Unser Ziel ist es, Baden-Württemberg, die Unternehmen und alle Beschäftigten mit ihren Familien zu Gewinnern der Arbeitswelt der Zukunft zu machen. Die SPD hat hierfür die richtigen Ideen und Konzepte.

Einleitende Bestandsaufnahme:

Die Arbeitswelt der Zukunft verändert sich durch die fortschreitende Digitalisierung und durch den damit einhergehenden technologischen Wandel. Dabei haben wir es mit einem Dreiklang zu tun, und zwar mit

  • einer Neustrukturierung von Arbeitsprozessen,
  • einer Flexibilisierung der Arbeitswelt und
  • einem Umwälzungsprozess insbesondere im Automobilsektor mit einer Hinwendung zu alternativen Antriebstechniken sowie selbstfahrenden und vernetzten Fahrzeugen.

Es ist von zentraler Bedeutung, die Arbeitnehmerinteressen im Blick zu behalten. Die Zukunft der Arbeit darf keine sein, in der die Rechte der Beschäftigten, Mitbestimmung, Gesundheitsschutz und die Trennung von Arbeit und Freizeit eine untergeordnete Rolle spielen. Im Gegenteil: die Potenziale, die durch eine Flexibilisierung der Arbeitswelt entstehen, müssen genutzt werden, um beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Die digitale Rendite muss auch Beschäftigten zugutekommen. Die Landesregierung hat diese Aspekte nicht auf der Agenda, für uns stehen sie jedoch im Mittelpunkt unserer Überlegungen. Es ist unser Ziel, die Flexibilisierung um den Faktor Selbstbestimmung zu ergänzen.  Zudem müssen wir uns der Herausforderung stellen, dass im Zuge der Digitalisierung der Wegfall von Arbeitsplätzen droht – in manchen Regionen des Landes sogar überdurchschnittlich. Es ist unser Anspruch, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im ganzen Land sicherzustellen.

Bei der digitalen Transformation haben große Unternehmen wie beispielsweise Daimler, Bosch und Porsche wie auch größere mittelständische Unternehmen offenkundig die Kapazitäten, den Prozess mit all seinen Auswirkungen zu gestalten und neue Herausforderungen anzunehmen. Dies haben sie in der Vergangenheit bereits vielfach gezeigt. Dahingegen stehen kleinere und mittlere Unternehmen vor noch größeren Herausforderungen.  Dies kann finanzielle wie auch personelle Ressourcen betreffen.  Dabei geht es auch um die Frage, inwieweit in kleinen Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgestellt werden können, um sich mit den Auswirkungen der Transformation auf das Unternehmen zu befassen.

Alle Unternehmen sind darauf angewiesen, qualifiziertes Personal zu haben, das sich regelmäßig weiterbildet (Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit). Davon profitieren sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch die Unternehmen. Doch während größere Unternehmen das in der Regel alleine bewältigen können, brauchen die kleineren und mittleren Unternehmen dabei Unterstützung. Dies gilt auch für die Beschäftigten, deren Arbeitsplatz aufgrund des technologischen Wandels verloren gehen könnte.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und großen Unternehmen andererseits ist der, dass den kleinen und mittleren Unternehmen in der Regel Ressourcen für eigene Forschung fehlen oder diese beschränkt sind. Dies hat Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit und stellt somit einen wichtigen Teil der Bestandsaufnahme dar: auch hier sind unterstützende Maßnahmen gefragt.

Baden-Württemberg mit seinen starken und innovativen Unternehmen sowie leistungsfähigen und flexiblen Beschäftigten hat die besten Voraussetzungen, mit oben genannten Veränderungen umzugehen, diese aktiv zu beeinflussen und aus diesem Prozess noch stärker hervorzugehen. Dafür müssen jedoch auch seitens der Politik die Voraussetzungen geschaffen werden.

