Redemanuskript Andreas Stoch

Aktuelle Debatte „Unsere Schulen brauchen eine digitale Ausstattung, die funktioniert – und keinen Ministerpräsidenten, der blockiert!“

am 28. November 2018

Endlich! Endlich muss man sagen, passiert das, was schon lange nötig ist. Die in unendlich vielen Sonntagsreden gepriesene Bedeutung der Bildung kommt in der Realität, vor allem der finanzpolitischen Realität an.

Endlich scheinen einige in unserem Land – nein in unserem Staat – (sonst würde hier Verwechslungsgefahr bestehen) zu erkennen, dass wir dringend mehr Mittel für die Bildung benötigen. Und endlich wächst ein Bewusstsein dafür, dass die Länder allein bzw. auch die Kommunen allein überfordert sind, die dafür notwendigen Ausgaben allein zu schultern. Denn wo sind denn die großen Steuertöpfe? Stehen die etwa im Land? Nein!

Schon in der letzten Legislaturperiode haben wir doch gesehen, wie schwierig es ist, ausreichend finanzielle Mittel aufzubringen, wenn es um eine wirkliche Weiterentwicklung der Bildung geht. Wir haben damals die Grunderwerbssteuer erhöht, um mit den Mehreinnahmen direkt in die frühkindliche Bildung und in die Schulsozialarbeit zu investieren. Damit habe wir Baden-Württemberg auf Platz 1 der Bundesländer gebracht. Der Pakt für Familien war ein Meilenstein für Baden-Württemberg nach jahrzehntelangem Tiefschlaf von CDU und FDP in diesem Bereich.

Und jetzt muss es weitergehen mit den Bildungsinvestitionen. Deutschland liegt bei den Bildungsinvestitionen deutlich hinter dem OECD-Durchschnitt. Und jeder, der diesen Zustand weiter fördert, wie Sie Herr Ministerpräsident oder Sie, Herr Strobl, der soll sich zukünftig in seinen Sonntagsreden die Sprüche sparen, dass unser Rohstoff die Köpfe unserer Kinder sind.

Gerade jetzt stehen unsere Schulen und unser gesamtes Bildungssystem doch vor riesigen Veränderungen. Gerade wegen und durch die Digitalisierung sind jetzt gewaltige Investitionen in unsere Bildungssysteme notwendig. Und wenn sich die Landesregierung doch oft versucht unter der Überschrift „Digitalisierung“ zu sammeln – Digitalisierung ist eben nicht nur das Verlegen irgendwelcher Kabel. Die Digitalisierung ist die Bildungsfrage des 21. Jahrhunderts!!

Und wenn wir dann schon bei Ihren Hochglanzbroschüren sind. Was habe sie denn im Bildungsbereich bisher im Bereich Digitalisierung auf die Schiene gesetzt?

Alles, was an Digitalisierung für die Schulen auf dem Weg ist, ist doch noch Proviant, den wir ihnen in SPD-Zeiten eingepackt haben: Tablet-Versuch, Medienbildung im Bildungsplan, Ausweitung des Informatikunterrichts, Lernfabriken 4.0!

Stimmt, ein eigenes Projekt hatten Sie schon auf den Weg gebracht, die Bildungsplattform ella. Mit der haben Sie aber nicht nur sinnlos mindestens 8,7 Millionen Euro vergraben, sondern auch viel Vertrauen an den Schulen. Da hilft es auch nichts, wenn Sie Dilettantismus als Mut zum Risiko verkaufen wollen.

Das rundet sich, denn in den Kommunen haben Sie in dieser Sache auch viel Vertrauen verspielt: Seit 2016 haben Sie sich geweigert, den Kommunen bei der Digitalisierung unter die Arme zu greifen. Die Multimediaempfehlungen für die neuen Bildungspläne verstauben seit über zwei Jahren in den Schubladen, weil Sie sich das reiche Baden-Württemberg die Ausgaben nicht leisten will.

