MdL Dr. Rainer Prewo: „BIDs sind ein Instrument zur wirtschaftlichen und sozialen Renaissance der Städte“
Landesregierung soll endlich die Rechtsgrundlage für die Einrichtung und Finanzierung von BIDs schaffen
Mit neuen Konzepten will die SPD-Landtagsfraktion den Einzelhandel in den Innenstädten und Stadtteilzentren stärken und die Qualität von Stadtquartieren verbessern. Dr. Rainer Prewo, Sprecher der Fraktion für Handwerk und Mittelstand, fordert die Landesregierung auf, so genannte Business Improvement Districts (BID) landesrechtlich zu ermöglichen. Über solche BIDs könnten Geschäftsleute und Kommunen gemeinsam gegen das Ausbluten der Innenstädte vorgehen, sobald die Rechtsgrundlagen für deren Einrichtung und Finanzierung vom Land geschaffen seien, so Prewo. Über den wirtschaftlichen Vorteil hinaus sieht Dr. Prewo in BIDs auch die Chance, die soziale und kulturelle Identität von Innenstädten, Stadtteilen und Wohnquartieren zu sichern.
Aufgaben von BIDs sind etwa das gemeinsame Marketing, die Organisation gemeinsamer Veranstaltungen und Besucherinformationen, Investitionen in die Sauberkeit, Beleuchtung und Gestaltung von Fußgängerzonen, die Organisation und Finanzierung von Sicherheitsmaßnahmen sowie die Entwicklung und Weiterentwicklung von Standortkonzepten. Dies alles sei aber nur möglich, so Dr. Prewo, wenn die wirtschaftlichen Akteure und die kommunalen Stellen das Ziel gemeinsam verfolgen und gut zusammenarbeiten.
Prewo, der auch Oberbürgermeister von Nagold ist, bezeichnete BIDs als ein hervorragendes und bewährtes Instrument, mit dem Gewerbetreibende und Grundstückseigentümer in Zusammenarbeit mit den Kommunen die Standortqualität und damit die Vitalität innerstädtischer Geschäftsquartiere sichern oder zu neuem Leben erwecken können.
Prewo: „Dem bedrängten Einzelhandel in den Innenstädten wird mehr geholfen, wenn die Landesregierung rasch die rechtlichen Voraussetzungen für BIDs schafft, statt den Ladenschluss völlig frei zu geben, was der Verlagerung von Kaufkraft auf die grüne Wiese nur Vorschub leistet.“
Bisher habe Wirtschaftsminister Pfister bei BIDs noch nicht viel mehr zustande gebracht, als eine Anhörung anzukündigen und eine Studie in Auftrag zu geben, kritisiert Prewo.
BIDs sind ein in Nordamerika entwickeltes und inzwischen in etlichen Bundesländern übernommenes Konzept, auf dessen Grundlage sich Planungs- und Investitionsgemeinschaften von Hauseigentümern, Geschäftsleuten und kommunalen Verwaltungen in einer besonderen Form von Öffentlich-Privater-Partnerschaft zusammenschließen. Ziel ist es, in räumlich klar abgegrenzten gemeinsamen Projekten die Attraktivität innerstädtischer Standorte zu steigern.
Dr. Prewo: „Innenstädte haben mit ihrem Ambiente viel mehr Potenzial als die künstlichen Zentren. Mit BIDs kann der urbane Erlebniswert erheblich gesteigert werden, sie sind ein Instrument zur Renaissance der Städte.“
Einkaufszentren und Outlets auf der grünen Wiese steigerten gerade durch ihr einheitliches Management den Kundennutzen und damit ihre Attraktivität, in den Innenstädten seien BIDs die passende Antwort darauf.
Wie ein BID entsteht
BIDs können und sollen nur dort entstehen, wo der große Teil der Gewerbetreibenden und Grundstückseigentümer mitmacht. Nur wenn eine gesetzlich festzulegende Mehrheit von ihnen davon überzeugt werden kann, dass sie von den durch BIDs erzielbaren Verbesserungen über Umsatzsteigerungen, mehr Kunden und Wertsteigerungen ihrer Immobilie profitieren, könnten BIDs in lokal abgegrenzten innerstädtischen Bereichen eingeführt werden, so der SPD-Wirtschaftsexperte.
