Die SPD-Landtagsfraktion hat sich auf ihrer Fraktionssitzung in Ulm am 5. März 2002 eingehend mit dem Vorschlag des Landtagspräsidenten zur Neuordnung der Funktionszulagen befasst. Nach den Worten von Fraktionschef Wolfgang Drexler hat sich die Fraktion dabei auf folgende Eckpunkte verständigt:

1. Die SPD-Landtagsfraktion ist bereit, die Neuordnung der Funktionszulagen auf der Basis des Kompromisses vorzunehmen, den der Landtagspräsident und die vier Fraktionsvorsitzenden am 26. Februar 2002 erzielt haben und der nach Ansicht des Gutachters, Professor Dr. Paul Kirchhof, mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes vom 21. Juli 2000 vereinbar ist.

Im Kern sieht dieser Vorschlag vor, dass künftig höchstens 30 v. H. der Mitglieder einer Fraktion mit bezahlten Sonderfunktionen betraut werden können.

Diese Höchstgrenze wird von der SPD-Landtagsfraktion schon derzeit nicht überschritten. Damit ist klar, dass die von der SPD-Fraktion derzeit bezahlten Zulagen bereits jetzt verfassungskonform sind, wenngleich diese Regelungen im Abgeordnetengesetz und im Fraktionsgesetz noch gesetzlich verankert werden müssten.

2. Durch den Koalitionsstreit zwischen CDU und FDP über die Umsetzung des Kompromisses zur Neuordnung der Funktionszulagen ist für die SPD allerdings eine neue Situation entstanden. Da eine neue Regelung im Konsens aller Fraktionen erfolgen sollte, müssen jetzt zunächst die Regierungsfraktionen klären, ob sie den am 26. Februar 2002 erzielten Kompromiss überhaupt noch umsetzen wollen.

Sollte dies nicht der Fall sein, so gibt es nach dem im Auftrag des Landtagspräsidenten erstellten Gutachten von Professor Kirchhof nur eine verfassungskonforme Alternative: Der Landtag entscheidet sich für das „Vollzeitparlament“ mit der Konsequenz, dass die Entschädigung für alle Abgeordneten auf ein angemessenes Niveau angehoben wird – zusätzliche Berufseinkünfte also nicht erforderlich sind – und Funktionszulagen außer an Fraktionsvorsitzende grundsätzlich nicht mehr gewährt werden.

3. Die vom Gutachter als verfassungsrechtlich klarste Lösung dargestellte Alternative eines „Vollzeitparlamentes ohne Funktionszulagen“ bestätigt im Übrigen die Haltung der SPD, die schon seit langem dafür eintritt, die Abgeordnetenentschädigungen im Landtag von Baden-Württemberg einschließlich der Versorgungsregelungen grundlegend neu zu ordnen.

Dabei muss nach Ansicht der SPD-Fraktion auch mit dem unhaltbarem Zustand Schluss gemacht werden, dass im baden-württembergischen Landtag als einzigem Parlament unter den Flächenstaaten Deutschlands ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis (z. B. als Landrat, Oberbürgermeister, Schulleiter, Behördenvorsteher) und das Mandat gleichzeitig ausgeübt werden können. Die SPD hält die Unvereinbarkeit von öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis und Mandat unter den Voraussetzungen eines modernen Parlamentes für zwingend, um Interessenkollisionen zu vermeiden und gravierende Ungerechtigkeiten bei der Entschädigung von Abgeordneten zu unterbinden.

4. Sollte die Umsetzung des bisher erzielten Kompromisses zur Neuregelung der Funktionszulagen im Landtag von Baden-Württemberg aufgrund koalitionsinterner Streitereien scheitern, dann ist aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion der Weg frei für eine grundlegende Neuordnung der Abgeordnetenentschädigungen unter Einschluss der Versorgungsbezüge und der Einführung einer Unvereinbarkeit von öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis und Mandat im Landtag von Baden-Württemberg.

Die SPD ist jederzeit bereit, darüber mit den anderen Fraktionen Verhandlungen aufzunehmen. Die SPD vertritt dabei den Standpunkt, dass Neuregelungen beim Abgeordnetenstatus wie auch bei anderen parlamentarischen Regelungen nicht dem Koalitionszwang unterliegen sollten.gez. Helmut Zorell

Fraktionssprecher