Mit einem ganzen Bündel an Vorschlägen für eine Offensive im Wohnungsbau will die SPD den Handlungsdruck auf die grün-schwarze Landesregierung erhöhen. „Wir brauchen eine bessere Ausstattung des Wohnraumförderprogramms des Landes, überall eine schnellere Umsetzung, ein Absenken der Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb, niedrigere Hürden im Bauordnungsrecht und eine Ideenwerkstatt für innovatives Bauen“, erläutert SPD-Wohnungsbauexperte Daniel Born.

Die SPD ist im Landtag die treibende Kraft für eine Wohnraumoffensive in BadenWürttemberg. Wie schon in der vergangenen Regierungskoalition steht für die SPD fest: eine ausreichende und angemessene Wohnraumversorgung ist ein wesentlicher Baustein, damit sich alle Menschen in Baden-Württemberg zu Hause fühlen können. Eine gerechte, nachhaltige und demografiefeste Wohnungspolitik ist darum auch als aktive Sozialpolitik zu verstehen. Da zu CDU-Regierungszeiten über viele Jahre bei steigender Bevölkerungszahl zu wenig Wohnraum in Baden-Württemberg geschaffen wurde, spitzt sich der Wohnungsmangel zu. Die sozialdemokratisch geführte Wohnungsbaupolitik reagierte 2011 auf die steigende Wohnungsnachfrage und läutete einen Paradigmenwechsel ein. Dadurch gelang eine Trendwende: Es werden wieder mehr Wohnungen und darunter auch mehr Sozialwohnungen gebaut (2010: 24.000 Wohnungen in Baden-Württemberg neu gebaut; 2014: 33.000 neue Wohnungen, 2015 über 35.000 neue Wohnungen). Die Landeswohnraumförderung wurde deutlich aufgestockt und auf soziale Aspekte ausgerichtet. Die Fördersumme für preisgünstigen Wohnraum wurde annähernd verdreifacht. Die Regierungszeit von 2011 bis 2016 kann als erste Phase einer Wohnraumoffensive in Baden-Württemberg verstanden werden. Die SPD im Landtag tritt dafür ein, dass in dieser Legislaturperiode eine zweite Phase dieser offensiven Politik für mehr Wohnraum gelingt. Wir haben darum bereits gleich zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode einen Antrag auf ein Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz eingebracht.

Mehr Wohnraum im Land finanziell fördern

Der SPD-geführten Wohnungspolitik ist es zwischen 2011 und 2016 durch eine Aufstockung der Landeswohnraumförderung gelungen, die erste Phase der Wohnraumoffensive einzuleiten und eine Trendumkehr im Wohnungsbau in Baden-Württemberg zu schaffen. Dieses sinnvolle Instrument sollte weiter verbessert, vereinfacht und aufgestockt werden. Die SPD tritt darum
für ein einheitliches Landeswohnraumförderprogramm ein, welches neben den Bundesmitteln auch aufgestockte Landesmittel in Höhe von dann insgesamt knapp 300 Millionen enthält –
demgegenüber will die Landesregierung nur 250 Millionen Euro einsetzen (wovon aber rund 150 Millionen Euro vom Bund kommen).
Finanzielle Förderung soll auch erhalten, wer durch eigene Mittel den Mietermarkt verlässt und selbstgenutztes Wohneigentum schafft. Dies ist auch für Familien mit mittlerem Einkommen
oft nur unter größten finanziellen Kraftanstrengungen möglich. Wir wollen, dass BadenWürttemberg mehr macht, damit sich insbesondere Familien die eigenen vier Wände leisten
können.
Eine weitere Form der Förderung sind steuerliche Anreize bzw. die Vermeidung von steuerlichen Hinderungen. Deswegen lehnen wir die von Grün-Schwarz diskutierte Erhöhung der
Grunderwerbsteuer ab und sprechen uns dafür aus, diese Steuer beim Ersterwerb privat genutzten Wohnraums abzusenken, um insbesondere junge Familien zu unterstützen. Die Eigentumsbildung kann nach wie vor ein wesentlicher Baustein einer guten Altersvorsorge sein.

