Redemanuskript Peter Hofelich

Zweite Beratung Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2018/2019

Einzelplan 06: Ministerium für Finanzen

am 15. Dezember 2017

Anrede,

der Haushalt des Finanzministeriums bietet mit den Einzelplänen 06 und 12, dem Staatshaushaltsgesetz und dem HH-Begleitgesetz einen guten Anlass, über die finanzielle Gesamtlage unseres Landes zu sprechen.

Es geht uns wirtschaftlich ausgesprochen gut und damit finanziell gut. Das ist vor allem die Einnahmeseite an Steuern. Wir sind hoch-liquide und haben beträchtliche Reserven aufgebaut.

Wir sitzen aber auch weiterhin auf hohen Schulden.

Uns allen muss klar sein. Wir entscheiden hier über das Geld, das nicht grün oder schwarz, sondern die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unseres Landes, die Handwerker, Selbständigen, Dienstleister und Unternehmer erwirtschaftet haben.

Für die Haushaltspolitik der SPD ist es deshalb Maßstab, dass wir vor allem in deren Interesse das Geld auch verwenden!

Es geht uns finanziell auch gut, weil in den Jahren von 2011 bis 2016 im Haushalt gute Grundlagen gelegt wurden, um die fortgesetzt gute Konjunktur jetzt in Haushalten mit Überschüssen mitzunehmen.

Das Bild, das sie eingangs Ihrer Regierungszeit bemüht zeichnen wollten, dass strukturelle Deckungslücken und offene Rechnungen die sozialdemokratische Hinterlassenschaft seien, war nie zutreffend und es ist angesichts der eingetretenen Entwicklung und ausweislich ihres zwischenzeitlich beredten Schweigens auch nicht zu halten.

Baden-Württemberg baut auf den Jahren unserer Arbeit von 2011 bis 2016 auf !

Erstens:

Gerne beginne ich meine Ausführungen deshalb mit der finanzpolitischen Startphase Ihrer Regierung, also den letzten 16 Monaten.

  • Vor 16 Monaten behauptete ‚Deckungslücke von 2.6 Mrd‘
  • Vor 14 Monaten ‚Rotstift bei großen Ausgabeblöcken‘
  • Vor zwölf Monaten ‚Kredite tilgen ist falsch‘

Heute:
Durch rückgehende Flüchtlingszahlen und Steuermehreinnahmen gab es nie diese Deckungslücke. Rotstift wird bei Anderem angesetzt, den Studierenden, den Krankenhäusern, den Kommunen. Und Kredite werden plötzlich doch getilgt.

Ein einziges Hin und Her ….

Zweitens nun die aktuelle Phase:
Aufhübschen des eigenen Planwerks.

Kurz vor der Haushaltseinbringung entdeckt man alte Kreditermächtigungen, die unbedingt sofort ‚abgelöst‘ werden müssten. Der beabsichtigte öffentliche Effekt: wir bauen Schulden ab. Tatsächlich wird mit dem Streichen von Kreditermächtigungen kein einziger Euro getilgt.
Konsolidierungsbeiträge der Ressorts: ausgesprochen übersichtlich.
Der Hauptteil durch Zinsersparnisse, durch GMAs, die zum Ende des HH-Zeitraums zu erbringen sind, sowie durch einmalige Ausschüttungen der Beteiligungsgesellschaften.

Dann die Einnahmen: nicht nur seit 2016  die guten Steuereinnahmen immer erst eingeräumt, wenn es nicht mehr anders ging.

Jetzt auch der Sondereffekt  ‚Sealink‘, dem Garantieportfolio für die Notleidende Sachsen-LB. Im Jahr 2018 Einnahmen, die ich bei mindestens 300 Mio. ansetzen würde. Bis zuletzt: Landesregierung kann nichts dazu sagen.
Und dann die LHO:

Das gesetzliche Erfordernis des Tilgens wird durch eine Umdefinition erreicht, die der Beliebigkeit Tür und Tor öffnet. Dazu in späterem TOP Kollege Stickelberger.
Nur so viel zum Versuch von MP Kretschmann am Mittwoch, eine  parlamentarische Beratung dazu zu behaupten: die war 2011 – 2016 ..

Wollen Sie sich wirklich gegen ‚Tarnen, Tricksen, Täuschen‘ wehren?

Drittens:

wir müssen, unabhängig vom politischen Diskurs zwischen Regierung und Opposition, die Grundlagen unserer Finanzverwaltung stärken. Wir halten es wie die Regierung für richtig, dass die von grün-rot abgesenkte Eingangsbesoldung wieder rückgängig gemacht wird.

Das gilt gerade auch für die Finanzverwaltung, die bei jungen Leuten in besonderer Konkurrenz etwa zu privaten Steuerkanzleien steht.

Wir brauchen auch eine generell höhere Eingangsbesoldung im mittleren Dienst.

Ebenso eine neue Besoldung A13Z im gehobenen Dienst.

In einem weiteren Schritt, den wir mit 200 Stellen beginnen möchten, brauchen wir auch die Aufstockung des Personalbestandes in der Steuerverwaltung entsprechend einer bundesweiten Erhebung.

Attraktiver öffentlicher Dienst ist ein Gebot der Zeit !