Was das Land tun muss:

  • Weiterbildung: Um die Prosperität der baden-württembergischen Wirtschaft und die Sicherung der Arbeitsplätze sicherzustellen, muss die Beschäftigungsfähigkeit der arbeitenden Menschen gestärkt werden. Die Weiterbildungsbereitschaft ist vorhanden. Diese muss genutzt und über eine koordinierte Weiterbildungsberatung gefördert werden. Der von uns geforderte Weiterbildungsfonds ist ein wichtiges Instrument. Grün-Schwarz darf den Weiterbildungsfonds nicht ablehnen, nur weil die Initiative im Land von der SPD kam. Wir erwarten eine Qualifizierungsoffensive, die vom Land angestoßen, begleitet und finanziell gefördert wird. Dabei muss es insbesondere auch darum gehen, die Weiterbildung Geringqualifizierter verstärkt in den Blick zu nehmen. Zudem muss die Regierung ihre Angriffe auf das Bildungszeitgesetz einstellen und stattdessen verstärkt auf die Möglichkeiten der Bildungszeit hinweisen, um dann, wie geplant, nach vier Jahren eine Evaluation vorzunehmen.
  • Arbeitnehmerrechte: Wer glaubt, die Veränderung der Arbeitswelt zu einem Abbau von Arbeitnehmerrechten nutzen zu können – wie dies die CDU im Land tut – der irrt gewaltig. Gesundheitsschutz und Arbeitnehmerrechte, Tarifautonomie und Mitbestimmung müssen gestärkt werden. Hierzu gehört auch ein Initiativrecht der Betriebsräte in Fragen der Weiterbildung. Das Land muss zu diesen Themen eigene Initiativen entwickeln sowie über den Bundesrat in diesem Sinne mitwirken. Das Arbeitszeitgesetz an neue Gegebenheiten anzupassen kann richtig sein: hierzu braucht es Experimentierräume, um – wissenschaftlich begleitet – zu ergründen, wie die Arbeitszeit gestaltet werden kann und wie agile Arbeitsformen aussehen können. Es darf keine Flexibilisierung auf dem Rücken der Beschäftigten geben. Stattdessen muss die Flexibilisierung um den Faktor Selbstbestimmung ergänzt werden, weil in der Flexibilisierung Chancen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ihre persönliche Lebensgestaltung liegen können. Deshalb braucht es auch ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, wie dies von der SPD im Bund angestoßen, dann aber von der CDU blockiert wurde.
  • Beschäftigtendatenschutz: Zu klären sind Fragen des Beschäftigtendatenschutzes. In einer flexibilisierten und digitalisierten Arbeitswelt stellen sich ganz neue datenschutzrechtliche Herausforderungen.
  • Ansprechpartner: Wenn kleine Unternehmen – wie Studien zeigen – zu einem nicht geringen Teil angeben, sie wüssten nicht, wie sie auf die Digitalisierung und die damit einhergehende Veränderung der Arbeitswelt reagieren sollen, zeigt dies deutlich: hier braucht es Unterstützung. Klare Ansprechpartner vor Ort und die Schaffung von Netzwerken können hier ein erster Schritt sein. Das Land ist dabei gefordert.
  • Forschung und Forschungsverbünde: Durch den Ausbau der Spitzenforschung und durch die Schaffung von Forschungsverbünden können Entwicklungen beispielsweise bei alternativen Antriebsformen unterstützt werden. Wir sehen hier die Landesregierung in der Verantwortung. Forschungsergebnisse müssen dem Mittelstand zugänglich gemacht werden, um auch so Arbeitsplätze im Land zu sichern.
  • Gründerszene: Die Zukunft der Arbeit liegt auch in einer aktiven Gründerszene. Nicht jedes Start-up wird wirtschaftlich ein Erfolg sein und neue Arbeitsplätze schaffen. Aber vielen wird dies gelingen. Deshalb muss die Gründerszene finanziell stärker unterstützt werden. Parallel dazu sind Fragen zu klären, wie auch im Umfeld von Start-ups Arbeitnehmerrechte gesichert und beispielsweise Crowd-working so gestaltet werden kann, dass die Dynamik und Flexibilität nicht eingeschränkt wird, aber eben doch schützende Leitplanken vorhanden sind. Zudem muss diskutiert werden, wie gerade in der Zusammenarbeit von Mittelstand und Start-ups die Weitergabe und Vermittlung von Know-How sowie daran anknüpfend Verwertungsrechte sichergestellt werden können.
  • Aktive Industrie- und Strukturpolitik: Mit einer erfolgreichen Infrastrukturförderung kann es gelingen, Unternehmen zu halten und neue ins Land zu holen (z.B. auch als Folge des Brexit aus Großbritannien). Darüber hinaus muss das Land bei der Transformation in der Automobilindustrie eine aktivere Rolle spielen und daran mitwirken, dass auch Autos mit alternativen Antriebstechniken und deren Bestandteile in Baden-Württemberg gebaut werden. So geht es auch darum, die Batterieproduktion in Baden-Württemberg anzusiedeln, mitsamt der Forschung: Es ist leichter, die Forschung an den Produktionsstandort zu holen als den Produktionsstandort zur Forschung zu verlagern.  Eine aktive Industrie- und Strukturpolitik, wie wir sie fordern, kann mit dafür sorgen, in einzelnen Regionen Cluster zu bilden, in denen starke  Wirtschaftskreisläufe entstehen.
  • Infrastruktur: Darüber hinaus ist Politik auch gefordert, die Entwicklung in der Automobilindustrie durch die Bereitstellung von Infrastruktur zu unterstützen. Elektro-Ladesäulen in Städten, aber auch auf dem flachen Land sind z.B. eine wichtige Voraussetzung, und der Ausbau muss daher forciert werden. Modellstädte für die Vernetzung verschiedener Mobilitätskonzepte können Entwicklungen im Land befördern. Dabei kann es allerdings nicht darum gehen, einseitig auf die Elektromobilität zu setzen. Ein intelligenter Mix verschiedener Technologien kann die Garantie dafür sein, die Arbeit der Zukunft im Land zu halten.
  • Strategie: Das Land hat unzählige Gipfel einberufen, Beiräte gegründet und zu Veranstaltungen eingeladen. Die Landesregierung versucht dadurch zu kaschieren, dass sie keine Idee und keine Strategie hat, wie sie die Arbeitswelt der Zukunft gestalten will. Erkennbar ist nur, dass die Regierung den Transformationsprozess nutzen will, um Arbeitnehmerrechte zu beschneiden. Doch das Gegenteil wäre richtig: alle an einen Tisch holen, ernsthaft an Strategien arbeiten, konkrete Verabredungen treffen, rasch in die Umsetzung gehen.

