Redemanuskript Dr. Stefan Fulst-Blei
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung
Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes in Baden-Württemberg

am 12. April 2018

Anrede,

die Gesetzesänderung, die wir heute beraten, stellt eine Notwendigkeit dar, die sich mit der Einführung der Gemeinschaftsschulen vor fünf Jahren ergeben hat. Doch trotz der eindeutigen Anforderungen, die sich aus dieser Veränderung der Schullandschaft ergibt, ist leider nicht jede in diesem Gesetz geplante Regelung auch sinnvoll. Auch hier lässt sich unschwer die Motivation herauslesen, den Gemeinschaftsschulen das Leben schwer zu machen und langsam das Wasser abzugraben.

An zwei Gemeinschaftsschulen werden zum Schuljahr 2018/19 Oberstufen eingerichtet, an zwei! [Konstanz, Tübingen] Und es könnten mehr sein – wenn es nach dem Willen der Schulleitungen, Eltern und Schülerinnen und Schülern geht [z.B. Bad Rappenau, Wutöschingen, Rheinhausen, Salem, Esslingen]. Die Mindestzahl von 60 Schülerinnen und Schülern schaffen zahlreiche Schulstandorte. Dass interessierte Schulträger zur Genehmigung der Oberstufe nun nicht nur die regionale Schulentwicklung durchführen, sondern umliegenden Gemeinden auch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abringen müssen, ist fadenscheinig.

Statt Debatten um eine stabile und vielfältige Bildungslandschaft, verkommen die Diskussionen vor Ort weiterhin zu ideologisch aufgeladenen Schlagabtauschen. Der CDU passt das gut ins Konzept. Die Grünen haben mit Blick auf die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwar eine andere juristische Auffassung, aber offensichtlich nicht den Rückgrat ihrem kleinen Koalitionspartner Einhalt zu gebieten. Nichts Neues, leider.

Dass es der CDU nicht um stabile Schulstandorte und erfolgreiche regionale Schulentwicklung geht und sich die Grünen bildungspolitisch selbst aufgegeben haben, zeigt auch der Gesetzesentwurf zu Schulverbünden. Wir haben Schulverbünde bisher nur in Ausnahmefällen genehmigt und das mit gutem Grund. Stabile Standorte werden nur durch die Entscheidung entweder für eine GMS oder für die anderen Schularten geschaffen. Eine GMS dauerhaft im Schulverbund mit einer Haupt-, Werkreal-, Realschule oder Gymnasium zu führen, schafft weitere Übergangslösungen, mehr Unsicherheit und unnötige Konkurrenz um die gleiche Schülerschaft.

Zurück zur gymnasialen Oberstufe an der GMS: dass die Fachaufsicht an den Regierungspräsidien eingerichtet wird, ist zunächst einmal sinnvoll, hier liegt auch schon die Kompetenz für die Gymnasien. Das bedeutet aber auch, dass zwei Verwaltungseinheiten für die GMS verantwortlich sind, das örtliche Schulamt für die Sekundarstufe I, das Regierungspräsidium für die Gymnasiallehrkräfte der Oberstufe.

Das bedeutet bei unsauberer Umsetzung mehr Kommunikationsaufwand, Abgrenzungsprobleme und ist eine vorprogrammierte Fehlerquelle. Es muss klar geregelt sein, wie die Zusammenarbeit zwischen RP und SSAs ablaufen soll. Wir werden genau darauf achten, dass die daraus resultierenden Fehler nicht an der GMS hängen bleiben. Die Verantwortung tragen in jedem Fall Sie von Grünen und CDU!

[Dass es in der Übergangsphase nur mit gutem Willen allein nicht geht, zeigen die Zuweisungen von Gymnasiallehrkräften an die Gemeinschaftsschulen, die ebenfalls über die Regierungspräsidien laufen. Hier gibt es enorme regionale Unterschiede. Im Regierungsbezirk Stuttgart sind es nur knapp 5%, im Regierungsbezirk Freiburg fast 10%.]

Notwendig ist, dass mehr Gymnasiallehrkräfte an die GMS gehen. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass die Gymnasiallehrkräfte an Gemeinschaftsschulen mit einer Oberstufe ein Deputat von 25 Stunden haben sollen. Aber auch an Schulen ohne Oberstufe müssen die Kollegien besser durchmischt sein. Ob dieser Schritt daher ausreicht, um die nötigen gymnasialen Stellen an allen Gemeinschaftsschulen zu besetzen, darf  bezweifelt werden. Welchen Ansatz haben Sie hierfür, Frau Ministerin?

Im Haushalt haben Sie über 1000 Lehrerstellen gestrichen und unseren Antrag auf Mehreinstellung von Gymnasiallehrkräften nicht nur für Gemeinschaftsschulen abgeschmettert.

Summa summarum, es kann nicht von einer Stärkung der Gemeinschaftsschulen gesprochen werden. Die Oberstufe kommt, dass ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass eher mehr denn weniger Fragezeichen für diese wichtige Schulart im Raum stehen. Die CDU will nicht, die Grünen sind zwar nett im Feiern, lassen ansonsten weiter zu, wie ein fortschrittliches Schulprojekt von konservativen Kräften unter Druck gesetzt wird. Wobei, wenn kann es wundern bei dieser öko-konservativen Koalition?

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Daniel Born
Stellvertretender Landtagspräsident

Dr. Stefan Fulst-Blei
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bildungspolitischer Sprecher

Lisa Rößner
Beraterin für Bildung, Jugend und Sport