Und der halbherzige Kompromiss vom Sommer macht das nicht viel besser: 150 Millionen Euro auf dem Papier, eine einmalige Anschubfinanzierung, die Hälfte davon gesperrt und von der Auszahlung von Bundesmitteln abhängig.

Was wir brauchen, ist etwas ganz anderes: Wir brauchen eine dauerhafte Förderung für die digitale Ausstattung unserer Schulen, und zwar flächendeckend im ganzen Land. Das muss sich diese Regierung hinter die Ohren schreiben, denn hier schafft man ja lieber Leuchttürme, druckt Hochglanzbroschüren und feiert Festivals der digitalen Bildung.

Was die dringend nötige digitale Ausstattung unserer Schulen angeht, kommt diese Regierung derzeit nicht einmal alleine über die Straße. Sie weigert sich aber, sich helfen zu lassen. Damit beweisen Sie, dass Sie von der Notwendigkeit der Digitalisierung so wenig verstehen wie vom Föderalismus. Der bedeutet nämlich Zusammenarbeit in Eigenständigkeit und keinen Autismus der einzelnen Länder.

Die Bildung ist Sache des Landes, doch die Ausstattung der Schulen ist nun eben fast immer Sache der Kommunen. Die haben Sie lange sitzen lassen, manche sagen, Sie lassen die Schulen am ausgestreckten Arm verhungern. Und jetzt beißen Sie noch in eine Hand, die unsere Schulen füttern will. Das ist nicht föderal, das ist fatal.

Auch bei diesem Thema erleben wir wieder das Grunddilemma dieser Regierung: Sehr viel beharren, sehr wenig bewegen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident spielt eine herausragende Rolle in der Betonung des Föderalismus. Das kommt ihm entgegen, denn da geht es eben nicht ums bewegen, sondern ums beharren. Den Föderalismus haben wir ja schon, also kann man konservativ über Grundsätze philosophieren. Erst Recht reicht das dann, wenn der Föderalismus gar nicht wirklich in Gefahr ist.

Bei der digitalen Ausstattung unserer Schulen spielt Baden-Württemberg leider gar keine herausragende Rolle. Denn diese Digitalisierung haben wir noch nicht, und hier hilft kein Beharren, sondern BEWEGEN wäre gefragt. Hier reicht es nicht, wenn der Häuptling sich ans Lagerfeuer setzt und dreimal laut „DIGITALISIERUNG!“ sagt.

Die Bundesregierung plant, 5 Milliarden Euro in die digitale Ausstattung deutscher Schulen zu stecken. Rund 650 Millionen Euro sollen wohl an Schulen in Baden-Württemberg fließen. Aber das auch wieder nicht richtig: Geld sei schon wichtig, sagt der Ministerpräsident, aber doch nicht mit einem zweckgebundenen Programm. Das sei ja eine Bevormundung. Wieder ans Lagerfeuer, wieder dreimal laut „FÖDERALISMUS!“ sagen.

Was der Ministerpräsident da am vermeintlichen Verhalten des Bundes allerdings kritisiert, entspricht genau seiner Bevormundung gegenüber den Kommunen im Land.  Mit der höheren Vorwegentnahme, serviert er den Städten und Gemeinden ihr Geld lieber in  „mundgerechten Häppchen“. Da ist es doch fast schon scheinheilig, wegen des Digitalpaktes des Bundes so einen Kriegstanz aufzuführen!

Aber die ganze Föderalismusfrage ist eine Scheindebatte! Nicht die digitale Entwicklungshilfe des Bundes ist der Skandal, sondern die Tatsache, dass Baden-Württemberg ein digitales Entwicklungsland bleibt. Und das die Landesregierung in dieser Scheindebatte nur die halbe Wahrheit sagt: Ja, Bildung ist eine Sache der Länder, das bleibt auch so. Aber Schulen sind eben auch eine Sache der Kommunen, und die hat das Land böse im Stich gelassen. Es wird beharrt und nicht bewegt.

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Daniel Born
Stellvertretender Landtagspräsident

Dr. Stefan Fulst-Blei
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bildungspolitischer Sprecher

Lisa Rößner
Beraterin für Bildung, Jugend und Sport