Sabine Wölfle: „Wir unterstützen politisch das 50 Prozent-Ziel, auch über Reißverschluss, streben aber bei einer Gesetzesänderung verfassungsrechtlich eine völlig wasserdichte Lösung an“

In der Diskussion über eine Anhebung des Frauenanteils auf Kommunalwahllisten verfolgt die SPD-Landtagsfraktion einen differenzierten Kurs. "Wir unterstützen politisch das 50 Prozent-Ziel für Frauen, auch über einen Reißverschluss, streben aber bei einer möglichen Änderung des Gesetzes verfassungsrechtlich eine völlig wasserdichte Lösung an", sagte MdL Sabine Wölfle, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion.

Sie verwies auf das Recht der Parteien, sich ohne Einmischung des Staates intern nach demokratischen Grundsätzen frei zu organisieren. Artikel 21 des Grundgesetzes, der das Parteienprivileg umfasse, stelle zu Recht eine hohe Hürde für staatliche Vorgaben dar. "Die Fraktion wartet vor der Festlegung auf eine Gesetzesnovelle das Ergebnis der sorgfältigen rechtlichen Prüfungen im Innenministerium ab. Das Ziel, mehr Frauen in Kommunalparlamente zu bringen, ist klar und unverrückbar. Aber auf dem Weg dorthin wollen wir uns nicht die geringste verfassungsrechtliche Blöße geben", unterstrich Wölfle.

Die Abgeordnete regte vor diesem Hintergrund an, die SPD Baden-Württemberg solle aus freien Stücken und aus eigener politischer Überzeugung eine 50 Prozent-Quote für Frauen auf Kommunalwahllisten in ihrem Organisationsstatut festschreiben. Man gehe so weiter und noch entschlossener mit gutem Beispiel voran. Schon heute gilt in der SPD bei allen Wahlen prinzipiell eine Frauenquote von 40 Prozent.

Wölfle warf CDU, FDP und Freien Wählervereinigungen schwere Versäumnisse bei der Förderung von Frauen bei der Erlangung kommunaler Mandate vor. Die Zahlen der letzten Wahl 2009 sprächen für sich. So hatten die Grünen mit 46,7 Prozent den mit Abstand höchsten Frauenanteil bei den Bewerbern für die Gemeinderatswahlen, gefolgt von der SPD mit immerhin noch überdurchschnittlichen 33,6 Prozent. Demgegenüber waren Kandidatinnen vor allem bei der CDU mit 21,9 Prozent, aber auch bei der FDP mit 27,4 Prozent unterrepräsentiert. Die Wählervereinigungen kamen auf 28,7 Prozent. Der durchschnittliche Frauenanteil auf den Listen lag bei den Gemeinderatswahlen 2009 bei lediglich 28,8 Prozent. Gewählt wurden schließlich nur 22,0 Prozent, gegenüber den Wahlen 2004 eine bescheidene Steigerung von einem Prozentpunkt. (Vgl. Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 9/2009)

"Hätten die bürgerlichen Listen bei der Berücksichtigung von Frauen in den letzten zehn Jahren wie SPD und Grüne ihre Hausaufgaben gemacht, wären wir heute einen großen Schritt weiter und bräuchten womöglich gar keine Pläne für einen gesetzlichen Hebel schmieden", sagte Wölfle.

Der grün-rote Koalitionsvertrag sieht vor, sowohl das kommunale Wahlrecht als auch das Landtagswahlrecht dahingehend zu überprüfen, „wie wir es geschlechtergerechter ausgestalten können“. Der Landesfrauenrat hatte unlängst eine Kampagne gestartet mit dem Ziel, jeweils 50 Prozent der Listenplätze für Frauen und Männer nach dem Reißverschlussprinzip zu vergeben und dafür noch vor den Kommunalwahlen 2014 die gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Stuttgart, 11. Mai 2012
Martin Mendler
Pressesprecher