MdL Rainer Stickelberger: „Im ‚Kinderland’ Baden-Württemberg werden Mütter und Väter abgestraft und der Innenminister wollte dies vertuschen“
Vorwürfe der SPD durch Regierungsantwort bestätigt
Mit scharfer Kritik reagiert die SPD-Landtagsfraktion auf die unhaltbaren Zustände bei der Umsetzung der Verwaltungsreform. Der Innenminister habe die familienfeindliche Blockadepolitik etlicher Landkreise bei der Übernahme von Beschäftigten der Vermessungsverwaltung gezielt vertuschen wollen, so der Vorwurf des SPD-Verwaltungsexper¬ten Rainer Stickelberger. Noch am 8. April hatte der Innenminister auf einen entsprechenden Vorhalt der SPD gegenüber dpa behauptet, ihm seien „keine Fälle bekannt“, in denen Mütter nach dem Familienurlaub von den Landkreisen von jeglicher Beschäftigung ausgesperrt und nicht in den Kommunaldienst übernommen würden.
Nun aber musste Rech in seiner Antwort auf einen Parlamentsantrag der SPD einräumen, dass ihm gleich zwanzig solcher Fälle bekannt sind. Betroffen seien die Landkreise Esslingen (8 Fälle), Reutlingen (2 Fälle), Schwäbisch Hall (3 Fälle) und Lörrach (6 Fälle). Der Landrat des Alb-Donau-Kreises hat sich nach der öffentlichen Kritik durch die SPD-Fraktion inzwischen dem Druck gebeugt und sich bereit erklärt, eine bereits im Januar aus dem Familienurlaub zurückgekehrte Beschäftigte doch zu übernehmen.
Stickelberger: „In seiner Regierungserklärung hat Ministerpräsident Oettinger das Kinderland Baden-Württemberg ausgerufen. In Wirklichkeit aber werden Mütter und Väter bestraft und die Verwaltungsreform entpuppt sich als Familienfalle.“
Im Verwaltungsstrukturreformgesetz wurde festgeschrieben, dass die Landkreise nach dem Grundsatz der einseitigen Freiwilligkeit Beschäftigte übernehmen müssen, die vom Landesdienst in den Dienst der Landkreise wechseln möchten. Die SPD fordert deshalb den Ministerpräsidenten auf, sich persönlich darum zu kümmern und dem unwürdigen Postengeschacher zwischen Land und Landkreisen zu Lasten der Familien schleunigst ein Ende zu bereiten.
In seiner Antwort auf den Parlamentsantrag der SPD hat Innenminister Rech auch den Verdacht der SPD bestätigt, dass zumindest einer der Landkreise, der die Übernahme einer Beschäftigten abgelehnt hat, vom Land Mittel nach dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) für mehr Stellen zugewiesen bekommen hat als er tatsächlich Stellen besetzt hat. Um welchen Landkreis es sich handelt, wollte Rech allerdings nicht sagen. Widerrufen musste der Innenminister auch seine frühere Behauptung, der Fall der nach dem Mutterschaftsurlaub vom Alb-Donau-Kreis ausgesperrten Beschäftigten sei ihm nicht bekannt.
Stickelberger: „Kleinlaut hat Rech nun unsere frühere Darstellung bestätigt, dass es zu diesem Vorgang damals sogar einen intervenierenden Brief des Wirtschaftsministers an den Innenminister gegeben hat. Der Innenminister hat also die Öffentlichkeit getäuscht und den untragbaren Zustand zu vertuschen versucht.“
Die SPD fordert die Landesregierung auf, den Finanzstreit mit den Landkreisen über die Kosten der Übernahme von Beschäftigten unverzüglich zu beenden. „Es ist skandalös und unakzeptabel, dass dieser Streit überwiegend auf dem Rücken von Müttern und Vätern ausgetragen wird“, so Rainer Stickelberger. Dass das Innenministerium „im Einvernehmen“ mit dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium mit den betroffenen Landkreisen „in einem intensiven Dialog“ stehe (Antwort Rech auf den SPD-Antrag), lasse allerdings keine allzu großen Hoffnungen auf eine rasche familienfreundliche Wende der Landespolitik aufkommen, so der SPD-Verwaltungsexperte.
Pressesprecher