MdL Stephan Braun: „Imagekosmetik hin oder her – die Filbinger-Tagungsstätte ist noch immer eine Bühne für Rechtsextremisten“

Der SPD-Abgeordnete Stephan Braun wirft dem CDU-nahen Studienzentrum Weikersheim vor, die Nähe zu Rechtsextremisten zu suchen. „Imagekosmetik hin oder her – die Filbinger-Tagungsstätte ist noch immer eine Bühne für Rechtsextremisten. Hier tagen unter konservativem Deckmäntelchen die Vordenker der extremen Rechten“, kritisierte der SPD-Verfassungsschutzexperte. Um die jüngsten undurchsichtigen Vorgänge in Weikersheim aufzuklären, hat Braun jetzt einen Parlamentsantrag im Stuttgarter Landtag eingebracht. „Es muss verhindert werden, dass Bildungsstätten wie das Studienzentrum Weikersheim eine Scharnierfunktion bei der von rechtsextremistischen Gruppen angestrebten Vernetzung mit dem rechtskonservativen-demokratischen Spektrum übernehmen“, verlangte Braun.

Der SPD-Abgeordnete machte darauf aufmerksam, dass die vom ehemaligen Ministerpräsidenten Hans Filbinger (CDU) gegründete Tagungsstätte im Spätherbst letzten Jahres zu einem Seminar nach Bad Pyrmont eingeladen hatte. Auf dem Programm stand das Thema „Weltordnung und Völkerrecht nach dem Irak-Krieg“. „Ein scheinbar harmloser Titel, aber auf den zweiten Blick ein Stelldichein von ganz rechts außen“, so Braun. Dies verdeutliche bereits ein Blick auf die Mitveranstalter, zum einen die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft (SWG) aus Hamburg, zum anderen der Bund Junges Ostpreußen. Der Bund Junges Ostpreußen ist Nachfolgeorganisation der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“, die sich wegen rechtsextremistischer Bestrebungen von der Landsmannschaft Ostpreußen trennen musste.

Die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft wurde u. a. von Hugo Wellems, vormals Referent für „Volksaufklärung und Propaganda“ in Goebbels Reichsministerium, gegründet. Der derzeitige SWG-Vorsitzende, Brigadegeneral a. D. Reinhard Uhle-Wettler, ist in rechtsextremen Kreisen überaus populär. 1998 veröffentlichte er unter dem Titel „Wagnis Wahrheit. Historiker in Handschellen?“ eine Festschrift für den international bekannten Holocaust-Leugner David Irving. Zudem publiziert er in einschlägigen rechten Verlagen und schreibt für die ausgewiesenen rechtsextremistischen Zeitschriften Deutschland in Geschichte und Gegenwart, „Signal“ sowie „Nation und Europa“. Letztere bezeichnet der aktuelle baden-württembergische Verfassungsschutzbericht als eines der wichtigsten Beispiele für „Intellektualisierungsbemühungen der rechtsextremistischen Szene.“

Uhle-Wettler trat nach Angaben Brauns in Bad Pyrmont als Tagungsleiter in Erscheinung. Und auch die anderen Namen auf der Referentenliste hätten es in sich. So ist Dirk Bavendamm seit 2002 Geschäftführer der SWG. Sein 1995 erschienenes Buch „Hitlers oder Roosevelts Krieg“ gipfelt in der These, die Kriegsführung der USA sei letztendlich verantwortlich für den Holocaust und den deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion.

Der Hauptreferent der Pyrmonter Tagung, Professor Dr. Theodor Schweisfurth, ist ein geschätzter Interviewpartner der „Jungen Freiheit“, die sich den Vertretern der neuen und alten Rechten immer gerne als Sprachrohr anbietet. Ähnlich sieht es bei Hans Heckel aus. Er ist Redakteur des rechtsextremistischen „Ostpreußen Blatts“ und ehemaliger Pressesprecher der Deutschen Burschenschaft. Auch zählte er zur Hamburger Gruppe 146, die als das bisher erfolgreichste Projekt der so genannten „Neuen Rechten“ im deutschen Hochschulsektor gilt.

Mit von der Partie auf dem Treffen in Bad Pyrmont war auch Götz Kubitschek, Leiter des Instituts für Staatspolitik. Das im Mai 2002 gegründete Institut widmet sich der politischen Selbstverortung der so genannten Neuen Rechten. Neben Tagungen und Publikationen dient es der aktiven Meinungsbildung innerhalb der extremen Rechten. Hauptaufgabe ist der Versuch, Brückenschläge zwischen verschiedenen rechten Strömungen auf einer vermeintlich wissenschaftlichen Ebene vorzunehmen.

Das rechtsextreme Stelldichein in Pyrmont vervollständigte Braun zufolge der Bielefelder Historiker Johannes Rogalla von Bieberstein. Er hatte auf der Tagung über Angriffe gegen seine Person im Zusammenhang mit der Affäre um den CDU-Bundestagsabgeord¬neten Martin Hohmann berichtet. Rogallas Schrift „Jüdischer Bolschewismus – Mythos und Realität“ hatte Hohmann zu jener umstrittenen Rede inspiriert, die zu seinem Ausscheiden aus der CDU-Bundestagsfraktion und letztlich auch zu seinem Ausschluss aus der hessischen CDU geführt hatte.

Stephan Braun: „In den letzten Jahren war das Studienzentrum Weikersheim bemüht, seinen Ruf als rechtsextreme Denkfabrik hinter sich zu lassen. Die nun erneut zu Tage getretenen Verbindungen zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus sprechen jedoch eine andere Sprache.“

Martin Mendler
Stellv. Pressesprecher