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1. Die Kindertagespflege als weitere wichtige Säule frühkindlicher Bildung

Kinder brauchen Verlässlichkeit. Eltern brauchen Verlässlichkeit. Beschäftigte brauchen Verlässlichkeit. In der Kita, aber auch in der Kindertagespflege. Letztere bildet gemeinsam mit den Kindertageseinrichtungen die beiden Säulen frühkindlicher Bildung, wobei die Kindertagespflege für uns mehr ist als die bloße Ergänzung der Kindertageseinrichtung. Sie ist viel mehr: In Baden-Württemberg ist sie – im Vergleich zu anderen Bundesländern – ein bedeutendes Element frühkindlicher Bildung und Betreuung. Zum Stichtag am 1. März 2024 waren insgesamt 22.537 Kinder in öffentlich geförderter Kindertagespflege betreut.[1] Für Kinder und Familien offeriert die Kindertagespflege mit ihrer familienähnlichen Struktur große Chancen und Entwicklungspotenziale, da sie einerseits durch eine feste Bezugsperson, eine große Kontinuität hinsichtlich der Betreuungspersonen sowie andererseits sehr gute Voraussetzungen für eine enge Beziehung zwischen Kindertagespflegeperson und Kind und letzten Endes auch für eine gute Qualität in der frühkindlichen Bildung bietet.

Eine landesweite Studie aus dem Jahr 2017 hat in einer umfassenden Erhebung der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg u.a. die Qualität von Kindertagespflegeeinrichtungen – von klassischen und Großtagespflegeeinrichtungen – untersucht und kam u.a. zu folgenden Ergebnissen: Durch die kleinen Gruppen bietet vor allem die klassische Kindertagespflege (kKTP) ideale Voraussetzungen für eine enge Beziehung zu den betreuten Kindern und eine altersgerechte, gesunde Entwicklung der Kinder. 90 Prozent aller Kindertagespflegestellen weisen eine gute bis hervorragende Qualität auf. Es bestehen jedoch Qualitätsdefizite in folgenden Bereichen, in denen nach Auffassung der Wissenschaftler:innen auch Qualifizierungsbedarf besteht: Sprachförderung, Inklusion, Förderung von Toleranz und Akzeptanz von Verschiedenheit.[2]

Als SPD-Landtagsfraktion nehmen wir die Ergebnisse der Studie ernst. Außerdem zeigen uns die vielen Rückmeldungen von Kindertagespflegepersonen sowie die leicht rückläufige Zahl der Anmeldungen von Kindern in der Kindertagespflege, dass an einigen Stellen Handlungsbedarf besteht. Unser Ziel ist es, die Rahmenbedingungen für die Kindertagespflege substanziell zu verbessern und sie damit für Beschäftigte, aber auch für Kinder und Familien noch attraktiver zu gestalten. Denn Kinder brauchen Verlässlichkeit. Verlässlichkeit bedeutet Kontinuität in der Betreuung, verlässliche Öffnungszeiten und eine feste Bezugsperson bzw. mehrere feste Bezugspersonen. All dies kann die Kindertagespflege leisten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Unsere wichtigsten Forderungen in aller Kürze:

  • Wir wollen den Landesverband Kindertagespflege zu einem Kompetenzzentrum ausbauen, in dem alle Leistungen aus einer Hand erfolgen (Qualifizierung, Fachberatung, Fortbildung, Interessensvertretung)
  • Wir fordern eine Neuordnung der Finanzierung der Kindertagespflege mit einer regulären Krankheitsvertretung, einer Regelung für längere Ausfallzeiten sowie einer ordentlichen finanziellen Ausstattung des Landesverbands
  • Wir wollen die Kindertagespflege als attraktives Betreuungsmodell etablieren – auch für Tagesväter und um gesellschaftliche Vielfalt besser abbilden zu können
  • Betriebliche Modelle wie TigeR wollen wir stärken und landesweit ausbauen
  • Unser Ziel ist es, die fachliche Weiterbildung von Kindertagespflegepersonen voranzutreiben (v.a. in Feldern wie Inklusion, Sprache, Vielfalt)

Wenn wir die Kindertagespflege für Familien, Kinder und Beschäftigte attraktiv gestalten, bietet sie eine sinnvolle und bedingt durch die kleinen Gruppen qualitativ gute Alternative zu den Kindertageseinrichtungen. In diesem Positionspapier sollen daher die Kompetenzen und Entwicklungschancen der Kindertagespflege dargelegt werden.

