Ute Vogt: „Wir wollen umfassend aufklären, wie es zu dem unverantwortlichen Umgang der Regierung mit Kulturgütern und Landesvermögen kommen konnte“

Untersuchungsausschuss soll auch Empfehlungen für den künftigen Umgang mit Kulturgütern geben

Die SPD-Landtagsfraktion hat heute den Untersuchungsauftrag für den Untersuchungsausschuss zum Umgang der Landesregierung mit den badischen Kulturgütern beschlossen. Der Antrag der Fraktion zu „Einsetzung und Auftrag des Untersuchungsausschusses“ gemäß Artikel 35 der Landesverfassung trägt den Titel „Das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden beim Erwerb von Kunst- und Kulturgütern aus dem vermuteten oder tatsächlichen Eigentum des Hauses Baden“.

Die SPD will laut Einsetzungsantrag das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden in drei Komplexen untersuchen:
 bei der Übereinkunft mit dem Haus Baden über den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern
 bei der Frage, ob und wie versucht wurde, Klarheit über die Eigentumsverhältnisse der infrage stehenden Kunst- und Kulturgüter zu erhalten
 bei der materiellen und finanziellen Umsetzung einer Vereinbarung mit dem Haus Baden über den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern.

Ute Vogt: „Die SPD hat zusammen mit vielen engagierten Kulturschaffenden und Bürgerinnen und Bürgern dazu beigetragen, dass die Landesregierung von dem ursprünglich geplanten Verkauf wertvollster Handschriften abrücken musste. Dass die Regierung Oettinger danach in ihrer Not mit Millionenaufwand Kulturgüter von nationaler Bedeutung zurückkaufen wollte, die dem Land längst gehören, ist an Verantwortungslosigkeit gegenüber unserem gemeinsamen kulturellen Erbe kaum noch zu überbieten.“

Der Untersuchungsausschuss soll deshalb umfassend Ursachen und Verantwortung für das Versagen der Landesregierung und der gesamten Administration in der Kulturpolitik aufklären und daraus Konsequenzen für künftiges Handeln ziehen. Diese Aufklärung sei umso dringlicher, da die Landesregierung mit dem geplanten Rückkauf von Landeseigentum trotz einer äußerst angespannten Haushaltslage leichtfertig Landesvermögen in Millionenhöhe preisgeben wollte.

Der erkennbaren Strategie der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, den Untersuchungsausschuss als unzulässig abzulehnen, da er sich auf Regierungshandeln beziehe, das noch nicht abgeschlossen sei, widerspricht die SPD entschieden unter Hinweis auf die Folgeaktivitäten der Landesregierung.

Ute Vogt: „Wer im Kabinett eine „Drei-Säulen-Lösung“ zur Finanzierung des Kulturgüterankaufs beschließt, wer eine Benefiz-Gala gemeinsam mit dem SWR anschiebt, Spendenkonten einrichtet und in der Landesstiftung den Beschluss über einen 10-Millionen-Euro-Beitrag zum Bilderankauf herbeiführt, der kann nicht mehr so tun, als ginge es nur um vage Gedankenspiele.“

Der Untersuchungsauftrag im Einzelnen
In dem vierseitigen Antrag zur Einsetzung und zum Auftrag des Untersuchungsausschusses verlangt die SPD-Landtagsfraktion die Hinzuziehung aller Akten, die für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags von Bedeutung sind. Untersucht werden sollen insbesondere folgende Vorgänge:

 Auf welche Kunst- und Kulturgüter im Einzelnen bezog sich die Übereinkunft zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Baden, die Gegenstand des Kabinettsbeschlusses vom 9. Oktober 2006 war
 Wer auf Seiten der Landesregierung war an den Verhandlungen des Landes mit dem Haus Baden beteiligt, die zu dieser Übereinkunft führten
 Wurde von Seiten der Landesregierung die finanzielle Situation des Hauses Baden insgesamt geprüft, die nach den Angaben der Landesregierung Ursache und Ausgangspunkt der gemeinsamen Verhandlungen war
 Auf welchen Grundlagen wurden die Gegenstandslisten erarbeitet, die der Übereinkunft mit dem Haus Baden zugrunde liegen, wer war verantwortlich, wer war beteiligt
 Wurde das Gutachten, auf das sich die Landesregierung bei der Beurteilung der Eigentumsfrage bezog, ergebnisoffen in Auftrag gegeben oder sollte diese Expertise die mit dem Haus Baden ausgehandelte Übereinkunft rechtlich absichern
 Warum wurde bei der Klärung der Eigentumsfragen auf den Rat namhafter Wissenschaftler verzichtet
 Wie kommt die 300-Millionen-Euro-Schätzung der Landesregierung für die fraglichen Kunst- und Kulturgegenstände im vermuteten Eigentum des Hauses Baden zustande
 Treffen die Summen zu, die in der Übereinkunft der Landesregierung mit dem Haus Baden für die Sanierung der Salemer Liegenschaften (30 Millionen Euro) und als Kapitalstock der auffangenden Stiftung (40 Millionen Euro) als notwendig erachtet werden

Von dieser Sachverhaltsaufklärung erwartet die SPD für die Zukunft Verhaltensregeln für den Umgang mit Kulturgütern, insbesondere wenn deren Eigentum umstritten ist. Das jetzt erkennbar gewordene Muster jedenfalls, wonach Eigentumsverhältnisse just zu dem Zeitpunkt für unaufklärbar erklärt werden, da das Haus Baden eine finanzielle Notlage anmeldet, sei unverantwortlich. Deshalb müsse im Untersuchungsausschuss geklärt werden, ob der geplante Ankauf von Kulturgütern, die teilweise schon seit Jahrzehnten in Landesbesitz sind, (auch) aus Gefälligkeit gegenüber dem Haus Baden geschah.

Ute Vogt: „Wenn ein einziger Gang ins Archiv genügt, um der Landesregierung eine falsche Rechtsbehauptung und allein im Falle der Markgrafentafel von Hans Baldung Grien eine 8 Millionen teure Fehleinschätzung der Eigentumsfrage nachzuweisen, dann hat das Parlament die Pflicht, das Regierungshandeln auf den Prüfstand zu stellen.“

Als Mitglieder entsendet die SPD-Fraktion in den 10-köpfigen Untersuchungsausschuss die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion, Helen Heberer aus Mannheim, als ihren Obmann den stv. Fraktionsvorsitzenden Nils Schmid, der als Jurist und Finanzexperte insbesondere die Vermögensinteressen des Landes im Auge haben wird, sowie den Karlsruher Abgeordneten Johannes Stober, der auch Mitglied des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst ist.

Helmut Zorell
Pressesprecher