 

Ein Wort zur Verwaltungsschule in Ludwigsburg:

…. Keine versteckte Externalisierung durch das entstandene Wirrwarr …

Viertens einige Gedanken zur Haushalts-Struktur:

 

Dass ein Landeshaushalt personallastig ist, ist bekannt und kaum änderbar.

Es ist natürlich ein Verhandlungsgegenstand für künftige Gespräche mit dem Bund…

Für dieses Jahr war uns aber wichtig,

dass in den finanziellen Mehreinnahmen wir den Schwerpunkt auf Investitionen setzen. Entsprechend haben wir uns hier früh geäußert und festgelegt.

Wir anerkennen, dass die Koalition hier zu hohen Mehransätzen beim Landesbesitz gefunden hat. Wir sehen aber auch, dass es konsumtive Mehrausgaben gibt. Einige unabweisbar. Wir als SPD sehen dies ausweislich unserer Anträge ja auch.

Was einem aber bei den Haushaltsberatungen schon aufgefallen ist, sind diese sich fast überall einschleichenden zusätzlichen Ressourcen für Beratung, Koordination, Expertise, Spiegelung.

Dazu der nun schon ein Jahr alte Stellenaufwuchs im Umfeld der Leitungen von  Staatsministerium und Innenministerium. Die Erfahrungen zeigen, es geht vor allem um PR für zwei zur Einfluss-Demonstration entschlossene Spitzen von Grünen und CDU.

Ich kann nur sagen: Ich warne vor byzantinischen Verhältnissen in unserem Land.

Und zwar erst recht, wenn die Einnahmen einmal zurückgehen.

Für die SPD ist Maxime: „Personal dort, wo mit der Hand am Arm gearbeitet wird“.

Loben wollen wir ausdrücklich die höheren Ansparungen für die Pensionen. Die SPD hatte das ähnlich veranschlagt.

 

Fünftens: das Land und die Städte und Gemeinden.

Man kann nicht sonntags von der Flächenstärke unseres Landes sprechen

– die uns übrigens auch gegen Bayern abhebt – und werktags die kommunalen finanziellen Bedürfnisse klein reden oder abtun.

Sie haben während dieser Haushaltsdebatte den Sündenfall, dass die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden nicht vor der Haushaltseinbringung abgeschlossen waren, herunter gespielt.

Ist es aber nicht.

Es ist der traurige Beweis, dass wir wieder eine neue und unnötige Abkühlung im Verhältnis Land und Kommunen haben.

Tatsache ist, Städte, Gemeinden und Landkreise haben heute im Durchschnitt kein Einnahmenproblem. Aber sie haben ein zunehmendes Ausgabenproblem.

Wir lesen doch alle aufmerksam den Lokalteil unserer Heimatzeitungen. Und es ist dort doch offensichtlich, dass zunehmend Kreditaufnahme und Sparmaßnahmen wieder in die Schlagzeilen kommen. Natürlich gilt zunächst einmal Kommunale Selbstverwaltung.

Und natürlich hat der Trend mit veränderten Bedürfnissen unserer Bürgerschaft zu tun und mit geänderten gesetzlichen Grundlagen.

Aber darauf muss Landespolitik ja reagieren, so wie wir es übrigens mit der frühkindlichen Erziehung oder der Schulsozialarbeit gemacht haben.

 

Deswegen unser Investitionspaket von 1 Mrd. für Schulhausbau und Digitalisierung, Für ÖPNV und Krankenhäuser.

Das Geld ist da, weil sie es den Kommunen im Vorwegabzug unnötig weggenommen haben und weil das Land über genügend Mittel verfügt.

Sechstens und letztens: wie sieht die Zukunft aus?

Wir alle haben die Schuldenbremse im Blick und sind ihr verpflichtet. Sie ist nach dem Planwerk und auch im Angesicht der Wirklichkeit locker zu erreichen. Es gibt offensichtlich kein strukturelles Defizit mehr. Und es gibt riesige Reserven, die investiv eher schwer abzuarbeiten sein werden. Dass ein Regierungschef mit Polster über die Schuldenbremse kommen will, ist ein Luxus-Problem, aber nicht grundsätzlich kritisierbar.

Es geht aber auch hier um Klarheit und Wahrheit:

Sie haben neben den Reserven deutlichst  zurückgehende Tilgungsverpflichtungen ( aus der LHO ). Sie sind deshalb gefordert, Aussagen zur weiteren Ausstattung der Pensionsverpflichtungen zu tätigen, und Aussagen zur freien Tilgung von Kapitalmarktschulden zu machen.

Wir gehen hier in diesem Doppel-Haushalt schon einen Schritt weiter als grün-schwarz Und sehen eine Milliarde statt 2×250 Mio. vor.

Wir halten das Abtun der Zinsersparnisse bei stärkerem Schuldenabbau nicht für vernachlässigbar, wie die Koalition, sondern fordern ein, dies in den Blick zu nehmen.

Wir sehen die Finanzpolitik unseres Landes Im Dienste der aktuellen Landes-Aufgaben.

Sie muss ebenso der Nachhaltigkeit verpflichtet sein. Sie ist aber nicht der grün-schwarzen Dramaturgie verpflichtet. Dies ist ein Haushalt der Gießkanne,

Keiner mit Linie

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !

+++Es gilt das gesprochene Wort.+++

Ansprechpartner

Nicolas Fink
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender

Max Yilmazel
Berater für Finanzpolitik, Europa und Internationales