2. Verlässliche Kindertagespflege

Eine verlässliche Kindertagespflege ist eine Kindertagespflege, der es weder an finanziellen Ressourcen, Personal noch an Krankheitsvertretungen mangelt. Sie ist verlässlich geöffnet für die Kinder und für die Familien, womit sie ein hohes Maß an Kontinuität bietet und sich gleichzeitig flexibel den individuellen zeitlichen Bedarfen der Familien anpassen kann. Das sind neben den kleinen Gruppen ihre großen Stärken.

2.1 Verlässlichkeit durch Ressourcen

Verlässlichkeit wird durch das Vorhandensein von ausreichend Ressourcen geschaffen. Unser Ziel ist es, die Rahmenbedingungen der Kindertagespflege substanziell zu verbessern. Dazu gehört eine angemessene finanzielle Ausstattung in Form einer adäquaten laufenden Geldleistung, die zu einer größeren Attraktivität der Tätigkeit genauso beiträgt wie eine reguläre Krankheitsvertretung, die insbesondere die kKTP entlasten soll. Gleichzeitig wollen wir mehr Sicherheit für die Beschäftigten, vor allem für die vielen Kindertagespflegepersonen, die allein in ihrem eigenen Zuhause bis zu fünf Kinder betreuen.[3] Zur Vergütung gehören:

  • die Erstattung angemessener Kosten für den Sachaufwand der Tagespflegeperson,
  • die Festlegung eines angemessenen Geldbetrags als Anerkennung für die Förderleistung (Fördersatz für Kindertagespflege),
  • die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zur Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson und
  • die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung.

Die Höhe der laufenden Geldleistung wird vom Jugendamt festgelegt. Die Finanzierung der Kindertagespflege als Leistung des örtlichen Trägers erfolgt über die Zahlung der laufenden Geldleistung an die Tagespflegeperson. Auf Landesebene ist zur Sicherung der Finanzierung der Kindertagespflege eine Erhöhung der Landesförderung um ca. 23,5 Mio. Euro notwendig.

Langfristig wollen wir uns für eine transparente und verlässliche Finanzierung der freien Träger, die perspektivisch durch eine Anpassung im SGB VIII hinterlegt wird, einsetzen.

2.2 Krankheitsvertretung

2.2.1 kurzfristige Krankheitsvertretung

Die Verlässlichkeit gerät ins Wanken, wenn die Kindertagespflegeperson erkrankt. Bei akuten Erkrankungen gilt bereits heute gemäß § 23 Abs. 4 S. 2 SGB VIII die Verpflichtung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, Zusammenschlüsse von Tagespflegepersonen zu fördern und für Ausfallzeiten der Tagespflegeperson rechtzeitig eine alternative Betreuungsmöglichkeit für die Kinder zur Verfügung zu stellen. Dies gestaltet sich in der Praxis jedoch sehr schwierig, vor allem in der kKTP.

Wenn eine Kindertagespflegeperson kurzfristig krankheitsbedingt ausfällt, braucht es eine Notfallregelung für alle Betroffenen: Für die Familien und ihre Kinder, aber auch für die Kindertagespflegepersonen. Laut der Studie der Stiftung Kinderland weist nur ein Fünftel der kKTP eine Vertretung im Krankheitsfall auf, während diese in 80 Prozent der Fälle bei GTPs vorhanden ist.[4] Deshalb sollen Vertretungsregelungen im Kooperationsvertrag zwischen Anstellungsträger und Jugendamt geregelt werden. Betriebliche Modelle können Springerkräfte einsetzen. Wichtig ist in allen Fällen eine Kooperation mit dem Jugendamt sowie den freien Trägern und eine enge Vernetzung der Tagespflegepersonen auf lokaler Ebene.