Sozialer Wohnungsbau als Teil der Offensive

Der soziale Wohnungsbau ist integraler Bestandteil der Wohnungsbauoffensive. Es besteht akuter Handlungsbedarf, um dem Grundbedürfnis auf Wohnen für alle Menschen in BadenWürttemberg nachzukommen. Die SPD spricht sich darum für eine Ausweitung der Fördergebietskulisse auf das ganze Bundesland und für eine Sozialbindung im Rahmen der Mietwohnraumförderung von 30 Jahren aus.

Mietraum in Verantwortung

Mit der Einführung der Mietpreisbremse auf Initiative der SPD hat der Bund einen Schritt für mehr bezahlbare Wohnungen, insbesondere in den Ballungsräumen, gemacht. Bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen in Gebieten mit angespannter Wohnungslage dürfen Mieten künftig höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die grünrote Landesregierung hat mit der Umsetzung der Mietpreisbremse in Zusammenspiel mit der Verminderung der Kappungsgrenze und der Möglichkeit für Kommunen, ein Zweckentfremdungsverbot auszusprechen, wieder für mehr Ordnung auf dem Mietmarkt gesorgt. Hier gilt es für Baden-Württemberg, weiter eine aktive Rolle bei der Umsetzung von mietrechtlichen Verbesserungen und im Bundesrat eine verantwortungsvolle Rolle zu übernehmen. Mietraum in Verantwortung bedeutet auch, dass bestehender Mietraum zum Wohnen nicht zweckentfremdet wird. Wir wollen darum dieses wichtige Steuerungsinstrument für die Kommunen erhalten.

Weniger Regelungen, mehr Ideen

Es ist offenkundig, dass Übersteuerungen im Bauordnungsrecht das gewollte Mehr an Lebensqualität nicht die Verlangsamung bzw. Verteuerung von Baumaßnahmen und damit auch von
Mieten aufwiegen. Die SPD spricht sich darum für eine umgehende Überarbeitung der Landesbauordnung aus. Regelungen zu Umfang und Qualität der Fahrradabstellplätze sollten während
der Wohnungsbauoffensive ausgesetzt werden, Regelungen zum Waldabstandgebot und zur Dach- und Fassadenbegrünung auf ein im bundesweiten Vergleich üblichen Umfang zurückgeführt
werden. Wir treten für eine Verfahrenserleichterung bei der Flächengewinnung ein.
Das Land Baden-Württemberg muss aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion eine Ideenwerkstatt „Wohnen“ einberufen, in der Möglichkeiten und Erfahrungen der Kommunen in innovativen
Wohnungsbauideen, preisgünstigere Zielerreichung beispielsweise im barrierefreien Bauen oder Vergabeverfahren nach dem Grundsatz „Konzept statt Kasse“ ausgetauscht werden können Nachbarschaften, die gelingen Soziale Nähe kann die Politik den Menschen nicht vorschreiben, aber sie kann bessere Voraussetzungen dafür schaffen. Hierzu gehört ein Quartiersgedanke, der das Zusammenleben fördert und beispielsweise für eine Durchmischung durch ausreichende geförderte Wohnungen, verschiedene Wohnungsgrößen und altersgerechte Wohnungen sorgt. Eine Struktur im Viertel mit ausreichenden Begegnungsmöglichkeiten, Spielplätzen und Anbindungsmöglichkeiten an Geschäfte, Schule oder Kindergärten ist ein weiterer Baustein. Hierzu braucht es finanziell ausreichend versorgte Kommunen, die entsprechende Möglichkeiten vorhalten können. Das Instrument der mittelbaren Belegung ist für viele Kommunen wichtig, um Segregation zu vermeiden. Auch deshalb muss das Land unbedingt die erneute Überprüfung der mittelbaren Belegung in Brüssel stoppen, weil ansonsten der soziale Wohnungsbau im Land massiv erschwert
wird.