„Ein BID kann nur entstehen, wenn die Einzelhändler dahinter stehen. Das ist eine hohe Hürde, zugleich aber auch die Basis des Erfolgs.“
Nach den Worten Prewos müssen Geschäftsinhaber und Grundstückseigentümer ein BID nicht nur wollen und bereit sein, selbst zu investieren. Sie müssten auch die konkreten Maßnahmen, das Budget, den eigenen finanziellen Beitrag und die Dauer des BID festlegen und es dann bei der Gemeinde beantragen. Diese prüfe, ob das Konzept mit den öffentlichen Belangen und den städtebaulichen Anforderungen im Einklang stehe. Sobald Einigkeit erzielt sei, erlasse der Gemeinderat eine städtische Satzung, in der die Rechte und Pflichten aller Beteiligten und Betroffenen verbindlich festgeschrieben werden.
Rainer Prewo: „Die Pointe eines BID und der wesentliche Grund für die Regelung durch Satzung ist, dass die vereinbarten Regeln für alle gelten, die im BID wirtschaftlich tätig sind und von den Verbesserungen des Standorts profitieren.“
Im Gegenzug entfalle die Abschöpfung von Wertsteigerungen, wie sie beispielsweise in kommunal festgesetzten Sanierungsgebieten vorgeschrieben ist.
Landesgesetzlich geregelte BIDs: Keine Chance für Trittbrettfahrer
Nach den Angaben von Dr. Prewo sind Zusammenschlüsse von Grundstückseigentümern und Gewerbetreibenden zur Stärkung der Standortqualität auf freiwilliger Basis schon bisher möglich. Solche freiwilligen Zusammenschlüsse litten jedoch häufig unter der Trittbrettfahrer-Problematik, die nur durch gesetzlich geregelte BIDs ausgeschaltet werden könne. Nur über BIDs könne verhindert werden, dass Einzelne von den Früchten der Standortverbesserungen profitieren, sich aber nicht am finanziellen Aufwand beteiligen.
BIDs lösten das Problem des Trittbrettfahrens, weil von allen Gewerbetreibenden und Grundeigentümern eine BID-Abgabe erhoben wird, wenn das für die Einrichtung eines BID erforderliche Zustimmungsquorum erreicht wird. Auf diese Weise beteiligten sich alle an der Standortverbesserung.
Dr. Prewo: „Bei BIDs sind Besteller, Zahler und Gewinner identisch, wodurch die Solidarität vor Ort gestärkt wird.“
Wie hoch die Zustimmungsquote der Geschäftsleute sein muss, damit ein BID zustande kommt, muss über ein Landesgesetz geregelt werden. Baden-Württemberg könne sich hier an anderen Bundesländern orientieren, die bei BIDs mit gutem Beispiel vorangegangen seien.
BIDs: Einige Bundesländer gehen voran, Baden-Württemberg zögert
Das städtebauliche Instrument BID, das in Nordamerika weit verbreitet ist, geht auf die Initiative von Laden- und Grundbesitzern in Toronto zurück, die sich bereits in den 70er Jahren zum Ziel setzten, ihren Einzelhandelsstandort aufzuwerten. Inzwischen habe man auch in Deutschland die Chancen von BIDs erkannt, so Prewo.
Einige Bundesländer hätten bereits die notwendigen Rechtsgrundlagen für die Einführung von BIDs auf kommunaler Ebene geschaffen, so etwa Hamburg, Bremen, Hessen und Schleswig-Holstein. Dabei hätten die einzelnen Länder unterschiedliche BID-Varianten entwickelt, die teilweise auch unter dem Begriff Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) fungierten.
Umso ärgerlicher findet es Prewo, dass die Landesregierung bis zur Stunde untätig blieb und damit Potenzial für die Aufwertung unserer Innenstädte brachliegen lasse.
Für Prewo besteht kein Zweifel daran, dass sich BIDs als Erfolgsgeschichte entpuppen. Die Einführung von BIDs sei vom innerstädtischen Handel, den Handelsverbänden und den Industrie- und Handelskammern regelmäßig stürmisch begrüßt worden. Als weiteres Beispiel nannte Prewo Hausbesitzer und Geschäftstreibende in hessischen Städten, die mit BIDs werben, in denen sie gemeinsam mit den Stadtverwaltungen die Attraktivität ihrer Geschäftsviertel steigern.
Auch die Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg hätten bereits in einem Positionspapier aus dem Jahre 2004 BIDs als einen möglichen Lösungsansatz für eine erfolgreiche Stadtentwicklung gewürdigt, der dem Stadtmarketing neue Impulse geben könne. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sei es völlig unverständlich, so Prewo, warum die Landesregierung bei BIDs nach wie vor auf der Bremse stehe.