Trotz der vorhandenen Bausteine zur Krankheitsvertretung ist diese nicht regelhaft implementiert, was die SPD-Landtagsfraktion ändern will. Dazu wollen wir eine Regelung einführen, die eine reguläre Krankheitsvertretung – insbesondere für die ca. 60 Prozent in der kKTP Tätigen – vorsieht. Sie soll in Form einer Vertretungsreserve, wie es sie auch für den Unterrichtsausfall an Schulen gibt, gestellt werden, die vom Land finanziert wird.

Als Vorbild kann das Modell KuKiTapf (Kurzzeit-Kindertagespflege) der Tagesmütter Reutlingen e.V. dienen, das genau dies ermöglicht – allerdings in Kooperation mit Unternehmen: KukiTapf ist ein Notfallbetreuungsmodell, das greift, wenn die reguläre Kinderbetreuung ungeplant ausfällt. Dafür hält eine Kindertagespflegeperson einen Betreuungsplatz gegen eine Pauschale von 400 Euro pro Monat frei. Mitarbeiter:innen eines kooperierenden Unternehmens können dann auf diesen Platz zurückgreifen. Die Familien pflegen mit den Kindertagespflegepersonen bereits im Vorfeld regelmäßigen Kontakt. Eine landesweite Einführung dieses Modells – nicht nur in Kooperation mit Unternehmen – wollen wir prüfen. Bei einer defensiven Kostenschätzung von rund 3.500 Personen, die vermutlich aktuell keine reguläre Krankheitsvertretung haben, käme man auf zusätzliche Kosten von ca. 16,7 Mio. Euro im Jahr.

Für Kindertagespflegepersonen sorgt die Einführung einer Krankheitsvertretung für die dringend benötigte Entlastung, verhindert, dass sie trotz Krankheit arbeiten und schafft andererseits Planungssicherheit für die Familien und deren Kinder. Damit schafft sie Verlässlichkeit für alle Beteiligten.

2.2.2 Längerfristige Krankheitsvertretung

Aktuell müssen sich Kindertagespflegepersonen bei einem längerfristigen Ausfall mit einer Krankentagegeldversicherung selbst versichern.[5] Zwar sind sie selbstständig tätig, erbringen jedoch durch die Betreuung von Kindern eine staatliche Leistung, für die sie auch staatliche Mittel – von den Landkreisen bzw. den jeweiligen Jugendämtern – erhalten. Aus diesem Grund ist es unser Ziel, sie insbesondere bei längerfristigen Erkrankungen besser abzusichern. Dazu soll eine Regelung für längere Ausfallzeiten in Form eines Fonds für Kindertagespflegepersonen eingeführt werden, der greift, wenn sie krankheitsbedingt längerfristig ausfallen. Damit sollen die finanziellen Ausfälle für die insgesamt aktuell 5.815 Kindertagespflegepersonen weitgehend abgemildert werden.

Grundsätzlich handelt es sich nur um einen sehr kleinen Anteil derjenigen, die als Kindertagespflegeperson tätig sind und längerfristig erkranken. Ziel ist es, eine höhere Absicherung für Kindertagespflegepersonen im Krankheitsfall zu erreichen und das höhere Risiko, das Selbstständige grundsätzlich haben, etwas zu reduzieren. Wenn man annimmt, dass ungefähr 5 Prozent längerfristig erkranken (291 Personen), würde der Fonds ca. 1 Mio. Euro kosten.

3. Innovative Kindertagespflege

Die Kindertagespflege weist eine Vielzahl an verschiedenen, innovativen Modellen auf, die große Potenziale für Familien, Kinder und Beschäftigte mit sich bringen. Besonders betriebliche Modelle wie z.B. TigeR ((Kinder-)Tagespflege in anderen geeigneten Räumen) wollen wir daher ausbauen und dort, wo gewünscht, in größerer Zahl zum Einsatz bringen. Die betriebliche Variante der Kindertagespflege bietet viele Vorteile: eine große räumliche Nähe zum Arbeitsort, flexible Betreuungszeiten, einen passgenauen Zuschnitt auf die Bedürfnisse der Familien, eine familienähnliche Atmosphäre und kleine Gruppen.

