Redemanuskript Rainer Hinderer

Aktuelle Debatte „Nicht nur der Rettungsdienst kommt zu spät – wann endet die Untätigkeit der Landesregierung angesichts der Defizite im Rettungsdienst

am 31. Januar 2018

Anrede,

Die Situation im Rettungswesen ist seit längerer Zeit Gegenstand öffentlicher Debatten. Diese Debatte eignet sich bestens sehr emotional geführt zu werden – geht es doch beim Rettungsdienst um Leben und Tot.

Wiederholt wurde, zuletzt vom SWR, thematisiert, dass die Hilfsfristen in BW nicht eingehalten werden. Ich habe die Berichterstattung verfolgt.

Thema bewegt die Menschen – viele Äußerungen und Stellungnahmen.

Innenminister Strobl: Funkstille! (wichtigere Probleme zu lösen?)

Aus den Darstellungen konnte schon der Schluss gezogen werden, dass es in BW besser ist nicht zu verunfallen oder einen Notfall zu erleiden, weil das Risiko nicht rechtzeitig und ordentlich vom Rettungsdienst und Notarzt versorgt zu werden sehr hoch ist.

Es konnte der Eindruck entstehen, dass es um unsere Rettungsdienste miserabel bestellt ist – das ist aus meiner Sicht nicht der Fall!

Ich denke, es gibt durchaus Verbesserungsbedarf – aber es gibt keinen Grund zu Panik. Insgesamt sind unsere Rettungsdienste gut aufgestellt und die haupt- und auch ehrenamtlichen Sanitäter leisten eine hervorragende Arbeit. Dank!

Die Qualität der Arbeit und der Rettung wird mit dem neuen Berufsbild des Notfallsanitäters mit einer dreijährigen Ausbildung nochmals verbessert.

Unser Dank gilt allen, die in diesem schwierigen Beruf oder Ehrenamt eine vorzügliche und engagierte Arbeit leisten.

Die Hilfsfristen sind gesetzlich im Rettungsdienstgesetz geregelt.

In erster Linie sind diese Fristen eine Planungsgröße, auf die man sich in Verhandlungen mit den Krankenkassen bereits vor vielen Jahren geeinigt hat.

Aus medizinischer Sicht ist es bei lebensbedrohlichen Situationen (Herzstillstand, großer Blutverlust) wichtig, dass innerhalb von drei bis fünf Minuten geholfen wird. Dies kann weder durch den Rettungsdienst noch einen Notarzt sichergestellt werden.

Deshalb hat bereits Innenminister Gall alle Anstrengungen auf die Verbesserung der gesamten Rettungskette gesetzt – insbesondere die Helfer-vor-Ort, Teleanimation und die Entwicklung von Helfer-Apps.

Aber auch darauf, dass der Patient in das geeignetste Krankenhaus eingeliefert wird – das muss nicht unbedingt das nächstgelegene sein!

Die Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass die Hilfsfristen von 10 Minuten in allen Rettungsdienstbereichen nicht zu den vorgegebenen 95% eingehalten werden und auch oft die 15 Minuten-Frist unter der 95%-Marke bleibt.

Allerdings sollte fairerweise nicht unterschlagen werden, dass die durchschnittliche Fahrtzeit von Rettungswagen und Notarzt knapp über 6 Minuten liegt.

Positionierung der SPD-Fraktion zu den Hilfsfristen:

 

  • Novellierung des RDG im Jahr 2015 hat den Grundstein dafür gelegt, dass die gesamte Rettungskette in den Blick genommen wird. Wir fordern, dass noch intensiver geprüft wird, in welchem Teil der Kette Zeit eingespart werden kann.
  • Beleuchtung der Schnittstelle Rettungsdienst/Krankenhaus mit dem Ziel der Verkürzung der Übergabezeiten bei den Krankenhäusern.
  • Verkürzung zu langer Wartezeiten bei den Krankentransporten, um die „missbräuchliche“ Inanspruchnahme von Rettungswagen für Krankentransporte einzudämmen.
  • Auskömmliche Finanzierung der Krankentransporte – Verhandlungsergebnis 2017 – Blockade der AOK …
  • Es ist eine eindeutige und einheitliche Regelung erforderlich, wann die Hilfsfrist zu laufen beginnt.
  • Die Vorhalteerweiterungen allein haben noch nicht dazu geführt, dass die Hilfsfristen eingehalten werden. Deshalb muss zusätzlich dafür gesorgt werden, dass steigende Einsatzzahlen dadurch gesenkt werden, dass der Rettungsdienst von Einsatzfahrten entlastet wird, die nicht zwingend durch den öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst geleistet werden müssen. Dies betrifft vor allem den Bereich der Krankentransporte und Verlegungstransporte.
  • Stärkere Einbindung der Luftrettung, um einerseits den Patienten schnell in das geeignetste (nicht das nächste) Krankenhaus einliefern zu können, andererseits zur Entlastung der Rettungswagen, die dann für andere Fahrten zur Verfügung stehen.

Ein weiterer Punkt in der Diskussion ist die Struktur der Leitstellen und wie diese verbessert werden kann.

Das Rettungsdienstwesen in Baden-Württemberg ist sehr kleinräumig strukturiert, dies bedeutet auch, dass die Leitstellen sehr viele Aufgaben wahrnehmen und die Prozesse unter den Gesichtspunkten Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit vielfach nicht als optimal empfunden werden.

Im Koalitionsvertrag von Grünen und CDU ist vorgesehen, die Leitstellenlandschaft der Integrierten Leitstellen für Feuerwehr und Rettungsdienst zu überprüfen.

Unsere Frage: wann dürfen wir hier mit Ergebnissen rechnen?

Positionierung der SPD zur Neukonzeption der Leitstellenstruktur

  • Innenminister Gall hat in der letzten Legislaturperiode die Zuständigkeit für den Rettungsdienst ins Innenministerium geholt, was eine bessere Verknüpfung mit Feuerwehr und Katastrophenschutz gewährleistet.
  • Weiterhin hat er die Rettungswachenstruktur ausgebaut, die Anzahl der Fahrzeuge erhöht, die Notfallsanitäterausbildung auf den Weg und Hubschrauberstandorte auf Vordermann gebracht.
  • BW hat unter Innenminister Gall als einziges Bundesland ein umfassendes landesweites Qualitätssicherungssystem aufgebaut und eine Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst (SQR-BW) eingerichtet. Ziel ist es unter Einbeziehung aller Datenquellen (Notarzt, Leitstellen, Rettungswagen) die gesamte Rettungskette zu analysieren und Konsequenzen zu ziehen.
  • Ziel muss es sein, anhand der Daten zielgerichtete Verbesserungsvorschläge zur Neustrukturierung der Leitstellen zu entwickeln. Hier erwarten wir dringend die Ergebnisse und dass die Landesregierung dann auch die entsprechenden Konsequenzen zieht.

Beispiel: andere Bundesländer z.B. Bayern, Hessen, R.-Pfalz haben einen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (zuständig fürs med. Qualitätsmanagement, Optimierung Einsatzlenkung, Überwachung Patientenversorgung).  Die Forderung nach der Einführung von Ärztlichen Leitern Rettungsdienst und die entsprechende gesetzliche Verankerung im Rettungsdienstgesetz unterstützen wir.

Es gilt das gesprochene Wort.

Ansprechpartner

Klose Fraktion
Roland Klose
Berater für Sozial- und Gesundheitspolitik