Redemanuskript Sascha Binder
Erste Lesung „Gesetz zur Anpassung des allgemeinen Datenschutzrechts und sonstiger Vorschriften an die Verordnung (EU) 2016/679

am 09. Mai 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute beraten wir in erster Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes sowie 18 weiterer Landesgesetze aus dem Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums.

Auslöser dieser Gesetzesänderung ist die EU-Datenschutzgrundverordnung, die am 25. Mai unmittelbar in Kraft tritt. Fakt ist, dass die Umsetzung der Verordnung zum Beispiel Unternehmen, aber auch insbesondere Vereine mit ihren vielen Ehrenamtlichen vor große Herausforderungen stellt. Ich bin aber davon überzeugt, dass die qualifizierte Beratung des Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen wird, diese Herausforderungen zu meistern.

Nach den Datenschutzskandalen der vergangenen Monate bringt die Datenschutzgrundverordnung endlich auch einen notwendigen rechtlichen Rahmen für US- amerikanische Internetkonzerne wie Facebook, Google und Apple, zumindest, wenn sich die Angebote an Nutzer in der Europäischen Union richten. Die Möglichkeit, Geldbußen bis zu vier Prozent des gesamten weltweit erzielten Unternehmensjahresumsatzes zu verhängen, sollte selbst Marc Zuckerberg und Co. zu einem Umdenken bei der Weiterverarbeitung seiner Kundendaten bewegen können.

Lassen Sie mich nur kurz einige inhaltliche Anmerkungen zu dem hier vorliegenden Gesetzentwurf machen:

Der Anwaltsverband hat auf die aus seiner Sicht notwendige Ergänzung des § 12 zur Verarbeitung personenbezogener Daten, die einem Berufs- oder besonderem Amtsgeheimnis unterliegen, um einen Absatz 3 analog des Bundesdatenschutzgesetzes hingewiesen. Wir haben in dem jetzigen Entwurf keine Übernahme des Vorschlages gefunden. Ja, so etwas passiert schon mal. Wir haben allerdings auch keine inhaltliche Auseinandersetzung und Argumentation gefunden, aus welchen Gründen dieser Vorschlag nicht aufgegriffen wurde.

Darüber hinaus erscheinen uns auch andere Vorschläge aus den Stellungnahmen erörterungsbedürftig. Die Regierung formuliert es in der Begründung (Seite 14) selbst wie folgt: „Der Landesdatenschutzbeauftragte sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf in zahlreichen Punkten, um den Anliegen der Verordnung gerecht zu werden.“

So hätten wir beispielsweise gerne geklärt, ob die Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz in § 15 oder zur Videoüberwachung in § 18 nun den Anforderungen der Verordnung genügen, die unter anderem der Landesdatenschutzbeauftragte in seiner Stellungnahme formuliert hat.

Es ist gut, dass die Regierungsfraktionen dem gemeinsamen Vorschlag von SPD und FDP gefolgt sind und wir nun am 4. Juni eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchführen werden. Erstens wissen wir aus Erfahrung, dass eine Anhörung bei Gesetzentwürfen aus dem Hause des Innenministers durchaus Sinn machen und ihre Berechtigung haben. Zweitens werfen der jetzt vorliegende Gesetzentwurf und auch die Auseinandersetzung des Innenministers mit den vorliegenden Stellungnahmen – wie gerade angedeutet – noch Fragen auf.

Das im Gesetzentwurf enthaltene Datum des Inkrafttretens, der 25. Mai 2018, werden wir in Baden-Württemberg leider nicht einhalten können. Und dafür gibt es eine Erklärung:

Der Gesetzentwurf inklusive der sehr umfangreichen Stellungnahmen wurde uns am 19. April zugeleitet. Wir sind erst einmal froh, dass Ihr ursprüngliches Ansinnen, Herr Innenminister, das Gesetz bereits am 25. April in erster Lesung, einen Tag später im Ständigen Ausschuss und dann heute in 2. Lesung zu beraten und zu beschließen, im Ergebnis und nach einer gewissen Zeit des Nachdenkens auch bei den Regierungsfraktionen keine Unterstützung gefunden hat.

Ihr ursprüngliches Ziel, Herr Minister war es, dieses Artikelgesetz im „Schweinsgalopp“ durch den Landtag zu jagen, damit Sie das Inkrafttreten am 25. Mai 2018 dann doch noch irgendwie sicherstellen können.
Und um eins klarzustellen: Dass dieses Ziel nun nicht erreicht wird, ist nicht die Schuld der Opposition, sondern dafür tragen Sie die alleinige Verantwortung, Herr Minister!

Sie weisen oft und gerne auf die gute Zusammenarbeit der Bundesländer der Südschiene hin. Vielleicht hätte Ihnen ein Blick nach Bayern bei diesem Thema gut getan: Dort wurde nicht nur die EU-Datenschutzgrundverordnung – und zwar in allen Bereichen – pünktlich und gesetzgeberisch umgesetzt, sondern auch die für Polizei und Justiz maßgebliche sogenannte JI-Richtlinie.

Von der Umsetzung dieser Richtlinie, die wohl in einem Polizei-Datenschutzgesetz erfolgen soll, habe ich bislang von Ihnen, Herr Minister, nichts gehört. Mich würde schon interessieren, welchen Zeitplan Sie hier verfolgen.

Nachdem, was Sie uns auf unsere Anfrage im März mitgeteilt haben, fehlen nach meiner Rechnung in Baden-Württemberg mindestens noch 20 Landesgesetze, die ebenfalls angepasst werden müssten. Ich finde es bedauerlich, dass jedes Ressort jetzt sein eigenes Süppchen kocht, nur weil Sie anscheinend nicht in der Lage waren bzw. sind, die Sache zu koordinieren und für ein geregeltes Verfahren zu sorgen. Zeit genug hätten Sie ja gehabt seit 2016.
So dürfen wir auf die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung und die Beratungen im Innen- und Ständigen Ausschuss gespannt sein.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Melbeck Fraktion
Malin Melbeck
Parlamentarische Beraterin für politische Planung und Strategie, Parlamentsrecht, Stellvertretende Fraktionsgeschäftsführerin