Redemanuskript Georg Nelius
Zweite Beratung Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2018/2019

Einzelplan 08: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz

am 14. Dezember 2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Der Haushalt des Ministeriums für Ländlichen Raum, Landwirtschaft und Verbraucherschutz liest sich über weite Strecken leider als ein Dokument des Stillstands.

Die meisten Haushalttitel im Bereich Landwirtschaft werden unverändert fortgeführt, weder gekürzt, noch erhöht. Dass die Landwirtschaft sich in einem dramatischen Wandel befindet, sich auch dramatisch wandeln muss, ist in diesem Haushalt nicht erkennbar.

Eine Ausnahme ist die Erhöhung der Mittel für das Förderprogramm FAKT. Die Mittelerhöhungen im FAKT-Programm begrüßen wir grundsätzlich, wir sind aber auch gespannt, ob und für welche Maßnahmen diese Mittel am Ende eingesetzt werden, und ob das dann wirklich für unsere Artenvielfalt von Nutzen ist.

Das Wenige an Kreativität in diesem Haushalt kann obendrein der hohen Globalen Minderausgabe von 20 Mio. € komplett zum Opfer fallen. Änderungsanträge der Regierungsfraktionen in den Haushaltberatungen von plus 35.000 Euro für den Digitalen Bauernhof entpuppen sich auf diese Weise als reine Schauveranstaltung, weil doch alles so schön Vier-Punkt-Null ist.

Besonders arg und dunkel sieht es leider ausgerechnet beim Verbraucherschutz und bei den Kontrollen von Lebensmitteln und Tierhaltungen aus. Bei der CDU war das ja immer schon in schlechten Händen, und den GRÜNEN ist das leider auch ziemlich egal. Es reicht ja, wenn im Wahlprogramm und in den Sonntagsreden von Verbraucherschutz und Tierschutz die Rede ist.

In Rheinland-Pfalz wird im statistischen Mittel alle drei Jahre ein Nutztierhalter kontrolliert. Sind die Tiere gesund, sind sie entsprechend den Haltungsverordnungen untergebracht? Stimmt das Futter?

In Baden-Württemberg ist das ein Vielfaches davon, wohl nur alle 12 Jahre kommt hier einmal ein Kontrolleur vorbei. Kein Wunder, wenn rabiate Tierschützer sich dazu ermuntert fühlen, illegal Ställe aufzubrechen und Missstände zu filmen, denn sie meinen, sie müssten den Staat ersetzen, wo dieser tatenlos ist. Solchen Unsinn würden nur tatsächliche, staatliche Kontrollen verhindern, sonst ist der nächste Skandal vorprogrammiert.

Hinzu kommen ja noch die vielfältigen Aufgaben der Lebensmittelaufsicht, der Kontrolle von Betrieben der Lebensmittelbranche und Gastronomie, der Schlachthöfe und der privaten Tierhalter, wenn es dort mal Probleme gibt, weil wieder mal jemand 200 Katzen in seiner Wohnung hält oder eine Würgeschlange entfleucht.

Über 200 Veterinäre fehlen im Land, das haben nicht nur die Veterinäre, sondern vor ein paar Jahren auch die Landesregierung selbst festgestellt. Unter Grün-Rot haben wir kontinuierlich in mehreren Schritten die Personalstärke erhöht. Wir wollen deshalb jetzt weitere Erhöhungen vornehmen, um je 35 Stellen in 2018 und 2019, aber die Landesregierung schmückt sich mit ganzen zehn Stellen für beide Jahre zusammen, dazu noch ein paar Stellen im Chemischen Veterinäruntersuchungsamt und in den RPs. Das reicht vorn und hinten nicht und spricht dafür, dass eine höhere Kontrolldichte gar nicht gewollt ist.

Dass diese Regierung und damit auch die Grünen die Verbraucherberatung auf einem Niveau hängen lassen wollen, dass deutlich hinter anderen Flächenländern zurückbleibt, halten wir für besonders enttäuschend. Und dies, obwohl sich immer neue Aufgabenfelder auftun, von der Gesundheitsrechtsberatung, die kein Verbraucher anderswo kostengünstig bekommt, bis hin zur unabhängigen Beratung in allen Angelegenheiten der Pflege oder auch des Online-Handels und der Versicherungswirtschaft. Noch immer gibt es riesige weiße Flecken im Land, in denen die Verbraucherzentrale nicht erreichbar ist. Und nicht alles lässt sich am Telefon oder per E-Mail klären, wenn z.B. gemeinsam Einsicht in Dokumente genommen werden muss. In manchen Gegenden heißt es dann: 2 bis 3 Stunden Autofahrt bis zur nächsten Beratungsstelle, denn einige der jetzt vorhandenen Beratungsstellen sind nur mit einer Person besetzt, die natürlich nicht über alle Themen Bescheid weiß.

Alles in allem ist festzustellen: Unsere Landwirtschaft steht vor einem großen Wandel, sie ist sogar schon mitten drin. Sie ist bisher bei weitem nicht so nachhaltig, dass Böden und  Grundwasser wirksam geschützt sind und die Artenvielfalt, von der Biene bis zum Rebhuhn und vom Torfmoos bis zur Orchidee erhalten wird. Wir müssen bei der Tierhaltung ebenso umdenken und neue Wege gehen wie beim Ackerbau und Pflanzenschutz. All das ist in diesem Haushalt 2018/19 nicht erkennbar, jedenfalls bei weitem nicht in der Deutlichkeit, die nötig wäre. Zusätzlich wird der Verbraucherschutz und mit den viel zu wenigen Kontrollen auch der Tierschutz vernachlässigt. Wir können diesem Einzelplan deshalb nicht zustimmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

+++Es gilt das gesprochene Wort.+++

Ansprechpartner

Opitz-Leifheit Fraktion
Nils Opitz-Leifheit
Berater für Energie und Umwelt, Ländlicher Raum, Verbraucherschutz