Bei den vorhandenen TigeR-Modellen im Landkreis Reutlingen vereinbaren zunächst die Kommune, das jeweilige Unternehmen und der Tagesmütter e.V. Reutlingen einen Kooperationsvertrag. In dieser Vereinbarung werden die Räume, in denen die Betreuung stattfinden soll – samt der jeweiligen Rechte und Pflichten, die Zahl der Betreuungsplätze, die Bezahlung, einer „Platzpauschale“ und einer Sachkostenpauschale durch die Kommunen an die Kindertagespflegepersonen sowie die Umsetzung der Marke „TigeR“ mit ihren Standards definiert. In einem zweiten Schritt stellt der Tagesmütter e.V. Reutlingen den Kooperationspartnern mindestens zwei geeignete selbstständige Kindertagespflegepersonen vor und vereinbart anschließend mit den Tageseltern die Umsetzung der Marke „TigeR“. Dann beginnen die Kindertagespflegepersonen mit der Betreuungstätigkeit für U3-Kinder. Der Landkreis Reutlingen finanziert die Betreuung mit den sog. laufenden Geldleistungen pro Kind und Stunde.

Dort ist es auch möglich, Platz-Sharing zu betreiben, indem teilzeitbeschäftigte Eltern die Möglichkeit haben, einen Platz mit einer anderen Familie zu teilen. Der Kooperationspartner, die Tagesmütter Reutlingen e.V., ist zuständig für die Beratung und Begleitung der Tagespflegepersonen sowie das pädagogische Konzept und die Bereitstellung einer Fachberatung.

Zum Ausbau der betrieblichen Modelle der Kindertagespflege soll das Land ein entsprechendes Förderprogramm auflegen, das die Gründung betrieblicher Modelle durch eine Anschubfinanzierung unterstützt und Zuschüsse an die Träger der Jugendhilfe gemäß SGB VIII bereitstellt. Parallel soll eine Förderung durch das laufende Bundesprogramm zur Kinderbetreuungsfinanzierung geprüft werden.

Bei einer konservativen Annahme, dass betriebliche Modelle in der Kindertagespflege in der Hälfte der vorhandenen Landkreise umgesetzt werden soll, könnte das Förderprogramm ca. 4 Mio. Euro kosten. Koordinator:innen könnten auf Landkreisebene die Einführung betrieblicher Modelle organisieren und Ansprechpartner:innen für die lokalen bzw. kreisweit aktiven Tageselternvereine sein.

4. Erfolgreiche Kindertagespflege: Der Landesverband als Kompetenzzentrum

Die Kindertagespflege ist erfolgreich, wenn es ihr gelingt, attraktiv für die Beschäftigten sowie für Kinder und Familien zu sein. Deshalb wollen wir den Landesverband Kindertagespflege e.V. zu einem Kompetenzzentrum weiterentwickeln, in dem alle notwendigen Aufgaben in der Kindertagespflege gebündelt werden, auf die vor Ort zurückgegriffen werden kann. Dies bedeutet, dass wir die Fachberatung ausbauen, die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen und Fortbildungen für Fachkräfte in der Kindertagespflege und Multiplikator:innen zentral unter einem Dach anbieten wollen, da dies wichtige Synergieeffekte schafft und landesweite Qualitätsstandards festlegt. Auch die Qualifizierung kann – durchgeführt von den freien Trägern vor Ort – über das Kompetenzzentrum angeboten werden, wobei es sich jedoch um eine freiwillige Option handelt. Wichtig ist uns, dass auf Ebene des Kompetenzzentrums festgelegt wird, welche Fortbildungen für alle Kindertagespflegepersonen notwendig sind und welche fakultativ gewählt werden können. Die zusätzlichen Kosten für den Ausbau des Landesverbands Kindertagespflege e.V. zu einem Kompetenzzentrum belaufen sich auf ca. 653.000 Euro pro Jahr. Sie schaffen jedoch bessere Rahmenbedingungen für die Tätigkeit von Kindertagespflegepersonen und sorgen für landesweit einheitliche Standards sowie eine sinnvolle Bündelung der vorhandenen Kompetenzen.

