Rede Dr. Boris Weirauch zu LTMG

Plenum, 16.12.2020

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

als das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz auf Betreiben der SPD im Jahr 2013 in Kraft getreten ist, war dies wegweisend und ein Meilenstein für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land.

Mit der Einführung des LTMG war Baden-Württemberg der Zeit voraus: wir hatten noch vor der Einführung des bundesweiten allgemeinen Mindestlohns eine Lohnuntergrenze bei Aufträgen der Öffentlichen Hand festgesetzt. 8,50 EURO waren das damals.

Es war die Zielsetzung des Gesetzes, einerseits den Beschäftigten einen Mindestlohn zu garantieren, andererseits aber auch der Vorbild-Funktion, die die öffentliche Hand hat, und nach unserer Auffassung auch haben sollte, gerecht zu werden. Die SPD stand und steht dafür ein, dass gerade auch im öffentlichen Sektor der Wettbewerb nicht auf dem Rücken von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgetragen wird.

Mit dem Regierungswechsel zu Grün-Schwarz wurde dann aber deutlich, welche Bedeutung diese Maxime sowohl für Grüne als auch für die CDU hat. Nämlich keine.

Nach der überfälligen Einführung des bundesweiten Mindestlohns im Jahre 2014 wurde das LTMG 2017 versteckt im Rahmen einer Novellierung des Naturschutzgesetzes durch Grün-Schwarz durch die Hintertür mehr oder weniger zu einem Papiertiger gemacht, indem mit den Stimmen der Regierungsfraktionen die Kommission, die den vergabespezifischen Mindestlohn festlegen und damit erhöhen kann, abgeschafft wurde und damit der vergabespezifische Mindestlohn in Baden-Württemberg auf Gedeih und Verderb an den allgemeinen Mindestlohn gekoppelt ist. Vor ein paar Wochen hatte Grün-Schwarz nochmals bekräftigt, dass höhere Löhne und Stärkung der Tarifbindung bei dieser Landesregierung keine Priorität haben. Grün-Schwarz bleibt damit seiner Linie treu, jeglichen Anspruch auf eine konkrete Verbesserung der Situation der vielen Menschen in Baden-Württemberg, die jeden Tag hart arbeiten und am Ende des Tages nicht wissen, wie sie die Miete bezahlen sollen, verloren haben (falls sie ihn jemals hatten, was berechtigterweise bezweifelt werden darf).

Wollen Sie ernsthaft bestreiten, dass wer im Großraum Mannheim oder Stuttgart lebt und arbeitet, mehr zum Leben braucht, als jemand in Schwerin oder Greifswald. Diese Menschen dürften von einer baden-württembergischen Landesregierung mehr erwarten, als dass sie sich aus reiner Machtarithmetik der grün-schwarzen Komplementärkoalition mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner zufriedengibt. Wir als SPD wollen, dass Baden-Württemberg bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Vorbild ist, und dass gerade öffentliche Gelder nur für Aufträge ausgegeben werden, bei denen der Lebenswirklichkeit in unserem Land angemessene Löhne gezahlt werden.

Denn es ist doch so: ein Gesetz, das bei der Vergabe öffentlicher Aufträge faire Bedingungen festschreibt, schützt nicht nur Beschäftigte, sondern schützt auch redliche Unternehmen vor schwarzen Schafen, die mit Dumpinglöhnen den Markt ruinieren.

Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf einen vergabespezifischen Mindestlohn für Baden-Württemberg, der zumindest die Einstiegsstufe des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder nicht unterschreitet.

Wenn der Landtag unserem Gesetzentwurf zustimmt, würden wir damit bei öffentlichen Aufträgen ab dem 1.1.2021 eine Lohnuntergrenze von 12,77 EUR einziehen. Durch die standardisierte Orientierung am TV-L würde es nach unserem Gesetzentwurf regelmäßige Anpassungen geben, so dass die Lohnuntergrenze mit den Lebenshaltungskosten Schritt hält.

Wir wollen mit unseren Gesetzentwurf zudem Regelungen zu treffen, dass sich auch nicht-tarifgebundene Unternehmen an bestehenden Tarifverträge orientieren müssen, wenn sie sich um öffentliche Aufträge bemühen. Tarifflucht darf sich für Unternehmen nicht bezahlt machen. Auch bei formellen oder materiellen Privatisierungen durch Städte und Gemeinden muss zukünftig ein Verbot der tariflichen Schlechterstellung gelten.

Darüber hinaus muss die Einhaltung der Vorschriften des LTMG stärker kontrolliert werden, mit einem etwas gründlicheren Ansatz, als eine reine Bestätigung durch den Auftragnehmer. Schwarze Schafe werden nur dann bekehrt, wenn die Gefahr hoch ist, entdeckt und bestraft zu werden.

Wir bringen heute einen eigenen Gesetzentwurf für die Verbesserung des LTMG in den Landtag ein, weil die Landesregierung offenkundig und wider besserer Kenntnis nicht die richtigen Schlüsse aus der Evaluierung des Gesetzes zu ziehen vermag.

Wir bauen mit diesem Entwurf dennoch eine Brücke ins Regierungslager bauen und hoffen hier auf eine – wenn auch späte – Einsicht. Wir erheben keine unerfüllbare Forderungen, sondern befürworten eine Weiterentwicklung des LTMG zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. Für eine Stärkung der Tariftreue und einen eigenen baden-württembergischen Mindestlohn, der den allgemeinen Mindestlohn deutlich übersteigt. Das wäre ein starkes Signal aus dem Landtag ins Land, gerade auch in dieser schweren Krise.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Ansprechpartner

Sven Plank
Berater für Wirtschaft, Arbeit, Tourismus