Wolfgang Drexler: „Der undistanzierte Abdruck der Rede Hohmanns in einem CDU-Mitteilungsblatt in Teufels Südbadener CDU-Bezirk zeigt, wie sehr sich auch die CDU im Land im Fall Hohmann windet „

SPD verlangt Zurechtweisung Fleischers durch Teufel und Kauder

Auch in Baden-Württemberg tut sich die CDU mit dem Fall Hohmann offenkundig außerordentlich schwer. Aus Rücksicht auf eine an der Unionsbasis offenbar weit verbreitete Zustimmung zu den Hohmann-Äußerungen schreckten Teile der baden-württembergischen CDU offensichtlich vor einer klaren Distanzierung zurück, kritisiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Drexler. Jüngstes Beispiel dafür ist das offizielle Mitteilungsblatt des CDU-Kreisverbandes Breisgau-Hochschwarzwald, Ausgabe 10/2003, das der SPD-Fraktion anonym zugesandt wurde. In diesem Blatt wird die antisemitische Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann auf fünf Seiten in vollem Umfang und ohne jegliche Distanzierung abgedruckt.

Schlimmer noch: Im Vorspann heißt es ausdrücklich: „Liebe Leser! Die Rede zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober 2003 des Fuldaer CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann hat zu einer kontroversen Diskussion in der bundesdeutschen Medien-Öffentlichkeit geführt. Zu Ihrer Information drucken wir nachfolgend, auf vielfachen Wunsch unserer Mitglieder, als Dokumentation und Diskussionsgrundlage den originalgetreuen Wortlaut der Rede. Die Redaktion von CDU INTERN weist ausdrücklich daraufhin, dass sie damit keinerlei Werturteil über den Inhalt und Gegenstand der Rede verbindet.“

Dass sich der CDU-Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald unter der Verantwortung des CDU-Kreisvorsitzenden und stv. Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Gundolf Fleischer, von der unsäglichen Hohmann-Rede nicht distanziert, sondern im Gegenteil ausdrücklich auch ein positives Urteil über diese Rede den Mitgliedern anheim stellt, ist aus Sicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Drexler unerträglich.

Drexler: „Die Rede Hohmanns mit all den antisemitischen Ausfällen unkommentiert abzudrucken und dabei auch eine positive Deutung ausdrücklich zuzulassen, darf nicht hingenommen werden.“

Diesem Vorfall kommt nach den Worten von Wolfgang Drexler auch deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil er sich im Südbadener CDU-Bezirksverband des Ministerpräsidenten und CDU-Landesvorsitzenden Teufel und dessen Generalsekretär Volker Kauder, zugleich Fraktionsgeschäftsführer der Union im Bundestag, abspielt und damit deren Glaubwürdigkeit im Fall Hohmann aufs Spiel setzt.

Drexler fordert deshalb den CDU-Landesvorsitzenden Teufel auf, umgehend ein Gespräch mit dem CDU-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Fleischer zu führen und dabei klarzustellen, dass sich auch die CDU in Baden-Württemberg eindeutig von den antisemitischen Ausfällen des Martin Hohmann distanziert. Drexler wies darauf hin, dass ein CDU-Ratsherr in Recklinghausen mit dem Parteiausschluss rechnen muss, weil er die Hohmann-Rede öffentlich ausgehängt hatte. Der SPD-Fraktionsvorsitzende erinnerte in diesem Zusammenhang auch an den Diskussionsbeitrag eines CDU-Gemeinderates aus Aldingen im Kreis Tuttlingen, also im Wahlkreis Kauders, der in einem Beitrag für das Online-Forum des baden-württembergischen CDU-Generalsekretärs und Tuttlinger Abgeordneten die Rede Hohmann verteidigt hatte.

Drexler: „Diese Vorfälle zeigen, wie sehr antisemitisches Gedankengut auch in den Reihen der baden-württembergischen Union wabert. Genau dies ist vermutlich die Ursache dafür, warum sich die CDU im Fall Hohmann so windet und erst durch massiven öffentlichen Druck und die rasche Entscheidung von Verteidigungsminister Struck im Fall Günzel zu einer Entscheidung gezwungen wurde. Erwin Teufel muss jetzt zusammen mit seinem Generalsekretär Kauder auch in den eigenen Reihen für Klarheit sorgen, wenn sie nicht in den Verdacht geraten wollen, dass die Wende der Union im Fall Hohmann nur taktisch bedingt war.“

Dass sich ein nicht unerheblicher Teil der Unions-Anhänger mit dem Gedankengut Hohmanns identifiziert, lässt sich im Internetforum der CDU auf Bundesebene leicht nachlesen. Noch am gestrigen Abend (Mittwoch, 12. November 2003) konnte man dort etwa Beiträge lesen wie „Die Rede von Herrn Hohmann als antisemitisch zu bezeichnen, grenzt schon an Schwachsinn. Bisher bin ich bei den entsprechenden Organen der Presse immer nur von dummer Arroganz ausgegangen. Wahrscheinlich muss ich diese Ansicht ändern und eben doch von schwachsinnigen Journalisten und Redakteuren sprechen“. Zu lesen sind dort auch Beiträge wie „Paul Spiegel und Co. werden sich freuen, aber sie werden auch mehr Feinde haben. Ich bin kein Antisemit, aber ich kann Spiegel, Friedman und Co. nicht ausstehen. Sie sind unerträglich, heuchlerisch und manipulieren das deutsche Volk. Glückwunsch Medien, Zentralrat der Juden, linkes Lager“.

Zu lesen waren in diesem CDU-Forum auch Meinungen wie „Nicht jeder findet es gut, dass sich die CDU schön macht für die Grünen und die eigenen Leute dafür über die Klinge springen lässt“, oder an anderer Stelle „Ich werde mich zu einem VHS-Kurs anmelden, um zu lernen, über und wie man sich in Deutschland äußern darf betr. Juden, Nazis und andere Verbrechen in der Welt“.

Im Vorfeld der Entscheidung der Unionsfraktion im Bundestag über einen Ausschluss des Abgeordneten Hohmann fordert SPD-Fraktionschef Drexler den baden-württembergischen CDU-Landesvorsitzenden Teufel sowie dessen Generalsekretär und Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Kauder, zum Handeln auf. Sie müssten öffentlich klar machen, dass der kommentarlose Abdruck der Hohmann-Rede in einem offiziellen Mitteilungsblatt der CDU auf keinen Fall geduldet wird.

Helmut Zorell
Pressesprecher