Auch die einzelnen Tageselternvereine sollen, um die steigenden Anforderungen besser bewältigen zu können und einheitliche Qualitätsstandards umzusetzen, eine hauptamtliche Geschäftsführung erhalten, die das Land entsprechend finanziert. Momentan weisen bereits 33 Tageselternvereine eine hauptamtliche Geschäftsführung auf. D.h. dass bei insgesamt ca. 65 Tageselternvereinen zusätzliche Kosten von ca. 1,8 Mio. Euro entstehen würden.

Die Studie der Stiftung Kinderland hat gezeigt, dass sich viele Kindertagespflegepersonen einen leichteren Zugang zur Fachberatung v.a. bei Fragen zu Kindern mit erhöhtem Förderbedarf wünschen. Daher sollen die Fachberatungen personell besser aufgestellt werden, indem das Land die Finanzierung des Stellenschlüssels von 1:40 übernimmt. Der aktuelle Quotient liegt bei 1:60, weshalb insgesamt 49 zusätzliche Stellen notwendig sind. Dadurch erhöhen wir die Qualität der Arbeit in der Kindertagespflege, da wir den Zugang zur Fachberatung erleichtern und bessere Voraussetzungen für eine einheitliche Qualität der Arbeit der Kindertagespflegepersonen schaffen. Die Kosten für die zusätzlichen Stellen in der Fachberatung belaufen sich auf ca. 2,7 Mio. Euro bei einer Eingruppierung in S 12 TvÖD SuE 2025.

5. Resiliente Kindertagespflege: Entwicklungschancen

In den letzten Jahren ist der Anteil der Kinder in der Kindertagespflege leicht rückläufig gewesen.[6] Das hat auch mit der beschränkten Attraktivität des Berufsbildes zu tun, die wir – wie oben bereits dargelegt – verbessern wollen.

Die enge Beziehung zur Bezugsperson und die kleinen Gruppen sind das Alleinstellungsmerkmal der Kindertagespflege, weshalb die Kindertagespflege hervorragende Entwicklungschancen hat. Resilient wird die Kindertagespflege dann, wenn Kindertagespflegepersonen entsprechend qualifiziert werden, um individuelle Förderung in den Bereichen der Inklusion oder der Förderung des Spracherwerbs umsetzen zu können und das Berufsbild auch für Männer attraktiver wird. Hierzu gehört auch die Abbildung gesellschaftlicher Realität und kultureller Vielfalt bei den Kindertagespflegepersonen.

5.1 Fachliche Qualifizierung

Die oben erwähnte Studie der Stiftung Kinderland hat der Kindertagespflege insgesamt eine gute Qualität bescheinigt, wobei – vermutlich aufgrund der höheren Fachkraftdichte – die Großtagespflege im Vergleich zur klassischen Kindertagespflege etwas besser abgeschnitten hat. Gleichzeitig, und das wurde in der Studie besonders deutlich, bestehen gerade hinsichtlich der Faktoren Inklusion, Förderung von Vielfalt/Toleranz sowie der Sprachförderung noch Verbesserungsbedarfe bei einigen Kindertagespflegepersonen.

5.1.1 Inklusion in der Kindertagespflege

Inklusion ist ein Menschenrecht – von Anfang an. Für eine gelingende Betreuung von Kindern mit speziellem Förderbedarf braucht es verbindliche rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, die grundlegend in §1 b Kindertagesbetreuungsgesetz geregelt werden sollen. Bislang müssen die Landkreise Inklusion in der Kindertagespflege gesondert bezahlen, wobei ein Inklusionskonzept vorausgesetzt wird, das inzwischen 33 von 44 Landkreisen vorweisen können.

