keine Operation der Volkswohlfahrt! Wir erleben jetzt schon, wie Firmen im Land volle Auftragsbücher haben, aber die Lager mit den Rohstoffen leer bleiben. Wie es an Mikrochips fehlt. Wir können es uns nicht leisten, dass morgen qualifizierten Beschäftigten fehlen!

Im Bund setzt sich eine Politik durch, die das verstanden hat, und in Berlin reden wir über eine Weiterbildungsrepublik. Aber alles, was für die ganze Republik gilt, gilt doch für Baden-Württemberg noch viel mehr. Warten Sie nicht darauf, dass man Sie schiebt. Schieben Sie mit! Das Land sollte dringend in einen Weiterbildungsfonds einsteigen. Für neue Qualifizierung von Facharbeiterinnen und Facharbeiter ebenso wie für die Weiterbildung von Geringqualifizierten. Wir schlagen in einem ersten Schritt eine Finanzierung in Höhe von 25 Millionen Euro vor.

Und wer meint, das sei zu viel, der hat nicht verstanden, was auf uns zukommt. Wir brauchen ein Land, das im Wandel ein Gewinner bleibt. Und dafür müssen nicht nur Ministerien und Chefetagen mitmachen, sondern ALLE. Und das geht, wenn die Menschen diesen Wandel nicht als Gefahr sehen, sondern als Chance. Wenn sie erleben, dass sie in diesem Wandel nicht alleine gelassen werden.

Daran wird man diese Landesregierung einst bewerten, nicht daran, ob Sie 2022 etwas mehr getilgt haben als geplant.

Und genauso wie diese Zuversicht haben die Menschen in diesem Land auch Respekt verdient. Respekt vor ihrer Leistung, die dieser Landesregierung solche Handlungsspielräume beschert. In Baden-Württemberg wird geschafft, und dafür sollte sich eine Landesregierung revanchieren, indem sie mitschafft!

Schaffen Sie daran, dass dieses Land nicht nur bei Produktion und Wertschöpfung Spitzenplätze belegt, sondern auch wieder bei der Versorgung, in der Medizin, in der Pflege, bei der Integration. Und dass man in diesem Land anständig leben und wohnen kann, auch wenn man kein Millionär ist. Wir haben ein Wohnungsproblem, mit das größte in ganz Deutschland. Das verbiegt ganze Lebenspläne! Wir Familien, die weit entfernt von den Orten wohnen müssen, an denen ihr eigentlicher Lebensmittelpunkt ist. Wir haben abenteuerliche Pendlerdistanzen. Wir ersticken in Staus. Und was tun Sie? Sie haben ein eigenes Ministerium geschaffen haben. Als ob dadurch die Mieten sinken und neue Wohnungen vom Himmel fallen würden.

Schaffen Sie keine Ministerien, schaffen Sie Wohnraum, und schaffen Sie viel davon! Wir möchten in diesem Haushalt 300 Millionen Euro für den Wohnungsbau sehen. Alles andere ist Klein-Klein und ein Hohn angesichts der Lage im Land..

Respekt heißt auch, dass Sie begreifen, was dieses Land im Zuge der Pandemie mitgemacht hat und weiter mitmacht. Sie können helfen, anstatt alleine den Bund machen zu lassen und dann noch zu jammern, dass es nicht reicht.

Wir brauchen deutlich mehr Mittel in der Kinder- und Jugendhilfe, erhebliche Anstrengungen in der Schulsozialarbeit. Wir müssen mehr im Integrationsmanagement tun.

Und Respekt haben auch die Menschen verdient, die jeden Tag und jede Nacht für Sicherheit sorgen in unserem Land: Unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Dieser Respekt bedeutet, dass wir Übergriffe und Gewalt gegen die Beamtinnen und Beamten endlich stoppen. Angriffe auf die Angehörigen der Polizei, aber auch auf Rettungs- und Hilfskräfte dulden wir nicht!

Respekt vor der Leistung der Polizei bedeutet aber auch, dass die Arbeit der Polizei gut bezahlt wird. Deshalb fordern wir, dass die längst überfällige Erhöhung der Zulage für Dienst an Wochenenden und Feiertagen endlich auf mindestens 5 Euro erhöht wird.

Es gibt keinen Grund, dass Baden-Württemberg hier knausriger ist als die meisten anderen Länder, das hat unsere Polizei nicht verdient!

Und Sie sollten auch noch Geld auftreiben, um die Lücken in der Versorgung zu schließen, die uns die Pandemie noch deutlicher gemacht hat. Wir fordern 50 Millionen Euro für ein Sonderprogramm Digitalisierung in den Krankenhäusern, 100 Millionen Euro für den Ausbau der Kurzzeit- und Tagespflege, häuslicher Pflege und für die Ausbildungskosten.

Wir fordern, dass Sie die sozialen Dienste von den Tafeln bis zu den Frauenhäusern und Hospizen deutlich stärker unterstützen.

All das hat nicht nur mit Respekt zu tun, sondern auch mit dem Zusammenhalt der Gesellschaft, den der Ministerpräsident ja immer fordert. Fordern Sie’s nicht nur, FÖRDERN Sie’s!

Und ein letztes Mal: All diese Investitionen sind nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, sie sind ein Muss. Und darum darf diese Regierung nicht andauernd Pflicht und Kür verwechseln.

