Redemanuskript Dr. Stefan Fulst-Blei
Aktuelle Debatte „Unterrichtsausfall auf Rekordniveau – Eltern klagen gegen Kultusministerin“

am 11. Oktober 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Den Eltern stinkt es!

In Stuttgart konnten sie die weichgespülten Zahlen des Kultusministeriums zum Unterrichtsausfall nicht länger glauben und fragten selbst bei ihren Gymnasien nach. Das Ergebnis der Umfrage der Elternvertretung ARGE war ebenso alarmierend, wie vorhersehbar: knapp 13,49 % des Unterrichts fand nicht wie geplant statt, 7,81 % fiel komplett aus.

Aber es kommt noch dicker, denn nun wissen die Eltern keinen anderen Ausweg mehr, als gegen ihr eigenes Kultusministerium zu klagen!

Was für ein einmaliger Vorgang!

Was für eine Schande für unser Land!

Landesweit herrscht großer Unmut über den zunehmenden Unterrichtsausfall an unseren Schulen. Das Schuljahr 2017/18 markierte einen traurigen Höhepunkt: über alle Schularten hinweg fiel 12,5 % mehr Unterricht aus als im Vorjahr. Besonders eklatant war es an Gymnasien und beruflichen Schulen, dort waren es anteilig sogar 20 % mehr. Und dies angesichts der hervorragenden Bewerberlage in Gymnasialbereich – hier stehen über 2.000 Bewerberinnen und Bewerber auf der Straße!

Im neuen Schuljahr sieht es nicht besser aus. Die prekäre Lage ist der Kultusministerin Eisenmann allerdings kein Anlass zur Demut. In ihrer LPK zum Schuljahresbeginn schlägt sie eine volle Stunde verbal um sich: Gewerkschaften liefern weder korrekte Zahlen noch konstruktive Vorschläge, alle ihre Vorgänger haben falsch geplant, der Rechnungshof ist inkompetent und die Lehrkräfte sind sowieso viel zu unflexibel.

Alle sind schuld außer der verantwortlichen Ministerin?

So nicht!

In den Gymnasien findet im Landesdurchschnitt jede 8. Stunde (12,7 %) nicht regulär statt und das während – ich sage es nochmal, weil es eigentlich ein unglaublicher Zustand ist – über 2.000 Gymnasiallehrkräfte keine Stelle erhalten haben. Wie können Sie das zulassen? Wie können Sie da immer noch behaupten, die Streichung von über 1.000 Lehrerstellen zum letzten Schuljahr hätte keinen Effekt auf die Unterrichtsversorgung?

Sie haben sehenden Auges und trotz steigender Schülerzahlen, trotz voller Kassen, Lehrerstellen abgebaut. Sie haben Unterrichtsausfall beschlossen.

Sie sind die Regierung der Lehrerstellenstreichung!

Sie haben eine zentrale Fehlentscheidung getroffen und Ihre Arroganz der Macht hält Sie bisher davon ab, diesen Fehler zurückzunehmen. An dieser Stelle zitiere ich gerne den Kollegen Kern von der FDP, der nach besagter LPK in der Presse verlauten ließ: „Der gebetsmühlenartige Verweis von Frau Eisenmann auf die Vorgängerregierung verkommt immer mehr zum Ritual der Hilflosigkeit und ersetzt nicht das eigene Handeln.“

Handeln könnte diese Landesregierung, unterlässt es aber wissentlich. Spielraum gibt es an den Gymnasien.

Spielraum gibt es aber auch bei den Gemeinschaftsschulen, an denen zahlreiche Grundschullehrkräfte eingesetzt sind. Warum ersetzen wir diese nicht in Teilen mit Gymnasiallehrkräften? So hätte die Grundschule wieder mehr Lehrkräfte mit passender Ausbildung und die Gemeinschaftsschule ein besser durchmischtes Kollegium, wie es das Konzept vorsieht. Eigentlich ein Win-Win für beide Schularten, eine Verbesserung der Unterrichtsversorgung und für die arbeitssuchenden Gymnasiallehrkräfte.

Es wird von den Regierungsfraktionen gleich eine Liste an Maßnahmen folgen, die sie zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung umsetzen. Lassen Sie uns drüber reden was sie nicht tun, denn das ist der Grund, warum die Klage der Eltern berechtigt ist.

Diese grün-schwarze Landesregierung macht sich schuldig, indem sie keine klaren Weichen für die Zukunft stellt.

In Ihrem Maßnahmenpaket denken Sie nicht weit genug. Eine Vollerhebung zum Unterrichtsausfall bringt nichts, wenn Sie daraus keine Konsequenz  ziehen und keine neuen Zielgrößen formulieren. Es kann nicht sein, dass wir nur versuchen den Status Quo zu erhalten, denn dieser ist absolut unbefriedigend. Wir müssen besser werden!

Aus Sicht der SPD braucht es:

  • Rücknahme der Stellenstreichungen 2017 – das ginge sofort.
  • Ausbau der Krankheitsreserve um mindestens 20 % auf 2.000 Stellen – das ist ebenfalls jetzt schon möglich mit den Gymnasiallehrkräften.
  • Versorgungsgrad jeder Schule von 106%
  • Aufstockung des Entlastungskontingents
  • Und ganz wichtig: Gestalten Sie den Beruf des Lehrers attraktiver und schmeißen Sie die Leute nicht noch jedes Jahr über die Ferien raus.

Herr Schebesta, nehmen Sie die Anliegen der Eltern endlich ernst – hören Sie auf die landesweiten Beschwerden!

Unterrichtsausfall auf Rekordniveau – Eltern verklagen das Kultusministerium.

Das ist eine Bankrotterklärung für den Bildungsstandort Baden-Württemberg!

Ich danke Ihnen!

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Dr. Stefan Fulst-Blei
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bildungspolitischer Sprecher