Wir streben die Anerkennung der Kindertagespflege als inklusives Betreuungsangebot an, wozu eine entsprechende Qualifizierung der Kindertagespflegepersonen vorgesehen werden soll. Letztere könnte durch das Kompetenzzentrum Kindertagespflege bereitgestellt werden, womit auch landesweit einheitliche Kriterien für die Qualifizierung sichergestellt wären. Zudem soll der Zugang zur Fachberatung und Supervision erleichtert, verbessert und zur Sicherung einheitlicher Qualitätsstandards regelmäßig vorgesehen werden. Durch die kleinen Gruppen und die familienähnliche Atmosphäre bieten Kindertagespflegestellen grundsätzlich gute Voraussetzungen für die Umsetzung der Inklusion.

5.1.2 Sprachförderung in der Kindertagespflege

Bei der Sprachförderung hat die Studie ebenfalls einen zusätzlichen Qualifizierungsbedarf ergeben. Da für die SPD-Landtagsfraktion die alltagsintegrierte Sprachbildung ebenso wichtig ist wie die additive Sprachförderung, kann zumindest erstere durch Kindertagespflegepersonen umgesetzt werden, wenn sie eine entsprechende Weiterbildung am neu gegründeten Kompetenzzentrum absolviert haben. Diese sollte verpflichtend eingeführt werden, um gewisse Qualitätsstandards einhalten zu können.

5.1.3 Förderung von Akzeptanz von Vielfalt/Gewinnung von Männern für die Tätigkeit in der Kindertagespflege

Als ein weiteres Ergebnis der Studie hat die Stiftung Kinderland festgestellt, dass einige Kindertagespflegepersonen bei der Förderung von Akzeptanz von Vielfalt noch Optimierungsbedarf haben.[7] Auch bei der Gewinnung von männlichen Kindertagespflegepersonen sowie der Abbildung der gesellschaftlichen Vielfalt besteht noch Optimierungsbedarf. So lag wie in den Vorjahren der Anteil der Kindertagesväter bei knapp 4 Prozent.[8]

Zur Förderung von Akzeptanz von Vielfalt ist es wichtig, gesellschaftliche Realität abzubilden und Sichtbarkeit zu schaffen. Das gilt gleichermaßen für männliche Kindertagespflegepersonen wie auch für die Förderung von Akzeptanz und Toleranz bezüglich gesellschaftlicher Vielfalt. Kinder brauchen Vorbilder, unabhängig davon, ob diese weiblich, männlich, non-binär, queer, mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderungen sind. Unser Ziel ist es, genau dies abzubilden und entsprechend geeignete Personen für die Kindertagespflege zu gewinnen.

Als erste Maßnahmen wollen wir best-practise-Beispiele aus vorbildlich agierenden Kommunen bzw. Landkreisen aufnehmen, einen Diversity-Ansatz entwickeln sowie eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, die für das Berufsbild wirbt, einführen. Auch eine Landkreiskarte, die alle männlichen bzw. diversen Kindertagespflegepersonen vor Ort ausweist, vergleichbar zum Gleichstellungsatlas, kann zu mehr Sichtbarkeit beitragen.

[1]Fast 510 000 Kinder in Kindertagesbetreuung in Baden-Württemberg – Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, abgerufen am 07.04.2025.

[2]G_K_Qualitaet_Kindertagespflege_U3.pdf, S. 76.

[3] Grundsätzlich ist die Vergütung in § 23 Abs. 1, 2 und 2 a SGB VIII geregelt, die mit der Entscheidung des Jugendamtes, entsprechend dem individuellen Bedarf Kindertagespflege als Jugendhilfeleistung zu gewähren und diese Leistungserbringung angemessen zu bezahlen, einhergeht.

[4]G_K_Qualitaet_Kindertagespflege_U3.pdf, S. 66.

[5]Finanzierungsmöglichkeiten der Kindertagespflege, abgerufen am 08.04.2025.

[6]Fast 510 000 Kinder in Kindertagesbetreuung in Baden-Württemberg – Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, abgerufen am 07.04.2025.

[7]G_K_Qualitaet_Kindertagespflege_U3.pdf, S. 53.

[8]Fast 510 000 Kinder in Kindertagesbetreuung in Baden-Württemberg – Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, abgerufen am 09.04.2025.

Ansprechpartner

Désirée Grözinger
Beraterin für frühkindliche Bildung