Und sie darf sich nicht hinter der Aussage verstecken, man habe kein Geld. Nicht diese Regierung, die sich selbst auf Rekordgröße aufgeblasen hat, damit es genügend Posten gibt. Wissen Sie, wo Sie wirklich noch ein paar Stellen schaffen könnten? Sorgen Sie für 300 zusätzliche Fachkräfte in der Steuerverwaltung und der Betriebsprüfung. Das kostet Sie gute 20 Millionen Euro. Aber es bringt viel mehr als ein Meldeportal. Es bringt mehr Steuergerechtigkeit und bis zu 300 Millionen Euro mehr. Jahr für Jahr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Vieles passt nicht bei diesem Haushalt. Er passt nicht in diese Zeit mit Ihren gewaltigen Aufgaben vom Klimaschutz bis zu Corona, vom Wandel der Wirtschaft bis zur Wohnungsnot. Der Haushalt passt nicht zur Lage an den Schulen und Kitas, er passt nicht zu den Nöten unserer Krankenhäuser. Er passt nicht zu den Sorgen, die viele angesichts der Zukunft haben.

Er passt auch nicht zur Kassenlage dieses Landes, indem immer noch erfreuliche Spielräume vorhanden sind. Man könnte handeln, und dann wäre auf jeden Fall schon mal etwas getan. Aber lieber jammert man im Voraus, vielleicht auch ohne Grund. Wir können das Geld heute nicht ausgeben, weil wir übermorgen vielleicht weniger haben. In der Wirtschaft kommt man so nicht voran, in diesem Land auch nicht. Dieser Haushalt passt nicht einmal zu dem Finanzminister, der ihn einbringt. Im April dieses Jahres hielt der Noch-nicht-Minister Danyal Bayaz eine Rede auf dem Parteitag der Grünen in Heilbronn. Und er sprach damals sehr engagiert darüber, dass es grundfalsch sei, sinnvolle Investitionen zu begrenzen.

Herr Finanzminister, sie redeten von einem gigantischen Bedarf an Investitionen. Für ökologische Modernisierung, für die Kommunen, für die Bildung und Forschung, die Digitalisierung, die Infrastruktur. Und solche Investitionen, haben Sie gesagt, könne man nicht einfach von der Kassenlage abhängig machen.

Umso weniger, da solche Investitionen on the long run zu mehr Steuereinnahmen führten.  Und dann haben Sie sogar noch über die Schuldenbremse gesprochen. Ich zitiere aus Ihrer Rede: „Wenn die CDU lernfähig wäre, dann würde sie aufhören, die Schuldenbremse ideologisch zu überhöhen, dann würde sie sich weniger an der schwäbischen Hausfrau als an der schwäbischen oder badischen Unternehmerin orientieren, die ans investieren denkt“.

Herr Finanzminister, in Heilbronn hätte ich Ihnen in weiten Strecken applaudiert, im April, vor einem starken halben Jahr. Aber was ist seither mit Ihnen passiert? In Heilbronn haben Sie überzeugt gesprochen und auch überzeugend. Als sie diesen Haushalt vorgestellt haben, hatte man diesen Eindruck wahrlich nicht. Wessen Rede mussten Sie da vorgelesen? Ihre eigene KANN es nicht gewesen sein!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch am Ende einer nicht ganz kurzen Rede sollte eine klare Botschaft stehen. Umso mehr, da einige in diesem Haus solche Reden gerne missverstehen oder sogar missverstehen wollen.

Wir werfen dieser Landesregierung nicht vor, alles falsch zu machen. Wir werfen ihr nicht einmal vor, die Zukunftsaufgaben dieses Landes nicht zu begreifen. Der Grundfehler ist aber, dass Sie die Dimensionen dieser Aufgaben nicht begreifen.

Wir werfen Ihnen auch vor, die gebotene Eile nicht zu begreifen. Es reicht nicht, wenn eine Landesregierung nur Denkanstöße liefert, ein Pilotprojekt hier und ein Dialog dort.

Die Dynamik des Wandels ist gewaltig, hier und da sind wir bereits ins Hintertreffen geraten, und dann kann ich nicht darauf hoffen, dass sich das in den kommenden Jahrzehnten von alleine richtet. Wir müssen Ergebnisse schaffen, und zwar schnell. Wir müssen mehr tun als andere Länder, und das umso mehr, weil wir nicht nur den Anschluss halten, sondern wieder an die Spitze wollen. Diese Landesregierung könnte handeln, viel mehr, als sie das tut. Denn unser Land steht wesentlich besser da als andere Länder. Besser als der Bund.

Sie können also mehr tun als anderswo, und Sie MÜSSEN auch mehr tun als anderswo. Schneller, entschlossener, in größeren Dimensionen, mit mehr Tatkraft.

Sie werden sagen, dass Sie das schon tun. Und ich sage Ihnen: Es reicht nicht einmal im Ansatz, und es wird weder der Lage im Land noch der Lage ihrer Kasse gerecht.

Wir stehen vor einem gewaltigen Berg von Aufgaben. Den müssen Sie abarbeiten und das möglichst rasch.

Und dafür habe ich Ihnen einen Tipp: Hören Sie auf, an diesem mit dem Teelöffel zu fummeln.

Holen Sie den Bagger aus der Garage.

Vielen Dank.

Es gilt das gesprochene Wort.