Fazit :

Alles, was hier genannt wurde, gelingt nur im Schulterschluss mit Unternehmen, Gewerkschaften und Beschäftigten. Unser zentraler Punkt ist dabei, die Zukunft der Arbeit so zu gestalten, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht auf der Strecke bleiben – die grün-schwarze Landesregierung behandelt diesen Aspekt allenfalls am Rande. Die Digitalisierung und weitere Veränderungen bringen für die Unternehmen wie auch die Beschäftigten manche Vorteile, aber es drohen auch Risiken. Wir müssen beispielsweise klären, dass es für Beschäftigte auch ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit gibt. Und natürlich geht es in erster Linie darum, einen Arbeitsplatzabbau auf breiter Front zu verhindern. Die Digitalisierung darf nicht als Vorwand hierzu dienen, Arbeitnehmerrechte auszuhöhlen. Dafür steht die Sozialdemokratie.

In Baden-Württemberg hängen viele Jobs direkt und indirekt am Automobil. Nicht nur deshalb ist es grob fahrlässig und schädlich für den Standort Baden-Württemberg mit allen Beschäftigten, das Automobil schlecht zu reden. Die Grünen sehen das offensichtlich anders und die CDU zieht bereitwillig mit. Wir wollen eine technologieoffene Weiterentwicklung für Automobile mit effizienter Technik und reduziertem Ausstoß an Schadstoffen und CO2. Die ist wichtig für die Technologieführerschaft und die Exportfähigkeit unserer Automobilwirtschaft, für die Arbeitsplätze in unserem Land und für Umwelt und Klimaschutz. Die SPD ist überzeugt davon, dass in Baden-Württemberg auch künftig die besten Autos gebaut werden, weil hier die fähigsten Unternehmen und die besten Fachkräfte zu Hause sind. Und dies ist eine Grundlage für den weiteren Erfolg unseres Bundeslandes.

Stuttgart, 19. Oktober 2017

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