Die Wohnraumallianz zu einem Pakt für Wohnraum weiterentwickeln

Eine Wohnraumoffensive kann nur im Gespräch zwischen allen Beteiligten gelingen. Die Wohnraum-Allianz beim Wirtschaftsministerium ist darum ein wichtiger Zwischenschritt zwischen
in dem bereits in der vergangenen Legislaturperiode begonnenen Wohnungspolitischen Dialog hin zu einem verbindlichen Pakt für bezahlbaren Wohnraum. Dieser Pakt muss auf Dauer
angelegt sein und von einer umfassenden Bedarfsanalyse begleitet sein, in dem der Wohnraummangel und der konkrete Bedarf erhoben werden. Unter Verbindlichkeit ist dabei nicht zu
verstehen, dass alle Paktpartner zu jeder Empfehlung eine einstimmige Antwort geben, sondern dass durch umfassende Debatte und transparente Darstellung in gemeinsamen Zielen
und unterschiedlichen Lösungsansätzen die Landespolitik umgehend ihre Schlüsse ziehen kann. Schon jetzt wurde von den teilnehmenden Verbänden mit dieser Haltung in den Arbeitsgruppen
der Wohnraumallianz Diskussionslinien aufgezeigt und Empfehlungen erarbeitet. Es ist nun an der Landesregierung, beides umgehend transparent zu machen und sich so an der
parlamentarischen Arbeit für mehr Wohnraum zu beteiligen. Stattdessen scheint die Landesregierung derzeit alles daran zu setzen, die Wohnraum-Allianz an die Wand zu fahren: wenig
transparentes Verfahren, Zoff zwischen Grün und Schwarz, eine äußerst unglückliche Sitzungsleitung und weitere Widrigkeiten führen dazu, dass die wohnungspolitischen Akteure zunehmend frustriert sind. Dabei schaffen wir nur dann mehr Wohnraum, wenn alle an einem Strang ziehen. Alle schließt auch die Grünen mit ein: während Ministerpräsident Kretschmann noch
vor der Wahl verkündet hat, die Grünen müssten sich beispielsweise beim Flächenverbrauch von liebgewonnen Vorstellungen verabschieden, ist davon im Konkreten nichts zu spüren, auch
nicht vor Ort. Bezahlbarer Wohnraum ist für die Grünen kein Thema – für uns als SPD aber schon.

Folgende wohnungspolitische Weichenstellungen sind vorzunehmen:

  • Mehr Geld vom Land: das Land muss die Aufstockung der finanziellen Mittel des Bundes in voller Höhe weitergeben (das wären dann 270 Millionen statt 250 Millionen in
    der Landeswohnraumförderung) und durch eigene Mittel aufstocken. Wir brauchen 300 Millionen Euro in der Landeswohnraumförderung. Ziel: pro Jahr mindestens 50.000 neu
    gebaute Wohnungen in Baden-Württemberg, davon mindestens 5.000 Sozialwohnungen.
  • Da die Länder ab 2020 die alleinige Verantwortung für den Wohnungsbau tragen und der Bund aus der finanziellen Förderung des Wohnungsbaus aussteigen muss, muss die
    Landesregierung sicherstellen, dass dies zu keinerlei Einschnitten bei der finanziellen Förderung des Wohnungsbaus führt.
  • Verschlankung der Landesbauordnung: Regelungen zu Fahrradabstellplätzen, Abstellräumen, Waldabstandsgebot und zur Dach- und Fassadenbegrünung wollen wir auf einen
    im bundesweiten Vergleich üblichen Umfang zurückführen und hierzu konkrete Vorschläge auf den Tisch legen. Aber die Barrierefreiheit tasten wir nicht an!
  • Wir fordern das Land auf, eigene Liegenschaften nach geeigneten Flächen für den Wohnungsbau zu durchforsten. Kommunen sind aufgerufen, dies ebenso zu tun. Das Land muss Kommunen beim Erwerb und bei der Entwicklung von Bundesliegenschaften unterstützen. Neben innerörtlicher Entwicklung ist auch die Schaffung von Wohnraum an den Rändern von Gemeinden und Städten wichtig. Dabei muss die Ausweisung von Bauland erleichtert werden. Hierzu wird die SPD-Landtagsfraktion konkrete Vorschläge vorlegen und Änderungen im Landesplanungsgesetz beantragen.
  • Die mittelbare Belegung ist ein wichtiges Instrument – auch für die gute Durchmischung von Stadtquartieren. Die erneute Überprüfung der mittelbaren Belegung in
    Brüssel ist falsch und muss daher umgehend gestoppt werden.
  • Das Land muss sich beim Bund für die Schaffung steuerlicher Anreize bei der Schaffung von Wohnraum einsetzen. Mehr Wohnraum braucht auch privates Kapital! Wir unterstützen
    ausdrücklich das Baukindergeld des Bundes, weil dieses Familien beim Erwerb von eigenem Wohnraum gezielt unterstützt.
  • Wir schlagen vor, dass die Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb von selbst genutztem Wohnraum halbiert wird, um insbesondere junge Familien zu unterstützen. Viele Menschen
    in Baden-Württemberg wollen in den eigenen vier Wänden leben, und wir werden sie dabei unterstützen.
  • Gemeinnützigkeit von Wohnungsbaugenossenschaften: Wohnungsbaugenossenschaften sind von grundlegender Bedeutung für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.
    Unser Ziel ist es, das genossenschaftliche Wohnen für Mieterinnen und Mieter noch attraktiver zu machen. Wir wollen Genossenschaften durch ordnungspolitische und finanzielle
    Maßnahmen stärken, z.B. durch die vergünstigte Abgabe von Grundstücken. Voraussetzung dafür sind die Gemeinwohlorientierung, die langfristige Zweckbindung,
    die Begrenzung der Mietpreise, die Gewinnbeschränkung sowie Bau- sowie Investitionsverpflichtungen. Genossenschaften müssen aber nicht gemeinnützig werden, das
    ist lediglich ein Angebot – allerdings ein sehr gutes!
  • Wir unterstützen neue Wohnkonzepte: mit einer neuen Ideenwerkstatt „Wohnen“ des Landes sollen innovative Wohn- und Baukonzepte angestoßen werden, denn Minihäuser,
    modulares Bauen, Hausprojekte und Baugemeinschaften u.ä. können für viele Menschen attraktiv sein. Unser Ziel ist es, dass diese Ideenwerkstatt zu einer Plattform
    wird, auf der Kommunen sich austauschen können.
  • Landesentwicklungsgesellschaften hatten die Aufgabe, erschwinglichen Wohnraum für Familien zu schaffen sowie infrastrukturell unterentwickelte Gebiete zu fördern. 2007 wurde die vorige Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg zur LBBW Immobilien GmbH. Wir glauben, dass das Modell einer Landesentwicklungsgesellschaft auch heute wieder interessant sein könnte, um einen weiteren wichtigen Impuls für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu geben. Deshalb werden wir in den kommenden Monaten hierzu Gespräche führen und Möglichkeiten einer Wiederbelebung der Landesentwicklungsgesellschaft ausloten. Zudem wollen wir dafür werben, dass mehr kommunale Wohnbaugesellschaften entstehen.
  • Das Land muss die Empfehlungen der Wohnraum-Allianz rasch umsetzen. An den Stellen, an denen es keine Einigkeit in der Allianz gibt, darf es keine Blockade geben. Die zuständige
    Ministerin ist gefordert, Mehrheiten zu organisieren. Der Streit zwischen Grün und Schwarz, beispielsweise bei einer Überarbeitung der Landesbauordnung, darf den Wohnungsbau im Land nicht weiter hemmen.

Ansprechpartner

Daniel Born
Stellvertretender Landtagspräsident

Sven Plank
Berater für Wirtschaft, Arbeit, Tourismus